Einzelnen Beitrag anzeigen
  #40  
Alt 13.10.2010, 23:21
Amadou Amadou ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.07.2009
Beiträge: 24
Standard AW: Wer weiß was? Ich bitte um Hilfe - der Wunsch nach Hoffnung!

Hallo Steffi,

ich kann Claudia nur zustimmen und Dir noch ein wenig aus meiner Erfahrung berichten.

Zitat:
Seine letzte Info war dass Tumormarker bei 880 wären (was bedeutet das?)
Der Tumormarker ist z.B. schlecht für die Erstdiagnostik geeignet und Werte verschiedener Patienten sind untereinander nicht vergleichbar. Auch an der Höhe kann man pauschal nicht viel ablesen. (Bei meinem Vater lag der Tumormarker am Ende bei über 11 Millionen (!). Als die Werte bereits im fünfstelligen Bereich waren, ging es ihm noch sehr gut.) Aussagekräftig ist jedoch der Verlauf. Fällt der Marker z.B. während einer laufenden Chemo oder bleibt er zumindest gleich, ist dies tendenziell ein gutes Zeichen. Steigt der Marker, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Chemo nicht oder nicht mehr wirkt.

Zitat:
1. Mein Vater will unbedingt die OP, nur so sieht er Chancen für sich.
Wie sehen dazu eure Erfahrungen aus? Gibt nur die OP eine Chance "längerfristig" leben zu können (von Heilung trau ich mich gar nicht recht zu sprechen..). Risiken?
Normalerweise haben diejenigen Patienten eine Chance auf Heilung, die erfolgreich operiert werden können, und auch wenn diese dauerhafte Heilung mit OP leider nicht immer erreicht wird, da viele Patienten zu einem späteren Zeitpunkt trotzdem ein lokales Rezidiv oder Metastasen entwickeln, leben sie im Durchschnitt länger als Nichtoperierte.

Mein Vater wurde auch nicht operiert, bzw. die OP wurde abgebrochen. Dabei sah zunächst alles hoffnungsvoll aus. Keine Vorerkrankungen. Die Diagnosestellung erfolgte unmittelbar nach Auftreten der ersten Symptome. Er hat sofort den Weg nach Heidelberg gefunden. Die Narkose lief komplikationslos. Der Tumor wäre operabel gewesen. Doch dann gab es da noch diese einzelne Lebermetastase, die das Aus für die OP bedeutet hat, obwohl sie auch entfernbar gewesen wäre. Dennoch haben sich die Heidelberger Chirurgen bzw. Prof. Büchler dagegen entschieden.

Die Erkrankung ist aggressiv (der Tumor hat die Fähigkeit, sehr schnell und in großem Umfang Metastasen zu bilden) und sehr schlecht behandelbar (die Tumorzellen sprechen in den meisten Fällen gar nicht, sehr schlecht bzw. nur für begrenzte Zeit auf eine Chemotherapie an). Daher war die Wahrscheinlichkeit, meinem Vater mit der OP dauerhaft helfen zu können, wenn man zunächst einmal den Tumor und diese einzelne Metastase entfernt hätte, nur gering. Denn der Tumor hatte nachweislich gestreut. Und die Tumorzellen, die nicht sicht- und nachweisbar im Körper vorhanden waren, wären durch eine Chemo wahrscheinlich nicht vernichtet worden und hätten früher oder später neue Metastasen gebildet.

Nicht jede Krebserkrankungen ist so aggressiv. Würden über die Zeit nur vereinzelte oder gar keine Metastasen entstehen oder die bekannten Chemotherapien besser greifen, sähe alles anders aus ...

Und nicht jede Krebserkrankung ist so schlecht behandelbar. Doch die Wissenschaft befindet sich in Bezug auf Verstehen und Behandeln dieser Erkrankung noch in den Kinderschuhen!!!

Daher wird im Normalfall nur operiert, wenn noch keine Metastasen vorhanden bzw. nachweisbar sind.

Zitat:
Welche Klinik könnt ihr neben Heidelberg empfehlen? (wer macht am ehesten "Risiko-op"? -mit hoher Kompetenz)
Wie ist das da mit Hamburg, da stand schon so einiges im Forum..
Während Papas Zeit in Heidelberg (er wurde dort ~ ein Jahr lang ambulant und stationär behandelt) habe ich die Ärzte dort als sehr kompetent erlebt. Die Grundeinstellung ist auf die Lebensqualität ausgerichtet, und man geht bei dieser schlimmen Diagnose eher ungern Risiken in der Behandlung ein, da sich diese in den meisten Fällen nicht auszahlen. Was ich absolut nachvollziehen kann, auch wenn ich denke, dass zu viel Vorsicht nicht immer angebracht ist.

Hamburg hat ebenso einen sehr guten Ruf. Die Hamburger Klinik / Prof. Izbicki würde ich, nachdem was ich in so vielen Monaten hier gelesen habe, schon als ein wenig risikofreudiger einschätzen, was aber auch nicht immer der richtige Weg sein muss. Schwierig, da eine korrekte Grenze zu ziehen. Allerdings habe ich für meinen Papa von Prof. Izbicki auch eine Zweitmeinung eingeholt, und in unserem Fall hätte er auch von der OP abgeraten.

Allerdings gibt es in wenigen Fällen auch eine "palliative Whipple-OP". Hierüber habe ich mich mit Prof. Jäger (Chefonkologe in Heidelberg) während eines Workshops unterhalten können. Auch wenn die OP aufgrund von Metastasen zunächst nicht durchgeführt wird, gibt es noch eine spätere Möglichkeit, wenn alle Kriterien stimmen. Der Tumor muss operabel sein. Metastasen sollten nur in der Leber und dort nur vereinzelt vorkommen und ebenso operabel sein etc. Und die Chemo muss über einen längeren Zeitraum gewirkt haben. Heidelberg fordert hier eine Dauer von mindestens sechs Monaten. In dieser Zeit darf die Erkrankung nicht weiter fortschreiten bzw. muss rückläufig sein. Und dann kann evtl. nochmals über die Durchführung der OP nachgedacht werden. Denn diese Patienten profitieren von der palliativen OP ungefähr genauso gut wie die Patienten, die nach Diagnosestellung noch keine Metastasen hatten und sofort operiert werden konnten (so die Studienergebnisse). Allerdings werden die Kriterien für die palliative Whipple-OP nur sehr, sehr selten erfüllt.

Liebe Steffi, ich wünsche Dir und Deinem Vater nur das Beste, liebe Grüsse

Amadou

Geändert von Amadou (14.10.2010 um 20:55 Uhr)
Mit Zitat antworten