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Alt 24.07.2008, 20:24
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Diagnose GLIOBLASTOM IV

Zitat:
Zitat von catcin Beitrag anzeigen
...Ich hoffe und wünsche mir, dass ich euch auch einmal Kraft und Hilfe geben kann und ich nicht nur Kraft und Stärke von euch hole ... manchmal denke ich - ich kann mehr tun, ich muss mehr tun oder es kommen Gedanken ich hätte auch mehr machen können...
Liebe Mirjam.
Ich spreche jetzt mal für mich, wenn ich dir sage, dass ich dir gerne Kraft schicke und dir helfen möchte, wenn ich kann, weil ich jetzt ein anderes Leben habe und wieder aufgetankt bin.
Weißt du, den Punkt, den du durchmachst, habe ich hinter mir. Damals war ich noch nicht im Forum. Ich weiß auch nicht, ob es mir damals geholfen hätte. Das muss aber jeder selbst entscheiden.

Ich habe Anfang des Jahres - nach dem großen Verlust meines Papas - direkt hier geschrieben und DAS hat mir geholfen, mit allem umzugehen, alles von der Seele zu schreiben, mich zu beteiligen, mit eigentlich "Fremden" über die schlimmste Situation in meinem Leben zu reden - und diese "Fremden" sind mir über die Monate bis heute schon fast vertraut. Man "trifft" sich fast täglich hier, wir halten Kontakt, wenn einer mal nicht schreiben kann und es wird auch mal über was anderes geschrieben. Das tut auch denen gut, die direkt betroffen sind.

Was ich damit sagen will: Ich habe einfach drauflos geplappert und geschrieben, als ich nicht weiter wusste, als ich überfordert war, ein Leben ohne meinen Papa zu beginnen. Das Schreiben und darüber sprechen hat mir meine Kraft zurück gegeben, die Leute, die mir geantwortet haben, haben mir die Kraft gegeben, Trost, Zuspruch - einfach das, was ich in diesen Momenten auch hören wollte. Die Leute wussten, was mit mir los war und auch manchmal noch ist.
Und nun, da ich weiß, dass es meinem liebsten Papi hinter dem Horizont viel besser geht als in seinen letzten Monaten, bin ich gestärkt und nehme mein neues, mein auch wieder schönes Leben ohne ihn an - und jetzt sind so Leute wie ICH dafür da, Leute wie DICH zu stützen, die noch mitten in der Hölle stecken.
Vielleicht empfinden andere Menschen es anders und können die Hilfe, die hier einfach durch eine simple Antwort da ist, nicht so leicht annehmen, aber einen Versuch ist es immer wert und auch du hast schon bemerkt, dass da ein Funken Kraft bei dir ankommt, wenn wir ihn zu dir schicken.

Mach dir jetzt keine Gedanken, ob du anderen "Fremden" irgendwann mal helfen kannst - DU und deine Mama (und natürl. deine Familie) sind jetzt am Allerwichtigsten und für DIE musst du immer mal hier reinschauen, damit unsere Kraft auch bei dir wirken kann. OK?! OK!

Man hat wohl immer das Gefühl, noch mehr tun zu wollen, nicht alles versucht zu haben. Achte einfach mal auf deine Mama - sie wird dich sicher spüren lassen, dass sie zufrieden mit dem ist, was du für sie tust. Und du musst diese Momente einfach genießen, auch zulassen.
Ich glaube an das Schicksal. Und es war Schicksal, dass mein Papa diesen verdammt harten Weg gehen musste. Sein ganzer Lebenslauf war Schicksal. Er ist von einem tiefen Tief in ein sehr hohes Hoch gekommen, konnte sein Leben, seine Frau und seine Kinder, seine Reisen, sein Haus - einfach ALLES genießen, bis die schlimme Krankheit anfing.
Mein Papa fügte sich in seinem Schicksal und zwar mit erhobenem Haupt, weil er die Hoffnung nieeee aufgab und jeden Tag "leise, still und heimlich" kämpfte.
Ich bin oft im Dreieck gehüpft, grade in seinen letzten Tagen, weil ich gerne gehabt hätte, dass mein Tag mehr als 24 Stunden hat, die ich mit ihm verbringen könnte.
In allem Schlimmen steckt auch eine positive Folge. So übel, wie alles damals war, so gestärkt bin ich in mein neues Leben, habe viele neue Dinge angepackt und durchgezogen, mich behauptet, mir gegönnt und ich weiß, dass der Papa mich beobachtet, seine schützende Hand über mich hält, nicht will, dass ich verzage oder aufgebe und sehr stolz auf seine kleine Trine ist.

Ich hoffe, du kannst verstehen, was ich damit sagen will.
Du hast Recht - jeder denkt so, dass er mehr tun könnte und auch will. Aber dieser persönlichen Hilfe sind einfach Grenzen gesetzt. Und du wirst in deiner Zukunft dankbar und sogar erstaunt sein, was du alles für sie tun konntest und wie sehr du ihr helfen konntest. Dasein füreinander ist das Wichtigste!
Mir ist das alles erst später bewusst geworden, welche Kraft ich in dieser Zeit entwickelt habe. Ich bin die jüngste von 5 Kindern und ich muss sagen: ich war in seinen letzten Monaten die Älteste!

Sorry, wenn ich so viel texte - mir ist es unglaublich wichtig, dir zu zeigen, dass deine Gefühle so "normal" wie Zähneputzen sind.

Ganz viele liebe Grüße, eine Schiffsladung Volldampf für dich und denk immer daran: du bist nicht alleine - weder bei deiner Mama, noch mit deiner Angst!
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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