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Alt 21.04.2003, 16:13
Gast
 
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Standard schlimme gedanken

Hallo Brigitte,
ja, das mit der Fremdbetrachtung ist genau das, was ich meine. Und es kommt eben sehr darauf an, was einem an dem jeweiligen Menschen liegt. Welchen Bezug man zu ihm hat.
Meine Schwester war für mich eigentlich nie wie eine Schwester. Eher mehr als eine entfernte Verwandte. Ich habe diesen geschwisterlichen Bezug zu ihr, so, wie es z.B. zwischen meinen Kindern ist, nie gehabt. Ich war 7 Jahre, als sie aus dem Haus ging und heiratete. Ich habe sie auch nie richtig vermißt.
Im Gegensatz zu meinem Bruder, der leider starb, als ich 8 Jahre war. An ihm habe ich gehangen und muß auch heute noch sehr oft an ihn denken....
Gegen meine Schwester verspüre ich keinen Groll mehr, nicht mehr so, wie es mal war. Als man vor 5 Jahren bei ihr einen Tumor in der Lunge entdeckte, hat mir das sehr sehr leid getan. Gott sei Dank hat sie es geschafft und die Untersuchung Anfang diesen Jahres hat nichts Bösartiges mehr ergeben. Genauso denke ich aber auch über jeden in meinem Bekanntenkreis. Weißt Du, da ist nicht mehr, nur weil sie meine Schwester ist. Du schreibst von Sterbebett! Auch da finde ich, kommt es darauf, was man für diesen Menschen empfindet, bzw. jemals empfunden hat.
Mit meiner Schwester will ich nichts mehr klären....
Sie hat mir damals gesagt, als unsere Mutter noch lebte, ich solle mich doch mehr um sie kümmern, sonst könnte ich es eines Tages, wenn sie mal nicht mehr ist, bereuen.
Ich war bei Mutti, wenn ich das Bedürfnis hatte, wenn sie mich brauchte. Sie wußte, daß sie mich jederzeit anrufen konnte und das hat sie auch getan. Wenn sie bei mir um "Hilfe" rief, dann eigentlich meistens aus dem Grund, daß sie reden wollte, Ärger los werden wollte. Der Grund ihres Ärgers war auch oftmals meine Schwester. Mutti wußte genau, daß sie mir alles erzählen konnte. Meinen beiden Schwestern nicht. Dieses Vertrauen hat mich geehrt und das war es, was ich für sie in erster Linie getan habe. Da mußte ich nicht jeden Tag präsent sein, um den anderen zu zeigen, wie sehr ich mich doch um meine Mutter kümmere. Von diesen vielen Gesprächen, die wir miteinander geführt haben, wissen meinem Schwestern bis heute nichts und sie werden es auch nie erfahren.
Und ich bereue nichts, was ich für meine Mutter zu ihren Lebzeiten nicht getan habe.
Die Eifersucht meiner älteren Schwester kam auch häufig da zutage. Sie konnte bei meiner Mutter über mich ablästern, so viel sie wollte, ich wurde immer in Schutz genommen (Nesthäkchen eben). Allerdings wußte Mutti auch sehr viel über mich. Was ich damals als Kind und Jugendliche so sehr vermißte, brachte sie mir plötzlich im Alter entgegen. Das habe ich sehr genossen.
Trotzdem (schlimme Gedanken) habe ich bei ihrem Tod vor 2 Jahren und auch nicht bei dem Tod meines Vaters (1978) so eine tiefe Trauer erlebt, wie ich sie jetzt erlebe.
Meine Mutter wurde immerhin 96 Jahre alt und ich bewundere sie für all das, was sie in ihrem Leben meistern mußte. Sie besaß Kraft und Stärke, bis zum Schluß. Sie hat aus allem das Beste für sich gemacht, auch wenn es oftmals sehr schlimm war. Sie war eine richtige Kämpfernatur und stand des öfteren mit geballten Fäusten vor mir mit den Worten: "Das schaffen wir. Da müssen wir durch"!
Wie oft habe ich Heinz von ihr erzählt, sie konnten sich leider nicht mehr kennenlernen. Vielleicht und so hoffe ich, haben sie sich "dort oben" gefunden.

Ohje, Ausschweife, Ausschweife, meine Lehrerin würde jetzt sagen: "Thema verfehlt"!
Aber es floß gerade so gut. Sorry.

Alles Liebe, Brigitte
und eine dicke Umarmung zurück
Mucki
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