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Alt 06.10.2008, 11:56
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo ihr Lieben,

in der Zeit, die ich inzwischen mit Euch hier verbringe, ist mir aufgefallen, dass ambulante Palliativdienste und Palliativstationen eigentlich nie, bzw. nur selten Thema sind. In vielen Beiträgen lese ich außerdem die Gleichstellung von palliativ mit Hoffnungslosigkeit.

Ich möchte in diesem Thread zum einen unsere Erfahrung mit einer Palliativstation, unsere Erfahrung mit dem ambulanten Palliativdienst und auch mit der Medikation darstellen. Meiner Meinung nach wird hier dieses Thema (zumindest zum Teil) ausgeklammert, weil es im Reflex ängstigt. Wir (naja, natürlich meine Mama, aber wir blühen ja immer mit auf wenn es ihr gut geht) haben aber durch die palliative Hilfe eine unglaubliche Lebensqualität zurück gewonnen. Obwohl es meiner Mom schon während der Chemo der letzten 1,5 Jahre im Verhältnis zu dem, was ich hier las sehr gut ging, haben wir jetzt im Moment ein Level erreicht... Wahnsinn. So gut, wie es ihr in den letzten fast zwei Wochen geht, ging es ihr seit Beginn der Chemo nicht mehr.

Und damit sind wir beim Kern von palliativen Diensten. Natürlich lies mich - und uns alle im direkten Umfeld dieses geschriebene Wort "palliative Behandlung" zusammen zucken. Natürlich nimmt diese Änderung der Behandlung einen tiefen Schnitt. Denn man realisiert jetzt, dass nicht mehr in erster Linie gegen den Krebs angekämpft wird.

Was aber leider dabei vollkommen in Vergessenheit gerät ist, dass dadurch die Lebenszeit nicht begrenzt ist. Es bedeutet nicht, dass man jetzt in die letzte Phase eintritt. Sondern es bedeutet, dass in erster Linie Schmerzen gelindert werden um Lebensqualität zu erhalten - und bei uns sogar zu steigern. Natürlich bedeutet dies auch, dass der Krebs selbst vielleicht nicht mehr - oder zumindest nicht mehr so effizient - behandelt werden kann.

Aber wenn ich mir anschaue, wie oft Chemo auch Leiden bedeuten kann, dann bin ich sehr dankbar dafür wie es meiner Mam in den letzten Jahren ging und jetzt geht.

Meine Mutter wurde vor drei Wochen auf Morphium eingestellt. Wir befinden uns jetzt in der palliativen Behandlung. Und ich möchte Neuen, Alten und Interessierten von unseren wirklich guten Erfahrungen schreiben. Und seid Euch sicher, ich wasche nichts schön. Ich bin einfach nur froh wie es ihr geht. Und was mich selbst anbelangt: Es spielt für mich keine entscheidende Rolle, wie lange dieser Weg sein wird. Ich habe nur die riesengroße Hoffnung, dass die Zeit, die uns bleibt, eine gute sein wird. Egal wie lang oder kurz. Nur gut. Das wünsche ich uns. Und dabei hat uns der palliative Ansatz unglaublich geholfen. Wie Lissi bereits in anderen Threads schrieb, Palliativ bedeutet "ummanteln, Lindern". Für uns bedeutet es inzwischen noch mehr als das. Es bedeutet Entspannung. Es bedeutet Lebensqualität. Es bedeutet Ruhe. Es bedeutet, leben zu können. Und zwar mit jeder Faser, ohne Schmerzen.
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Liebe Grüße - Bibi
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Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
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