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Alt 30.10.2004, 22:50
Gast
 
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Standard Die richtigen Worte aus 10000km Entfernung

Liebe Tanja, liebe Beate,

vielen Dank fuer Eure Anteilnahme und Ratschlaege. Es ist seltsam, aber ich kann das soviel besser von jemandem annehmen, der sowas selbst irgendwie schon mal miterlebt hat, als von Freunden, die keine direkten Erfahrungen mit dieser Krankheit und all ihren Folgen haben (selbst wenn sie das gleiche sagen).

Wie recht ihr habt mit diesem akzeptieren! Nach meinem gestrigen Gespraech mit ihnen hatte ich tatsaechlich das Gefuehl, dass mein gutgemeintes auf sie einquatschen von wegen viel trinken und mehr essen das Leben in dem Moment nicht wirklich leichter macht. Und auch etwas von dem Schoenen, naemlich miteinander reden und ihnen auch erzaehlen, was hier passiert, wegnimmt.

Bevor ich sie gestern angerufen habe, war ich sooo angespannt und nervoes, weil ich dachte, ich muss sie jetzt IRGENDWIE davon und davon und davon ueberzeugen. Kurz vorher hatte ich noch mit meinem Mann (wir sind zwar nicht offiziell verheiratet, aber das ist egal) und einem guten Freund darueber geredet, die auch der Meinung waren, dass es wichtig ist, dass sie kleinere Mahlzeiten und vielleicht auch andere Sachen essen. Ich bin im Garten im Kreis rumgerannt und aus heiterem Himmel habe ich mich daran erinnert, dass ganz am Anfang jemand zu mit gesagt hat, ich soll sie nicht auch noch bervormunden, denn die Krankheit diktiert sowieso schon so vieles.

Ich hab ein Bild von ihnen angestarrt, das bei uns in der Kueche entstanden ist, als sie uns hier besucht haben und auf dem sie nach (zu dem Zeitpunkt noch fast) 50 Jahren Ehe so gluecklich miteinander aussehen und hab sie auf dem Bild gestreichelt, hab mich erinnert, wie sich ihre Haende anfuehlen und hab an meinen Anziehsachen geschnueffelt, die noch nach ihrem Weichspueler riechen (das naechste mal klau ich ihnen die Reserveflasche)und auf einmal war der Druck weg. Als wir dann telefoniert haben, hat die Mutti erstmal erzaehlt, wie der Tag war und als wir beim Brechen waren, hab ich erwaehnt, dass ihr das warme Mittagessen ja auch an diesem Tag eigentlich wieder am besten bekommen ist. Als ich sie gefragt habe, ob sie denn eigentlich Lust auf Brot (zum Fruehstueck und Abendessen gibts und gab es auch sonst meistens Butterbrot, und meistens bricht sie um diese Mahlzeiten herum) hat, und dass ich ja ganz gerne auch mal einen Joghurt esse, sagt sie doch glatt von alleine, ja ja sie hat auch schon mal ueberlegt, ob sie nicht vielleicht Joghurt oder Quarkspeise oder sowas statt Butterbrot essen moechte. Ich bin sicher, heute morgen ist der Papi losgezogen und hat das Regal leergekauft. Und ihre MCP-Tropfen haben beide beteuert, nimmt sie regelmaessig genau so wie der Arzt es gesagt hat. Der Papi zaehlt sie ab, exakt 20 Troepflein (Ich hoffe nur, dass die jeztz auch helfen). Und dann hoere ich, wie sie den Papi noch fragt, ob er ihr noch ein Glas Wasser fuer die Nacht ans Bett stellen kann. Er fragte dann ob mit oder ohne Kohlensaeure und die Antwort war zielsicher: Ohne, bitte.
Mir ist ein Gebirge vom Herzen gefallen. Und als ich ganz vorsichtig anfangen wollte, vorzuschlagen, dass sie ja eventuell auch das (gesunde und hochkalorische)Mandelmus in den Jogh... unterbrach sie mich sofort und meinte, das Zeug ist eklig, weil es am Gaumen kleben bleibt und "fies" schmeckt. Das isst der Papi jetzt (und dem wird es auch guttun).
Ich glaube jetzt, dass sie sich, so wie Deine Mutti,Beate, eine Diaet zimmern wird.

Ich hab gerade nochmal Deine Nachricht gelesen und mir tut es sooo leid, dass Deine Mutter soviel abgenommen hat und ich wuensch Dir von ganzem Herzen, dass Du noch viele innige Momente mit ihr geniessen kannst.

Danke nochmal an Euch beide, dass ihr mir mit Gefuehl, so weit weg zu sein, geholfen habt!

Liebe Gruesse,

Nenna
Ich glaube,
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