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Alt 31.05.2008, 15:25
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Linnea Linnea ist offline
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Standard AW: Jetzt doch zum Psychologen !

liebe elke

mensch, ich habe mich schon gewundert, warum ich im lymphomforum so lange nichts mehr von dir gehört habe. es tut mir sehr leid, daß es dir gerade so mies geht!

ich hatte im dezember und januar zunehmend mit depressionen und panikattacken zu tun und die nächte waren fürchterlich, voller alpträume, unklarer ängste, herzrasen...

mein psychotherapeut kam gerade noch dazu, die dinge beim namen zu nennen, und eine woche später war ich ohnehin in ahb. in der reha-klinik wurde mir dann ein antidepressivum, das auch gegen panikattacken hilft, empfohlen und nach einer weile habe ich mich dazu durchringen können, es anzunehmen. damit geht es mir deutlich besser.

allerdings braucht man zusätzlich eine gute psychotherapeutische begleitung. mir ist bewußt, daß ich mit meinem therapeuten ein irrsinniges glück habe (mein hausarzt kannte ihn und hat ihn mir empfohlen), und so viel, wie er für mich tut, wird man niemals verlangen können. aber die chemie sollte doch schon stimmen. sinnvolle gespräche sind bestimmt nur möglich, wenn man zu dem gegenüber genügend vertrauen haben kann und auch ein entgegenkommen spürt.

aus meinen erfahrungen kann ich jedenfalls nur von echten gesprächen berichten: es sind weder vorträge meinerseits noch seinerseits noch frage-antwort-spielchen, und er macht sich auch währenddessen keine notizen. wir sitzen einfach zusammen und reden. meine kindheit war bisher nie ein thema, außer, wenn ich selbst in irgendeinem kontext das eine oder andere aus dieser zeit erwähnte. es ging zentral um meine gegenwärtigen akuten oder dauerprobleme.

am anfang, als ich ihn nach meiner ersten horror-chemo, in deren folge ich angst vor der weiteren behandlung hatte, erstmalig aufsuchte, hat mein therapeut ganz konkret anti-angst-übungen mit mir gemacht. damit konnte ich mich dann beim nächsten "ernstfall" auch wirklich gegen die aufsteigenden ängste zur wehr setzen. es gibt also auch eine menge, was ein psychotherapeut an konkreter, zeitnah wirkender hilfestellung geben kann.

manchmal kommen wir in den gesprächen natürlich auch an "wunde punkte" oder wühlen etwas auf, das mich dann noch ein paar tage lang begleitet. aber erstens schätzt mein therapeut sehr gut ab, zu welchem zeitpunkt er mir solche gespräche zumutet, also etwa an einer solchen stelle nachhakt. und zweitens läßt er mich nie damit allein, sondern gibt mir immer auch wohltuende, stärkende gedanken mit auf den weg. ich mußte noch nie mit dem gefühl seine praxis verlassen, mich hinterher schlechter zu fühlen als vorher.

was ich damit sagen will: es sind in einer solchen situation wie deiner oder meiner vor allem die menschlichen qualitäten des therapeuten gefragt, der merken muß, was dir jetzt gerade hilft und gut tut. leider kann man nicht erwarten, daß irgendwer per profession diese qualitäten in der für dich passenden weise besitzt.

liebe elke, ich kann mich anke nur anschließen: vielleicht kannst du deinem therapeuten verständlich machen, warum dir diese stunden so nichts bringen und was du dir stattdessen für dich daraus erhoffst. ansonsten würde ich den therapeuten wechseln.

alles liebe und gute für dich!
fühl dich mal lieb umarmt von
deiner linnea

ps. ich kenne menschen, die hat diese angst 10 jahre nach der krebs-therapie eingeholt. auch damit bist du also keineswegs allein!
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Einen Menschen zu lieben heißt:
Ihn zu sehen wie Gott ihn gemeint hat.
Liebe ist das Geheimnis der Brotvermehrung.
- Christine Busta -
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