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Alt 14.05.2006, 16:56
Laetitia Laetitia ist offline
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Standard AW: Weiß Nicht wie es weitergeht? und wütend

Hallo liebe Nina,
die Menschen verändern sich mit der Krankheit in einem Maße, das wir nur "am Rande" Betroffene uns nur vage vorstellen können. Versuche Dir vorzustellen, was alles in Deinem Mann vorgeht. Er läuft Gefahr (denn auch er wird trotz allem vorgeschützten Optimismus mit der Möglichkeit des Todes rechnen) alles zu verlieren, das er liebt, seine Lebenspläne nicht mehr verwirklichen können....nie mehr dies und das zu tun...Das ist ganz grausam. Es macht ängstlich, zu befürchten Schmerzen zu haben, hilflos zu werden. Nur mit viel Liebe kann man versuchen ein ganz klein wenig Stütze für den Partner zu sein. Ihm zu zeigen, dass man bedingungslos bei ihm sein wird, alles für ihn tun wird..... Man hat auf einmal ein furchtsames "Kind". Nicht bei allen Menschen dürfte es so sein. Aber bei meinem Mann war das auch so,- deshalb weiss ich wovon Du sprichst. Er kann (noch?) nicht zugeben, dass er angst hat. Damit würde er ja zugeben, dass er mit dem Schlimmsten rechnet...ausserdem ist er doch ein Mann..Du verstehst. Ich habe auch Dinge nicht begriffen während der Krankheit meines Mannes, die ich später rekonstruieren konnte. Es könnte sein, dass Du mit Entscheidungen wirklich völlig auf Dich alleine gestellt sein wirst (so war es auch bei mir). Er möchte sich vielleicht nicht mehr "kümmern", sondern dass man sich für ihn kümmert. Einen starken Partner, der alles in die Hand nimmt und alles "richtet". Glaub mir, manchmal habe ich vor Verzweiflung im Bad geheult, weil ich nicht mehr stark sein konnte und wollte, habe aber dann in die ängstlichen Augen meines Mannes geschaut und musste wieder Zuversicht und Stärke demonstrieren. Versuche es, wenn es ihm hilft.
>Ich würde gerne die Pflegerin, welche Standby ist, engagieren, aber tue ich es, dann mache ich es über den Kopf, bzw. gegen den Willen von Klaus.
Ich muss die Kinder zum Psycholgen bringen, aber wenn ich das tue ist es auch wieder das Gleiche wie bei der Pflegerin.<
Es ist eine Gratwanderung wie vieles in dieser Lage. Man muss Entscheidungen treffen und möchte doch den Partner nicht übergehen. Vielleicht gibt es Dinge, die er sich "abnehmen lässt und sich nicht übergangen fühlt, weil Du ihm damit Arbeit abnimmst? Bezgl einer Pflegerin ist es vielleicht noch zu früh. Er könnte sich "abgeschoben" fühlen und sein schwerkranker Zustand wird dadurch noch unterstrichen!?

<Ich würde gerne mit ihm über ein paar Dinge reden, die noch zu klären sind, z.B. ob er, wenn es ganz schlimm kommt nach Hause möchte, aber da er so felsenfest überzeugt ist, dass alles gut wird, geht das auch nicht.>

All das kenne ich. Ich kann Dir nur sagen, was ich getan habe (wenn auch ungern). Ich habe viele Dinge entschieden und ihn darin unterstützt, dass wir es schaffen,- ich hatte einfach angst, dass er sonst völlig aufgibt.

>...... ist mir jetzt klar, dass der Tumor das Stadium IV bei Klaus hat. Dies bedeutet, dass er ohne Chemo, eine superschlechte Prognose hat.<

Du hast ein Anrecht darauf, das genaue Stadium zu kennen. Aber wenn der Primärtumor bereits Metastasen gebildet hat, sieht es wirklich nicht sehr gut aus.

>Ich habe das Klaus erzählt, um ihn da einzubeziehen, und er, der sich früher immer über Bärbel und die Eso-Schiene lustig gemacht hat, sagt doch zu mir, ja mach das bitte. Und das sind so Sachen, die ich nicht verstehe.<

Verstehst Du es wirklich nicht? So pragmatisch man im Normalleben sein kann, wenn man aus eben diesem gerissen wird, klammert man sich an JEDEN Strohhalm. So lange diese Dinge nicht schaden, würde ich es nicht blockieren. Nur Therapien, die ihm schaden könnten, würde ich ablehnen.

>Wenn ich ihm helfen will, also z.B. eincremen, Fußnägel schneiden, rasieren oder oder oder, dann will er das nicht, sondern teilt mir mit, dass das die anderen (also seine Kinder aus erster Ehe oder seine Schwester) machen sollen, von mir will er eigentlich nur Zeit und Nähe. >
Ist das nicht schön, dass er Dich als Seelentrost braucht und nicht als Pflegerin.Vielleicht möchte er Dich nicht als Pflegekraft sehen, braucht auch diesen Teil seiner Würde Dir gegenüber (noch). Ich würde das als Kompliment empfinden. Er braucht Deine Kraft für andere Dinge. Körperpflege kann theoretisch jeder ausführen...aber der menschliche Beistand sollte von dem liebenden Partner kommen.
>Und hier kommt wieder mein Problem, aufgrund meiner beruflichen Veränderung, kann ich ihm das nicht in dem Maße geben, wie ich gerne möchte.>
Das ist nun ein Problem, bei dem ich nicht wirklich raten kann. Ich weiss nicht, ob Du die Möglichkeit hättest in diesem gravierenden Fall eine Art "Auszeit" zu nehmen. Es wird sonst wirklich dazu kommen, dass Du Deine Nerven und Kraft in jeder Beziehung verschleisst und für diese harte Zeit nicht mehr genug Reserven haben wirst.
>Es war, wenn man so will, tolle Gespräche und mein Stiefvater hat mir auch gesagt, dass sie ihm gut tun und dass er es schön findet, mit mir zu reden. Bei Klaus ist das anders, ich habe das Gefühl, dass er mich schützen will und daher komme ich nicht an ihn ran.<
Jeder Mensch reagiert in einer solchen Notsituation anders. Mein Mann und ich waren unsere ganze Ehe über ganz eng miteinander verbunden,- wir haben uns immer alles gesagt, immer nur zusammen gesteckt...ABER in dieser Situation aufeinmal, kam ich phasenweise auch nicht mehr an ihn heran. Er machte "zu". Vielleicht ändert sich das noch im Verlauf der Zeit. Bedränge ihn nicht.
Ich kann Dir nur viel Mut und Durchhaltevermögen wünschen und Euch beiden die richtigen Ärzte, die Euch wenigstens mit dem "Drumherum" gut versorgen. Ich schreibe Dir meine mailadresse, so dass Du fragen kannst, wenn Dir etwas am Herzen liegt.
Liebe Grüsse, Nadine
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