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Alt 16.10.2004, 23:06
Gast
 
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Standard Nun bin ich Witwe

Hallo Ihr Lieben,
Andrea Dir geht es jetzt bestimmt besonders schlimm, mit 4 Kindern diese schwere Zeit durchstehen, dass ist sehr, sehr schwer. Sicher kommen die älteren etwas leichter durch die Zeit, als die kleinen, aber es ist für Euch alle schlimm. Es ist wirklich ungerecht, es gibt so viele alte Leute in den Heimen, die gerne sterben möchten, aber nicht können. Wir hätten alle unsere Männer noch so dringend gebraucht und keiner von Ihnen war in einem Alter, in dem man schon ans Abschied nehmen denken möchte. Versteht mich bitte nicht falsch, ich wünsche bestimmt keinem einzigen Menschen auf dieser Welt das Sterben. Aber ich habe in meiner Trauer ein Gefühl kennengelernt, dass ich früher gar nicht kannte, das ist Neid. Wenn ich irgendwo, wo auch immer ein Paar sehe, werde ich so neidisch, weil ich mit meinem Liebling nicht mehr so zusammen sein kann. Das mit Gott ist auch so eine Sache. Ich habe einmal zu meinem Mann gesagt (da ging es ihm schon sehr schlecht), wenn es irgendwo einen Gott gibt und ich stehe eines Tages vor ihm, dann muss er mir aber ein paar unangenehme Fragen beantworten. Da hat mein Andreas gesagt, dass kannst du dir sparen, es gibt keinen, er könnte sowas nicht zulassen. Ich gehe halt auch nach dem Tod meines Mannes jetzt jede Woche in die Kirche, weil es sich in so einem kleinen Dorf gehört. Aber ich kann nicht beten, ich denke immer nur an meinen Schatz.
Liebe Beatrix, Du musst Dir keine Vorwürfe machen, wenn Du während der schweren Pflege manchmal nicht ganz so gut drauf warst zu Deinem Uli. Ich kenne das, ich habe auch manchmal mit meinem Andreas gehadert, wollte ihn einfach ein bißchen rausreißen aus seiner Verschlossenheit, ihn zum Aufstehen zwingen. Ich habe dabei nicht erkannt, dass er einfach nicht mehr konnte und auch seelisch am Ende war. Das macht mir immer noch zu schaffen. Ich glaube auch, dass mein Mann immer noch keine Ruhe im Jenseits gefunden hat und noch irgendwo durchs Haus geistert, drum finde auch ich noch keine Ruhe, komme nicht aus meinen Selbstvorwürfen raus, ich hätte noch mehr für ihn machen sollen, wenn ich auch Tag und Nacht bei ihm war und alles gemacht habe.
Heute nacht bin ich um 2.00 Uhr plötzlich hellwach im Bett gesessen. Ich habe mir eingebildet, dass ich den Haustürschlüssel im Schloss gehört habe, obwohl das gar nicht möglich ist. Ich bin ganz alleine. Habe einfach nicht mehr schlafen können danach.
Heute war ich mit meiner Mutter im Theater und vorher essen. Es hat mir gar nicht gut getan. Aber sie hatte das Gefühl, dass sie mir was Gutes getan hat. Ich lasse sie in den Glauben. Alle paar Wochen füge ich mich einfach dem "verwandschaftlichen Wochenend-Animationstress". Sie meinen halt, mir zu helfen, wenn sie mit mir was unternehmen, aber es ist halt nicht so. Aber danach habe ich wieder ein bißchen Ruhe von ihnen.
Was soll ich Euch allen wünschen? Bringt das Wochenende irgendwie rum, es ist immer die schlimmste Zeit. Fangen wir doch alle zusammen am Montag wieder eine neue Woche an. Wir werden am Montag sagen, h e u t e stehe ich noch auf, morgen muß ich erst sehen, und am Dienstag sagen wir das gleiche und am Mittwoch wieder. So geht die Woche rum, auch wenn wir am Montag noch denken, wir halten den ganzen Kummer nicht die ganze Woche aus. Trösten wir uns ein wenig gegenseitig. Jede von uns weiß, wie sich die anderen fühlen, weil wir alle das gleiche durchgemacht haben. Vielleicht sind wir alle zusammen ein kleines bißchen stärker, dann haben wir doch schon wieder was erreicht.
Seid alle herzlich gegrüßt von mir.
Thekla
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