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Alt 24.08.2004, 19:39
Anusch
Gast
 
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Standard Trotz Krebs der Mutti ausziehen und studieren?

Hallo Jenny,

es ist wirklich eine schwere Entscheidung.

Als meine Mutter an Krebs erkrankte, war ich im 5. Semester (Praxissemester). Ich habe 500km von zu Hause entfernt studiert. Während dieses Semsters ging es noch - OP, Bestrahlung, Kur. Aber als ich im 6. war gings los. Tochtergeschwüre, Immun-Chemo-Thera,...insgesamt waren es 10 Monate. Ich habe mich natürlich gefragt, ob ich ein Urlaubssemester einlege. Aber ich hab es gelassen - aus verschiedenen Gründen (mein Alter & die Meinung meiner Mutter). Ich habe es nicht bereut. Denn für mich war das Studentenwohnheim und die Uni Zufluchtspunkte, an denen ich abschalten konnte von den trüben Gedanken an zu Hause. Ich habe in dieser Zeit mehr Party gemacht und das Leben genossen als je zuvor. Und das muss auch sein. Ich habe mich verändert, bin stärker geworden und habe mich selbst (zumindest zum Großteil) gefunden. Ich hatte diese Wahl, mein Vater nicht...er verbrachte diese 10 Monate an der Seite meiner Mutter.

So hart das jetzt auch ist...aber "das Jahr an der Seite meiner Mutter verbringen" heißt nicht Urlaub machen oder schöne Abende auf dem Balkon bei einem Glas Wein. Es bedeutet, dass du deine Mutter beim Sterben zusiehst. Das muss dir klar sein.

Vielleicht kommt das jetzt so rüber, als ob das Studium eine Flucht wäre, weg von den unschönen Dingen. Aber das ist es nicht. Die Härte dieses Schicksalsschlages trifft dich trotzdem mit voller Wucht.

Du musst entscheiden, was am besten ist, denn du wirst weiterleben. Aber wenn du schon an deine Mutter denkst - vielleicht machst du ihr mit der Präsentation deiner ersten bestanden Prüfung eine besondere Freude, weil sie dann auch weiß, dass ihrer Tochter ihren Weg gehen wird...

Mag sein, dass meine Worte sehr hart, kühl, berechnend klingen...sollte ich damit dich oder andere hier verletzen, tut es mir leid.

Liebe Grüße
Anusch
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