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Alt 13.08.2003, 14:46
Gast
 
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Standard Angst aber auch Hoffnung

Liebe Romy,
wenn Dein Vater sich entschieden hat, glaube ich, daß es gut ist, ihn auf diesem Weg zu bestärken und ihn zu begleiten.

Beim Gedanken an die Chemo (richtiger ist hier natürlich Immun-Chemo) habe ich damals gesagt: Lieber gesund sterben als krank leben. Das war eher ein Gedanke als eine endgültige Entscheidung.
Meine Frau sagte dazu: Egal wie du dich entscheidest, ich gehe deinen Weg mit. Sie ist Krankenschwester, wenngleich mit wenig Krankenhauserfahrung in Deutschland, und hat genügend Krebspatienten mit Chemo-Quälerei gesehen, die trotz der Quälerei nicht geheilt wurden. Lieber die verbleibende Zeit mit Freude und bewußt erleben. Der Tod ist ja kein Ende. Der schwerere Teil des Abschieds liegt bei den Zurückbleibenden.

Immer wieder sagte eine innere Stimme und sagten Meditationsbilder: du schaffst das ohne Chemo, du bist geheilt u.ä. Auch zwei frühere Kolleginnen meinten: wenn du das nicht schaffst, wer denn dann? Natürlich schaffst du das!
Im Hinterkopf hatte ich trotzdem immer die IMT, aber ich wollte meinem Urologen noch viele Fragen stellen.

Ulrike meint, daß ich wohl nach reiflicher Überlegung mich für die Mistel entschieden habe.
Da muß ich ihr leider wiedersprechen. Ich habe meinen Krebs sehr gelassen gesehen (ein Außenstehender würde vielleicht sagen: gleichgültig), habe die Mistel gar nicht in Betracht gezogen. Ich kannte sie und hielt nichts von ihr, weil es im Sinne der Schulmedizin keine Studien gibt.
Währenddessen wuchsen meine Lungenmetastasen langsam immer weiter und es wurde mir allmählich etwas ungemütlich.
Erst als ich mehr als 9 Monate nach der Operation an einem Tag 2 x einen Hinweis auf einen anthroposophischen Arzt bekam, habe ich das als Wink des Schicksals gesehen und sofort einen Termin ausgemacht. Daß er mir die Mistel verordnete, hat mich natürlich nicht gewundert, und in dem Moment habe ich sie voll für mich akzeptiert. Ich habe die Misteltherapie auch mit Visualisierungen begleitet. Interessante Bilder kamen auch da wieder.

Es gibt Bereiche, wo ich gründlich überlegen und analysieren muß, das gilt für die Softwareentwicklung und für das Schachspiel. Die Suche nach einer Krebstherapie war keine Suche, da habe ich mich vom Schicksal leiten lassen. Ich habe mich auf die Botschaften verlassen.

Ulrike informiert sehr präzise und ausführlich über die IMT, aber sie sagt auch, sie will niemanden dazu überreden. Ebenso möchte ich jemanden zur Mistel überreden, aber: wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
Aus meiner Erfahrung mache ich kein Geheimnis, vielleicht ist meine Freude ja ansteckend.
Für jemanden, der nicht an die Mistel "glaubt", bin ich eine Spontanheilung (die man nicht beachten sollte, weil sie nicht reproduzierbar ist).
Für mich selbst war meine Glaube an die Heilung wichtig, die Mistel war Verkörperung dieses Glaubens.
Übrigens bin ich kein Anhänger alternativer Methoden. Ich kenne auch die Segnungen der Standardmedizin zu gut, als daß ich "entweder-oder" sagen könnte. Wo sonst wird operiert, wo sonst gibt es die Schmerzmittel für ein schmerzfreies Endstadium?
Ich habe wirklich außer Glaube und Mistel GAR NICHTS gemacht. Die meisten Menschen geraten bei der Diagnose Krebs in eine katastrophale Hektik. Was kann man tun? Was kann man noch tun? Und dann noch? Und noch mehr!
Dr. Rüdiger Dahlke schreibt: "Krebs muß nicht bekämpft, er will verstanden werden." Ich bin still geworden bei der Diagnose, sehr still, obwohl ich nie laut oder hektisch war.
Das Leben als Funktion der Materie ist nicht wichtig, der Inhalt ist es. Wichtig ist nicht, DASS ich lebe, sondern WIE ich lebe. Vegetieren ist nicht leben. Lebe und Freude u.v.a. sind Leben.

Heino schreibt, daß ihm bewußt wurde, was ihm "an die Nieren gegangen" war. Mir geht es genau so, und Hans bei INKAnet auch.
Nach LeShan, dem amerik. Psychologen, geht einer Krebserkrankung ein Schock voraus. Häufig ist es ein Verlusterlebnis wie ein Todesfall. Bei mir war es wohl ein geschäftliches Problem.

Egal wie Dein Vater sich entscheidet, ich wünsche ihm die Überzeugung, daß seine Entscheidung richtig ist. Natürlich sind auch mal Zweifel erlaubt, nichts ist absolut.
Und Dir die Kraft und auch Demut, diesen Weg mitzugehen. Und Hoffnung.
Nutzt die Zeit, egal wieviel es ist, zu vielen Gesprächen. Nicht Krebs ist wichtig, sondern das Leben und Eure Zuneigung.
Liebe Grüße
Rudolf
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