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Alt 03.01.2006, 00:30
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AndreaS AndreaS ist offline
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Registriert seit: 09.02.2005
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Lieber Jürgen,

deinem Beitrag kann ich nur bedingt zustimmen, deshalb zunächst einmal meine Frage an dich: Hast du Kinder? Spätestens hier muss ich dir nämlich entgegensetzen, dass es verdammt viel Kraft und Liebe zu dem verstorbenen Partner voraussetzt, nicht den durchaus sehr egoistischen Weg zu gehen, den man gerne gehen würde, nämlich dem geliebten Partner zu folgen. Es gehört verdammt viel Kraft und Liebe zu dem verstorbenen Partner dazu, zurück ins Leben zu finden. Das Lachen nicht zu verlernen und den Kindern, die der geliebte Partner ebenso unfreiwillig verlassen hat wie einen selbst, so viel Normalität zu erhalten wie nur möglich. Und zu dieser Normalität gehört z.B. Lachen. Zu dieser Normalität gehört Verlässlichkeit, hierbleiben, ausharren, das Schicksal annehmen. Und du willst mir erzählen, dass das alles ein Zeichen von Schwäche ist oder mangelnder Liebe zu dem verstorbenen Partner? Ich weiß was es heißt, einen Partner zu verlieren, den man 28 Jahre bedingungslos geliebt hat und von dem man ebensoviel Liebe erfahren durfte. Aber lieben bedeutet nicht nur an sich selbst zu denken. Lieben bedeutet auch, das Leben, das man gemeinsam gelebt hat so gut es geht aufrecht zu erhalten.

Weißt du, ich traure nun seit beinahe 15 Monaten um die Liebe meines Lebens. Er durfte auch nur 49 werden und hinterlässt ausser mir noch 4 Kinder. Ich weiß an manchen Tagen wirklich nicht, wo ich noch die Kraft hernehmen soll, den morgigen Tag wieder anzunehmen, ihn für meine Kinder erträglich zu machen. Und ich stehe trotzdem jeden Morgen auf und wünsche mir, dass es ein oder mehrere Gründe gibt, herzhaft zu lachen, die Musik aufzudrehen, zu tanzen und zu singen. Es wird niemals wieder etwas gleichwertiges in meinem Leben geben, es wird niemals mehr eine Liebe zu einem Menschen geben können, die so bedingungslos und einmalig ist, wie ich sie für meinen Mann gefühlt habe. In sofern gebe ich dir Recht. Die Basis für eine derartige Beziehung habe ich auch für immer verloren. Aber ich hatte es! Und ich ziehe täglich Kraft daraus. Ich brauche kein zweitesmal, einmal richtig reicht!

Dennoch finde ich es reichlich überheblich, die Liebe zwischen Menschen zu beurteilen, wenn ein Hinterbliebener einen anderen Weg geht. Denn irgendwie gehört auch ein Stück Mut dazu, sich wieder auf das Leben einzulassen, so neu und bedrückend es nun vor einem liegt. Und in Trauer und Verzweiflung zu verharren und sich nur noch selbst zu bemitleiden ist ebenso ein Zeichen von Schwäche. Ich rede jetzt überhaupt nicht von einer durchaus länger denkbaren Phase der Trauer (die Abstürze kommen bei mir noch immer und leider manchmal ziemlich lange und heftig) und ich rede erst recht nicht von Gerhard ich rede lediglich von deiner "Philosophie", die du vielleicht doch noch einmal überdenken solltest.

Ich mag die Gute -und Schlechte Hinterbliebenen Einteilung nicht. Es gibt - wie überall im Leben - keinen allgemeingültigen Weg. Und Liebe ist nicht bewertbar, nicht für einen Dritten...

LG
Andrea, bestimmt keine "lustige Witwe" aber eben wegen der Liebe zu ihrem Mann sehr bemüht zurück ins Leben zu finden....
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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