[Ute08]

Liebe Maus,
wieder ein Tag geschafft.
Anders kann ich das im Moment nicht sehen.

Morgens aufstehen, was schon schwer genug fällt, weil ich abends nicht einschlafen kann; dann arbeiten, arbeiten, arbeiten; recht wenig Freizeit haben; wieder ins Bett und hoffen, dass die Nacht nicht so lang wird bzw.
dass ich ein bisschen schlafen kann; dann wieder aufstehen - mehr mache
ich eigentlich nicht. Komischerweise schafft mich das aber schon total.
Ich weiß gar nicht, wo mein Elan geblieben ist. Ist wohl auch mit dir gegangen.
Ich kann nur hoffen, dass mir das im Moment alles so schwer fällt, weil
mich die Weihnachtszeit erdrückt und es morgens, wenn ich gehe, und abends, wenn ich zurück komme, so dunkel ist. Dazu ist es zur Zeit auch
bitterkalt bei uns.
Wie oft erwische ich mich beim Einkaufen dabei, dass ich dies und jenes kaufen will und dann im zweiten Gedanken denken muss, ne, das brauche ich nicht kaufen, das isst keiner mehr. Oder wenn Schulmaterial im Angebot ist: normalerweise würde ich dann gucken, was du brauchst und dir das mitbringen. Gestern wollte ich mir Schuhe kaufen und bin im Laden dann über ähnliche gestolpert, die du dir gekauft hast, als wir das letzte Mal zusammen im Schuhladen waren. Konnte mich dann gar nicht mehr darauf konzentrieren, was ich jetzt wollte und bin dann unverrichteter Dinge wieder gefahren. So könnte ich endlos weiter schreiben.Da macht sich kein Mensch ein Bild von. Dadurch, dass ich den ganzen Tag hochkonzentriert und mit Maske rumlaufe, damit man die Tränen nicht sieht, die ich viel lieber weinen würde, glaubt ja jeder, dass es uns besser geht. Wie es so wirklich in uns aussieht, will auch keiner wissen. Jeder Tag ist ein Kampf. Nicht so wie dein Kampf. Anders. Ganz anders. Aber auf diese andere Art auch sehr anstrengend. Vor allem ohne Ziel. Welches Ziel sollte ich auch haben? Vielleicht den nächsten Tag zu überstehen oder die nächste Woche. Weiter kann ich gar nicht denken oder planen, so für mich. Da reicht es mir schon, wenn ich weiß, was ich morgen einkaufen will. Das Leben ist so radikal anders ohne dich. So traurig und irgendwie einsam, so fürs Herz. Dad ist da,klar. Das ist ihm auch wichtig, aber das reicht nicht immer. Ich bin gar nicht viel alleine, so auf den Tag gesehen, aber innerlich total einsam. Ist schwer zu verstehen, aber ich weiß, dass, wenn das überhaupt jemand verstehen kann, du das verstehen kannst. Da waren wir uns immer ähnlich.
Liebe Maus, hoffentlich gehts dir da gut, wo auch immer du jetzt bist. Du wirst hier sehr vermisst und unendlich geliebt, deine Mum