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Alt 08.03.2008, 08:29
AnnaLu AnnaLu ist offline
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Hallo Ihr Lieben,
ich lese schon eine lange Weile mit, habe nie die Zeit gefunden, mal selber zu schreiben.
anfang Oktober 07 war ich mit meinem Mann in Rom, wir hatten Beziehungsstress und wollten wieder näher zusammenrücken. kaum zurück klagt er über dicke mandeln und Ohrenschmerzen. Der HNO hat ihn ins KH geschickt, der Befund stand schnell fest: hoch malignes NHL. Scheiße, zum 2. mal Krebs (1985 Hodenkrebs). Die chancen stehen ganz gut, also Zähne zusammenbeißen und durch. Dann kam die erste Schwierigkeit: nach der 2. Chemo war die rechte Gesichtshälfte gelähmt, liegt vielleicht an vincristin?
Nein, der Liquor war befallen, der krebs hat das ZNS angegriffen. Also zusätzlich zum R-chop 14 noch eine Chemo alle 2 tage in den Liquor. Beim zwischenstaging sah es gut aus, NHL Voll-remission, Liquorwerte auch ok, der chefarzt meinte, der Krebs wäre aufgrund der superhohen Zellanzahl nur rübergeschwappt ins ZNS. Anfang januar war die letzte chemo, nur noch 2 x R und dann wird alles gut.
Dann fingen die schmerzen an. Zuerst dachten wir, das sind Knochenschmerzen von der chemo, bis die rechte hand keine kraft mehr hatte und sich dann der ganze arm nicht mehr bewegen ließ. Wir sind immer wieder ins kh und haben uns schmerzmittel geholt, tramal und novamin halfen nicht mehr, also morphin. zwischenzeitlich waren wir bei Ortho, der einen Bandscheibenvorfall am 6. Halswirbel festgestellt hat. 3 x therapie, es wurde nicht besser. wegen schlimmer schmerzen sind wir dann in der nacht vom 12.februar (meinem Geburtstag) in die Notaufnahme, konnten aber stationär nicht aufgenommen werden. Am nächsten tag wieder hin, Aufnahme war dann möglich. Die Onkos haben ihn gründlich untersucht, keine krebszellen nachweisbar, die Symptome sprachen für einen akuten Bandscheibenvorfall.
Also am Sonntag 17.2. Not-OP in einem anderen KH. am Montag waren die Schmerzen wieder da. Im KH hat mein Mann keine Morphine bekommen, man hat seine Schmerzen dort nicht ernst genommen, er hat sich auf dem Boden gewälzt und es nicht ausgehalten. O-text vom Neurochirurgen: Wir haben operiert, die schmerzen sind jetzt weg. Basta! Am Mittwoch wurde er wiedeer iin ein anderes KH, in die Neurologie verlegt, dort ist er nachts zusammengebrochen, die schwestern haben 3 Stunden gebraucht, um ihn wieder ins bett zu kriegen. Völlige Ratlosigkeit. am Freitag wieder verlegung in unser altes KH, zum hämatologen, endlich wieder gut aufgehoben und jede menge Schmerzmittel, es ist auszuhalten. Dort wurde er noch einmal kpl. untersucht, auch wieder Liquorentnahme und siehe da, endlich zeigten sich hier wieder Krebszellen. Der zustand meines Mannes war mittlerweile angsteinflössend. Lähmung des rechten Arms, ausfall verschiedener hirnnerven auf der rechten Seite (Auge schielt, Zunge lahm, Schluck- und Sprechfehler, Gehstörungen). Künstliche Ernährung war angesagt, damit er sich nicht verschluckt. Dann 3 x chemo in den Liquor. keine Besserung, die Liquorwerte steigen. Der Arzt erklärt uns, dass sie am Ende ihres Lateins sind und es kaum Hoffung gibt. er macht den Vorschlag, etwas experimentelles zu wagen, es gibt nur eine Studie aus USA aus April 2007, dort wurden 10 Menschen mit Rituximab direkt im Liquor behandelt. Es wurde in Deutschland noch nicht gemacht, jedenfalls gibt es keine Veröffentlichung darüber.
Die erste spritze wurde am Dienstag verabreicht. Um besser an den Liquor heranzukommen, überlegen wir jetzt, ob sich mein mann noch einen Port am Kopf setzen läßt, so kann man besser kontrollieren und riskiert keine Narbenbildung an der einstichstelle am Rücken.
Mein mann wird übrigens diese Woche 48 Jahre alt und war bis Oktober ein Szenegänger, hat das Nachtleben genossen, ist auf jeder Party gewesen und
wir führen eine tolle Beziehung, wir sind seit 12,5 Jahren verheiratet, keine Kinder. Wir haben eine wunderbare Streitkultur und sprechen richtig, auch viel über uns. Unsere Beziehung zeichnet sich vor allem durch ganz viel Nähe und Vertrauen aus und deswegen haben wir auch beide viele Freiräume.
im Moment ist er ein wrack, körperlich und seelisch. Wir wissen nicht, wie es weitergeht, ob die therapie anschlägt und ob die lähmungen wieder zurückgehen. Er sagt, er kann mit den Behinderungen leben, hauptsache er lebt. ich bin voll berufstätig, habe immer wieder unbezahlten Urlaub genommen und teilweise auch im KH geschlafen, weil ich solche angst um ihn hatte. Mittlerweile setzt mir mein AG die Pistole auf die Brust, wegen der Fahlzeiten, wir sind ein kleiner Betrieb und die kollegen müssen das ausbaden, ich soll mich organisieren und wieder voll arbeiten.
diese Doppelbelatung ist schlimm, vor allem weil mein Mann keinen anderen zu sich läßt außer mir. Sobald ich da bin, wird er ruhig und kann auch schlafen, er sagt, daß ich schon aufpasse, dass er im schlaf nicht stirbt.
So, jetzt habe ich einen Roman geschrieben, das hat mir gut getan.
Liebe Grüße an alle von AnnaLu
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Mein Mann (48) hat am 15.10.07 den Kampf gegen den Krebs (NHL) aufgenommen und ihn am 1.4.08 verloren. er wird in Gedanken weiterhin bei mir sein.