Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 27.11.2005, 10:13
Benutzerbild von Ylva
Ylva Ylva ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.10.2005
Ort: Hessen
Beiträge: 3.113
Standard Ich weigere mich, ohne Hoffnung zu sein - Der etwas andere Thread

Hallo,


2004 bekam meine Mama die Diagnose Brustkrebs - yT3 pN1a G3 MO ER+PR+Her2neu3+ ( & Befall von 3 Lymphknoten)

Nach neoadjuvanter Chemo (5 Zyklen TAC) Chemo ,OP mit Ablatio u. Axillar und Bestrahlung wurde sie mit Arimidex eingestellt.

Nach 2 1/2 Jahren nach der Diagnose bekam sie alle drei Wochen eine Infusion mit Trastuzumab (Herceptin)

Seitdem Tumor & Metastasenfrei.

14.12.03


kaum bin ich mal gluecklich,denkt sich wohl irgendwer das ich das nicht verdient habe und es passiert etwas unheimlich schlimmes.so ging es mir schon oft und mittlerweile fuerchte ich mich vor dem gluecklich sein.

es war vor ca. 2 wochen,zuvor hatte ich einige vorstellungsgespraeche und habe einen ausbildungsplatz bekommen.ploetzlich erschien alles so einfach und schoen und ich war gluecklich.mama hat vor glueck geweint.

einige tage spaeter passierte das unfassbare.meine mutter spuerte ihre haende nicht mehr.mein vater fuhr sie ins krankenhaus.
diagnose: Guillain-Barré Syndrom
Alles brach zusammen.
tage und naechte verbrachte ich im internet und versuchte alles moegliche ueber diese krankheit herrauszufinden.
Zitat:
"Statistisch gesehen gibt es weltweit ca. 1-2 Fälle pro Jahr auf 100 000 Einwohner
Warum meine Mutter?

Mama lag einige Tage auf der Intensivstation,weil das Immunsystem sehr geschwaecht war. Sie bekam viele Behandlungen mit Immunglobulin und auch eine Plasmaaustauschbehandlung wurde vorgenommen.

24.1.04
Nach einigen Wochen Krankenhaus wurde sie in die Reah verlegt.
Wir waren erleichtert. Auch hatte sie wieder Gefuehl in Arm und Beinen.
Nur meine Freunde distanzieren sich von mir.
Aber sie haben es ja auch verdammt einfach. Es scheint als "liefe bei ihnen nie etwas schief". Deren Weg ist geebenet meiner irgendwie voller Steine.
Aber ich kann mich momentan nicht auch noch damit beschaefftigen,dafuer reicht die Kraft nicht. Immerhin geht es ja auch auf die Abschlusspruefungen in der Schule zu.

Das wichtigste ist - das Mama wieder gesund wird.Sie ist so verzweifelt,es tut so weh sie so zu sehen.
Und ich kann ihr nicht helfen.

27.1.04

Mama hat die Reha nochmal verlaengert bekommen - sie fehlt mir so.

22.2.04

Mama ist endlich wieder zu Hause.
Sie hat sich ganz gut erholt und ich denke und hoffe das es jetzt wieder aufwaerts geht und ein bisschen Normalitaet in unser Leben kehrt.


All das habe ich damals in mein Tagebuch geschrieben.
Ich habe nie mit jemandem darueber geredet - wuerde es gerne tun,es verarbeiten. Es ist noch so praesent.

27.6.04
Heute hat Mama mir erzaehlt das sie beim Gyn war und dieser einen Knoten gefunden hat.

Ich fuehle mich leer.
Was mache ich wenn,sie Brustkrebs hat?
Dann kann ich nicht mehr,dann moechte ich aufgeben.
Jetzt wo sich doch alles zum Guten gewendet hatte,wo sie doch endlich Abstand zu ihrer letzten krankheit bekommen hat.

30.6.04
Meine Mama hat Brustkrebs.
Sie hat sich aufgeben,will nicht mehr leben.
Und ich?

14.7.04
Ich kann nicht mehr,
Seit wir wissen das Mama BK hat ist nichts mehr wie es mal war.
Es ist einfach alles nur leer.
Warum Mama?
Sie war doch erst so krank. Und wir waren so gluecklich als sie alles geschafft hatte und die Krankenhausodysee vorbei waren..
Mama weint nur,Papa auch.
Mein Bruder verschliesst sich und ich bin stark.

15.7.05
Die ersten Chemos hat sie hinter sich und heute ist sie ins Krankenhaus gekommen.
Sie hat Fieber. Die Leukos sind viel zu niedrig
Ich hoere viel Groenemeyer.

19.7.05
Heute ist Mama wieder nach Hause gekommen.
Natuerlich freue ich mich das sie wieder da ist,aber es ist auch sehr schwierig.
Sie zu sehen,ihr blasses,eingefallenes Gesicht,die Haare fallen jetzt langsam aus. Wir haekeln zusammen Muetzen.
Ich hab ein schlechtes Gewissen,wenn ich reiten bin und sie liegt alleine in ihrem Zimmer. Sie verlaesst ihr Zimmer kaum noch.
Sie ist so verbittet,will sterben.
Wie gerne wuerde ich sie mal wieder herzhaft lachen hoeren.

22.07.04

Mama hat alle Nebenwirkungen die man bei einer Chemo nur haben kann.
Es ist schwer.

31.08.04

Mein Geburtstag,den ich nicht feiern will.
Endlich 18,wie habe ich darauf gewartet inzwischen zaehlt das nichts mehr.

18.09.04
Heute war es furchtbar.
Ich musste Mama zu Hause einschliessen.
Sie hat sich die Autoschluessel geschnappt und wollte mit den Worten "Ich bring mich um" wegfahren. Sie hat geschrien,ich hab geschrien.
Inzwischen hat sie sich etwas beruhigt,ich zitter am ganzen koerper und es ist niemand da dem ich mich anvertrauen kann.

27.9.04

Mamas Tumor ist von 8cm auf 4 zurueckgegangen und noch zwei Chemos dann wird operiert.
Mama hat geweint vor Glueck.
Ich auch.


31.10.04
Heute war es dann endgueltig.Ich bin von zu Hause ausgezogen und im Wohnheim eingezogen.
Ich fuehle mich einsam. Und schuldig.
Das ich Mama in der jetzigen Situation alleine lasse.
Ich habe so ein schlechtes Gewissen...
morgen hat sie wieder Chemo

12.10.04
Am Wochenende war ich zu Hause.
Es war nicht gut..
Mama wollte wieder staendig weglaufen,drohte sich umzubringen,hat geweint und sich mit Papa gestritten.
Am Sonntag kam sie wieder ins Krankenhaus da die Leukos bei 0,5 waren.
Ich glaube unsere Familie zerbricht daran. Zerbricht an der krankheit.
Jetzt,abends,wenn ich im Bett liege kommt die Einsamkeit.
Ich vermisse Mama so sehr und ich wuenschte ich koennte bei ihr sein und ihr Kraft geben.

1.11.04
Am Samstag hatte ich Fahrpruefung und bin durchgefallen.

Am Freitag wird Mama operiert.
Ich habe Angst,ich hab so wahnsinnige Angst um sie.

Oft wenn ich hier im Wohnheim sitze,denke ich an Mama. Wie es bei ihr damals war,als sie ihre Ausbildung gemacht hat und auch im Wohnheim wohnte.
Mama hat immer nur gegeben und nie genommen und dann kommt der Krebs. WARUM?

Was wenn bei der OP etwas schief laeuft? Ich sehe sie doch vorher nicht mehr.
Ich wuerde sie so gerne nochmal sehen - warum bin ich auch durch die bloede Fahrpruefung gefallen...

..dann habe ich kein Tagebuch mehr geschrieben.
meine Mama hat die OP aber ganz gut ueberstanden,Ablatio der re. Brust was erst kurz vorher entschieden wurde.
Sie macht sich schon sehr gut,ich habe sie im Kh besucht.
Ich habe auch ihre Narbe sehen duerfen und es sieht ganz gut aus. Die Aerzte meinen auch,dass es gut verheilen wuerde.
Sie muss ihren Arm hochlagern damit sie kein Lymphoedem kriegt und darauf muss sie mehr achten,sie geht zu sorglos damit um.
Wie sieht es in Mama aus?
Ich bin auch eine Frau ich kann mir zwar nicht vorstellen wie sie sich fuehlt,kann es aber ein wenig erahnen.
Ach Mama...


dann bekam sie 15 (waren es15?) Bestrahlungen. Diese hat sie ganz gut verkraftet - zumindest koerperlich. Sie hatte minimale Roetungen und hat sich immer gepudert.

22.02.05
Heute ist Mama fuer 4 Wochen in die Reha.


15.06.05

Bei Mamas Nachsorgeuntersuchung kam nichts negatives raus!
Uns allen ist ein Stein vom Herzen gefallen.
Ihre SMS lautete " Es ist alles gut, Papa und ich gehen in Frankfurt noch shoppen"
Ich sass auf der Arbeit und habe geweint vor Freude.


30.6.05

Ein Jahr ist die Diagnose Brustkrebs jetzt hier.
Seitdem hat sich unser Leben grundlegend veraendert.


Dann habe ich kein Tagebuch mehr geschrieben.
Das alles sind auch nur Auszuege - kurz gefasst.
Es hilft mir,es zu verarbeiten indem ich es einfach nochmal symbolisch und in "Kalenderform" aufschreibe.

Ich weiß das ich nicht jammern darf - aber manchmal weiß ich nicht wie ich mit dem Leben zurecht kommen soll.


Ich weiß irgendwo gibt´s n Wunder für mich
es ist da
noch ganz klein
doch es wartet auf mich
was geschieht kann bestimmt auch durch zufall passieren
ist es da
halt ichs fest
werd es nie mehr verliern


Ylva



(habe meinen Text hier verändert, da viele fragen was genau bei meiner Mam war/ist hier in Kurzfassung alles andere findet ihr in meinem Tagebuch)

Geändert von Ylva (26.02.2009 um 21:55 Uhr)
Mit Zitat antworten