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Alt 08.10.2005, 15:37
Briele Briele ist offline
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Registriert seit: 15.08.2005
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Standard AW: Ein Jahr später, Zeit DANKE zu sagen

Liebe Andrea,

ich weiß gar nicht womit ich beginnen soll. Gestern, nein, es war schon heute, habe ich kurz vor dem Zubettgehen Deinen Beitrag gelesen und seitdem denke ich viel darüber nach.

Zuerst möchte ich Dir schlicht und einfach DANKE sagen. Für den Beitrag hier im speziellen, aber, liebe Andrea, auch für so viele andere! Es kann gut sein, dass ich ohne Dich die Trauer von hinterbliebenen Ehefrauen nicht kennen gelernt hätte. Als ich ganz am Anfang im Forum war, d.h. in meinem Fall, als ich überhaupt ganz neu in dieser virtuellen Welt war, staunend, mit offenem Mund, was es so alles gibt, da schriebst Du einen Beitrag in meinem thread. Von da an hab ich Dich gesucht, mir scheint, auch meistens gefunden und mich immer gefreut wenn es etwas zum Lesen gab von Dir. Und so kam es, dass ich in threads mitlas, die ich sonst wahrscheinlich nicht angeklickt hätte.

Ich habe durch Dich nicht nur etwas kennen gelernt, ich habe auch sonst gelernt. Wie von anderen hier im Forum.

Seit ein paar Monaten habe ich große Sorgen um meinen Mann. Und ich merke wie immer wieder Wellen von Selbstmitleid hochschwabben. Wenn ich an die ungewisse Zukunft denke kommt Angst hoch. Es gibt dann zwei Überlegungen, die mich relativ schnell beruhigen: meine Erfahrung(en), dass einem wirklich Kräfte wachsen, man mehr aushält als man für möglich hält – und – das Forum, mit den Menschen die ich kennen gelernt habe. Manche stehen mir näher als Freundinnen, die ich jahrzehntelang kenne. Zu den Menschen die mir seelenverwandt scheinen, zählst Du, liebe Andrea.

Seit ich Deinen Beitrag über die Dankbarkeit gelesen habe, meditiere ich darüber. Ich glaube das Leben ist leichter, besser, wenn man dieses Gefühl hat, es zulässt. Manchmal wird es negativ bewertet, findest Du auch? Als ich ein junger Mensch war, ließ ich mich beeinflussen, dass die Dankbarkeit eine Tugend sei auf die man sich lieber nicht einlässt. Schon lange sehe ich das anders und bin um so vieles dankbar. Nun gibt es wieder Menschen die meinen, was soll das, man kann immer einen finden, dem es noch schlechter geht. Aber das ist irgendwie verdreht.

Wenn ich zu Bett gehe, dann sag ich mir oft, danke, bis jetzt ist alles gut gegangen. Ich sage es, obwohl auch viel Trauriges in meinem Leben passiert ist, es schon einige schmerzhafte Abschiede gab. Meine Eltern sind gestorben. Aber sie sind behütet gestorben, die äußeren Umstände hätten nicht besser sein können. Mein Mann hat Krebs. Aber wir leben hier in einer Ecke der Welt, in der wir alles bekommen können und wir sind ziemlich gut abgesichert. Er ist nicht allein. Wir sind zu zweit. Seit Oktober bin ich in der Rente und hatte einige Pläne. Die sind nun nicht aktuell, aber es ist ein Glück, dass ich nun völlig frei von Pflichten und Terminen bin und ich, so gut es mir möglich ist, neben meinem Mann stehen kann.

Eigentlich habe ich nun schon das zehnte Jahr immer Sorgen, Kummer um schwer erkrankte Angehörige, auch Freunde, und Schmerz in der Trauer um Verstorbene.
Manchmal denk ich, ich bin da ein bisschen oft an der Reihe. Sofort fielen mir etliche Menschen ein, die in dieser Beziehung nicht viel mitmachen, manche gar nichts.
Aber was heißt das? Es heißt ja auch, dass viel Liebe, viel Nähe da war, von mehreren Menschen. Und eines bedingt eben das andere. Das wissen wir ja, nicht Andrea?

Was sagt man einer Witwe zum Todestag ihres Mannes? Mir kommen die Todestage ein bisschen wie ein zweiter Geburtstag vor. Ist ja auch was dran, an dem Gedanken.

Ich wünsche Dir ein gutes Weiterleben, liebe Andrea. Dir und Deinen Kindern. Mit Claus im Herzen.

Ich umarme Dich und sage Dir – DANKE
Deine Briele
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