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Alt 31.10.2012, 21:59
Arona Arona ist offline
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Lächeln Es kommt uns wie ein Wunder vor...

Ich lese seit der Diagnosestellung meines Mannes vor fast 11 Monaten hier (überwiegend ) still mit und möchte ein dickes Dankeschön los werden, für all die Hinweise und Tipps, die ich in der Zeit im Forum erhalten habe.
Dass mein Mann trotz einer anfänglichen Prognose von vielleicht noch 3 Monaten heute lebt, habe ich sicherlich auch Euch zu verdanken.
Ich möchte gerne den Verlauf der letzten Monate darstellen, vielleicht kann ich damit anderen Mut machen und auf diesem Weg ein wenig zurückzahlen.

Im Januar wurde ein Cardiakarzinom im Übergangsbereich Magen/Speiseröhre festgestellt. Es hatte bereits massiv in die Leber metastasiert. Der Krebs war so weit fortgeschritten, dass die Gefahr bestand, dass die Speiseröhre sich vom Magen löst.
Der Tumormarker AFP war bei 36.000!
Symptome gab es übrigens zu dieser Zeit so gut wie keine – unglaublich! Mein Mann war zwischen den Jahren reichlich müde gewesen, wir glaubten, er hätte eine Erkältung verschleppt. Zum Arzt wollte er auf keinen Fall – wir hatten zu dieser Zeit noch nicht einmal einen Hausarzt, weil wir beide nie ernsthaft krank gewesen waren. Widerwillig ließ er sich Anfang des Jahres von der Notwendigkeit eines Arztbesuches überzeugen und seither .... nun ja, ist unser Leben ein anderes.
CT, Sonographie, Leberbiopsie, Knochenszintigramm, Magen-und Darmspiegelung gaben Gewissheit: Magenkrebs im Endstadium mit Lebermetastasen.
Es wurde innerhalb von 14 Tagen eine palliative Chemotherapie nach Gastro-Tax-Schema eingeleitet.
Die ersten 4 Wochen nach der Diagnose bilden wohl einen Sonderraum – man funktioniert, man leidet, man macht sich Mut, man bricht zusammen, man nimmt Abschied von Lebensentwürfen, man... . Die das mitgemacht haben, wissen wovon ich spreche.
Absurderweise kam mein Mann als erster wieder auf die Füße. Er beschloss, sein Leben so weiter zu führen wie bisher. Im November hatte er mit einem Freund zusammen ein Projekt begonnen: die Restaurierung eines ziemlich vergammelten Oldtimers aus den 20er Jahren. Im Januar ruhte dieses Projekt, aber schon nach dem ersten Krankenhausaufenthalt setzte er ruhig und beharrlich die Arbeit fort. (Ist seit diesem Monat fertig! Queen of the Road!)
Die Nebenwirkungen des ersten Chemo-Zyklus hielten sich in Grenzen – wenig Übelkeit dank MCP-Tropfen und anderer, die Chemo-Tage begleitender Medikamente, Haarverlust. Das war es dann aber auch schon. Er hielt sein Gewicht. Anflüge von Bauchwasser verschwanden wieder. AFP war auf 172 gesunken – immer noch zu hoch, aber eine Wirkung der Chemo war erkennbar.
Nach einer kurzen Pause von 2 Wochen schloss sich der 2. Zyklus an. Die Nebenwirkungen waren massiver, zunehmende Müdigkeit, Blutwerte im Keller, durch ein Missverständnis zwischen Hausarzt und Onkologe viel zu viel Cortison mit den bekannten Veränderungen des Gesichtes, noch mehr Haare gingen verloren, die Veränderungen waren nun für alle sichtbar. Auch diejenigen, die nicht informiert waren, wussten bald Bescheid.
Dazu kam Geschmacksverlust – alles schmeckte nicht nur nach nichts, sondern bitter und ekelhaft. Für mich als ambitionierter Hobbyköchin eine frustrierende Lernphase. Ergebnis des 2. Zyklus (Mai): alle relevanten Tumormarker im normalen Bereich (AFP ca. 10), deutlicher Rückgang der Lebermetastasen und Verkleinerung der Leber, im Magen nur noch wenig sichtbar.
Ich hatte mich in der Zwischenzeit im Sektor komplementärer Therapie umgesehen. Die gesamte Palette zwischen Himbeeren und Rosenkohl, Curcuma und Brokkolisprossen wurde in unsere Ernährung integriert und ist bis zum heutigen Tag fester Bestandteil.
Nach zwei Zyklen sollte eigentlich Schluss sein. Da die Therapie aber so gut angeschlagen hatte, wurde ‚sicherheitshalber’ ein dritter Zyklus angehängt.
Das war nicht unbedingt ein Spaziergang, aber Menschen sind anpassungsfähig, wir hatten uns an ein Auf und Ab an Leistungsfähigkeit gewöhnt. Täglich arbeitete mein Mann trotz großer Müdigkeit und Schlappheit, abends unterstützt von seinem Freund. 8-10 Stunden , auch an den Chemo-Tagen! Das Auto sollte in alter Pracht fertig werden. Eine auch körperlich anstrengende und insgesamt sehr anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe – die wir neben unseren täglichen Spaziergängen als begleitendes Sportprogramm abhakten.
Nach dem 3. Zyklus (Juli) wurden wieder Untersuchungen gemacht: im Magen kein Krebs mehr nachweisbar. Die Lebermetastasen im CT weiter geschrumpft, fraglich ob noch Aktivität vorhanden war. AFP 5,0, alle anderen Tumormarker weiterhin im Normbereich.
Unser Onkologe wollte nun mit einer Erhaltungstherapie mit Xeloda weiter machen, wir holten eine Zweitmeinung im NTC in Heidelberg ein. Prof. Jäger empfahl Fortsetzung der Chemotherapie bis zum Versagen und dann Operation. Das war eine schwere Entscheidung, die zwischen meinem Mann und mir nicht konfliktfrei getroffen wurde.

Ich mach es kurz: nach einer 6-wöchigen Erholungspause begann der 4. Chemozyklus.

Der lief nun nicht mehr so glatt, die Blutwerte waren dauerhaft schlecht, Immunsystem am Boden, der Zyklus musste zweimal unterbrochen werden. Mit Hilfe von Neupogen und Gottvertrauen haben wir aber auch das geschafft.
Zwischendurch ein Anruf beim Institut von Prof. Beuth in Köln. Seither gehören auch Gaben von Vitamin E gegen Missempfindungen in den Füßen und Equinovo (Enzymtherapie) zum täglichen Nahrungsmittel(ergänzungs)regime.
Alles in Absprache mit dem Onkologen, möchte ich hier ausdrücklich betonen.

Ende Oktober: PET-CT. Was soll ich sagen – keinerlei Tumoraktivität sichtbar! Keine weitere Metastasenbildung in anderen Organen!
Die Magenspiegelung ist erst nächste Woche, aber da im PET-CT nichts zu sehen war und im Sommer der Magen bereits ohne Befund war, geht der Onkologe davon aus, dass auch bei der Spiegelung nichts zu finden sein wird.

Wir wissen natürlich, dass damit der Krebs nicht endgültig besiegt ist, aber wir haben richtig viel Zeit gewonnen und darüber sind wir glücklich.

Wie soll es jetzt weiter gehen? Wie verhindern wir ein Rezidiv?

Unser Onkologe – dem wir unendlich viel zu verdanken haben – sagte im gestrigen Gespräch, dass er so einen Verlauf noch nie erlebt habe und noch nie gesehen hätte, dass eine Chemotherapie ‚am Ende des Endstadiums’ so anschlüge und er sich nun selbst ‚Zweitmeinungen’ zur Frage nach dem weiteren Vorgehen bei ausgewiesenen Spezialisten für Magenkrebs einholen wolle. Wir sind ihm für seine Offenheit sehr dankbar. Es ist wohl effektiver, wenn er und nicht wir das tun.

Ich möchte nicht verschweigen, dass wir unsere Kraft auch im Gebet gefunden haben. Freunde und Bekannte haben für uns gebetet und vor mancher ‚Mutter Gottes’ haben in den letzten Monaten unsere Kerzen gebrannt. Ich denke, auch das war - neben allem anderen - ein wichtiger Teil unseres Weges.

Ich halte euch auf dem Laufenden wie es mit uns weitergeht und wünsche allen Betroffenen viel Durchhaltewillen und die nötige Kraft dazu.
Arona
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