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Alt 13.01.2012, 23:27
Hoffnung09 Hoffnung09 ist offline
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Standard AW: Medulloblastom WHO-Grad 4 bei 3 Jährigen

Liebe Kerstin

Unsere Geschichte kannst du auf der Gedenkseite "Medulloblastom IV - gekämpft, gehofft und doch verloren" nachlesen.

Als erstes: Nur die Hoffnung stirbt zuletzt!

Es tut mir sehr leid, dass euer Junge auch ein Medulloblastom IV hat. Unser Sohn wurde im März 2009 4 Jahre alt, als im April 2009 ein klassisches Medulloblastom Grad 4 festgestellt wurde. Uns hat man gesagt, dass das desmoplastische Medulloblastom eine bessere Chance hat. Das Medulloblastom ist eines von den häufigsten und bösartigsten Hirntumoren bei Kindern. Es sind mehr Jungen betroffen als Mädchen.

Bei unserem Sohn hat man in 16h Operation den ganze Tumor rausoperiert.
Dann wurde uns die 6 wöchige Strahlentherapie (Montag bis Freitag) vorgestellt mit Chemotherapie Vincristin. Dann würde eine 13 Monatige Chemotherapie folgen.

Diese Spritzen, die du beschreibst, kenne ich. Wenn die Chemotherapie anschlägt, fallen die Werte der weissen Blutkörperchen (infekt), rote Blutkörperchen (Müdigkeit, Sauerstofftransport) und Blutplättchen (Blutungsgefahr) in die Tiefe. Mit dem Granulocye (Spritze) werden die weissen Blutkörperchen wieder zur schnellen Erholung angekurbelt. Wenn die roten Werte (Hämoglobin) zu tief sind, gibt es eine Bluttransfusion. Und wenn die Blutplättchen zu tief sind, gibt es auch eine Plättcheninfusion. Diese Werte werden nach der Chemotherapie immer kontrolliert. Und falls dein Sohn Fieber macht, ist es ein Fieber in Neutropenie. Das erklärt dir sicher auch der Arzt.

Bei uns in der Schweiz werden Kinder bis 3 Jahren nicht bestrahlt, wegen den Spätfolgen der Strahlentherapie (Gedächtnisstörung, Wachstumsstörung, Konzentrationsstörung etc). Unser Sohn wurde vor der Diagnose gerade 4 Jahre alt. Auch relativ jung. Wir haben uns gegen die Strahlentherapie entschieden, wir konnten diesen Spätfolgen nicht zustimmen, was mit unserem Jungen passiert. Auch unser Junge hätte diese Spätfolgen nicht akzeptiert. Bei unserem Sohn wurde keine Protonentherapie gemacht, da kein Resttumor vorhanden war.

Wir haben uns für die Hochdosischemotherapie mit Stammzellentransplantation entschieden. Diese Therapie dauerte 6 Monate lang (Juni bis November). Unser Junge brauchte einen Port-a-Cath (Port), definitven Shunt (Liquor=Hirnwasser lief nicht mehr über das Rückenmark ab), einen Broviackatheter und eine PEG Sonde für die künstliche Ernährung, da seine Mundschleimhäute durch die Chemotherapie kaputt gingen und er nichts mehr essen konnte. Alles, bis auf den Shunt wird wieder herausoperiert.

Unser Junge bekam 5 Chemotherapien und eine Hochdosis Chemotherapie, wo er 10 Tage lang in der Isolation war nach der Reinfusion seiner Stammzellen. Unser Sohn hat alles gut überstanden. Von November bis März 2010 war er wieder zu Hause und ging die Spielgruppe. Im Januar 2010 war bei der 3 Monatskontrolle auf dem MRI nichts zu sehen. Aus dem Nichts im April 2010spürte unser Sohn das Pipimachen nicht. 3 Tage vor der dreimonatskontrolle am 10.4.10, REZIDIV (Rückfall). Im Kopf und Rückenmark, alles voller Metastasen (Ableger). Und 12 Tage später ist unser kleiner, tapferer Kämpfer in unseren Armen für immer eingeschlafen. Eine einzige Scheisszelle muss das alles überlebt haben!!! Uns hat man gesagt, je kleiner die Kinder sind, umso schneller wachsen die Zellen. Beim Medulloblastom bei kleinen Kindern betrifft die Überlebenschance 20-30%. Unser Arzt hat mir gesagt, dass bei dieser Agressivität von Hirntumor bei unserem Jungen auch die Strahlentherapie nicht mehr genützt hätte. Davon bin ich auch überzeugt. Dafür hatten wir von der ersten bis zu letzten Diagnose (1 Jahr) unser Junge, wie er ist und wie wir ihn kannten. Wir haben ganz viele Fotos dokumentiert und Filme gedreht. Die schönsten Erinnerungen. Das einzige, was von unserem Sohn bleibt.

Man gibt sein Kind nicht auf.

Ich drücke euch ganz fest die Daumen und umarme euch von ganzem Herzen.

Ich möchte euch keine Angst machen. Ich schreibe dir von Mutter zu Mutter, liebe Kerstin.

Ich bin daran ein Buch über unseren Sohn zu schreiben.
Stille Grüsse
Sandra
__________________
Wenn du bei Nacht in den Himmel schaust,
wird es dir sein, als lachten alle Sterne,
weil ich auf einem von ihnen wohne,
weil ich auf einem von ihnen lache.
(Antoine de Saint-Exupery)

Euer Matthias 6.3.05 - 22.4.10

(3.4.10)

Geliebt, vermisst und unvergessen.

Geändert von Hoffnung09 (13.01.2012 um 23:35 Uhr)
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