Thema: Verzweifelt
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Alt 08.08.2015, 13:23
berliner-engelchen berliner-engelchen ist offline
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Standard AW: Verzweifelt

Zitat:
Zitat von Jomi Beitrag anzeigen
, .... Ich persönlich glaube, dass das mein Ende beschleunigen wird - aber ist mir mittlerweile auch nicht mehr so unrecht. Meine Lebensfreude ist verschwunden, so sehr ich mich auch bemühe,,....
liebe Jomi,
erlaube mir, dieser Aussage etwas entgegenzusetzen. Zumindest es zu versuchen.

es gibt einige Parallelen zu meiner eigenen Erkrankung und daraus wiederum einiges, das Dir Mut machen könnte.
ich bin an Eierstockkrebs erkrankt. als die Krankheit endlich richtig diagnostiziert wurde, war sie schon weit fortgeschritten. Ich selbst war 40 Jahre alt, meine Kids 1 und 2,5 Jahre alt.
Habe mich durch die Erstbehandlung gequält mit einer Riesen-Op und darauf folgender Chemo. Ein halbes Jahr später Metastasen. Zu diesem Zeit punkt hat mein Onkologe mir die gleiche Prognose wie Dir gegeben: 1 maximal 3 Jahre, wenn es gut läuft.
ich habe mich der Chemotherapie gestellt und habe mittlerweile schon das 5. Jahr hinter mir. klar, die Chemotherapien setzen mir schwer zu, ich vertrage sie schlecht. aber trotzdem kämpfe ich mich immer weiter und es ist meist ein sehr schönes, glückliches Leben, zu dem ich gefunden habe.

bei der letzten REzidivDiagnose war die Leber komplett durchzogen von Metastasen, die Pfortader war umschlungen und konnte nicht mehr richtig arbeiten. Nun, ein halbes Jahr später ist das Unglaubliche eingetreten: fast alle Metas aus der Leber sind durch die Chemo wieder weg. Und ich habe noch Therapie vor mir, so dass ich mit weiterem Glück, alle Lebermetas in Griff bekomme. Für wie lange, weiß ich nicht, aber für den Moment ist das ein beglückender Therapie-Erfolg, für den es sich lohnt zu leben.

Vielleicht ist aber dieser letzte Satz das für dich entscheidende: du brauchst ein Leben, für das es sich zu leben lohnt. Und das kannst du schaffen, davon bin ich überzeugt.
Du hattest soviel Pech im Leben, aber auch das Glück, ein Kind zu haben!!!

Es ist an der Zeit, dass dein Leben sich wieder zum Positiven wendet. Und wenn ich dir damit nicht zu nahe trete, sehe ich einige Ansatzpunkte, wie man das hinbekommen könnte.

Da ist zum einen die finanzielle Belastung durch deine Eltern, die dich immens belastet. Vielleicht kannst Du dem entfliehen, indem Du dich jetzt erst mal auf unbestimmte Zeit krank meldest. Dann muss die Firma des Mannes erst mal zahlen. Dann kannst Du dich, da palliativ erkrankt so wie ich, einen Rentenantrag stellen und in eine 100% Rente gehen. Das steht palliativ an Krebs erkrankten Menschen fast immer zu. In diesem Fall musst Du dich dann beraten lassen, ob du überhaupt noch deinen Eltern zahlungspflichtig bist. im besten Falle nicht.

Wenn Du dich einsam fühlst in dem Haus, gibt es einige Möglichkeiten, das zu ändern. Frag mal hier im KK herum, ob jemand in deiner Nähe wohnt und ein ähnliches Schicksal hat. ich beispielsweise habe, obwohl ich glücklicherweise auch mit tollen Freunden gesegnet bin, tatsächliich durch den KK eine Leidensgenossin gefunden, die mittlerweile zu einer meiner sehr guten Freundinnen geworden ist - und sie wohnt gerade mal 5 min. von mir entfernt !!!

Zudem gehöre ich zu denjenigen, die sich trotzigerweise zu meiner Rezidiv-Diagnose, als ich mich damit auseinandersetzen musste, dass ich frühzeitig sterben werde, eine Katze geholt habe und dadurch sehr viel Glück erfahren habe. Mittlerweile sind es schon 2 und bald sogar 3, die mir gerade zu therapiezeiten sehr viel helfen mit Kuscheln, da sein, schnurren ....
Wie wäre es mit einem Hund ?? oder zwei Katzen, die deine Beine schnurrend umstreichen ????? ich kann das nur sehr empfehlen ...

Trenne dich von allen Menschen, die dir nicht gut tun oder distanziere dich weitestmöglich von ihnen - niemand hat JETZT das recht mehr, dir weh zu tun. Deine Schwi-Ma nicht, deine Eltern nicht, dein Mann nicht.
Umgebe dich nur noch mit Menschen, die wichtig und gut für dich sind.
Fülle dein Leben an mit den Dingen, die schön sind für dich und du wirst sehen: auch wenn es kürzer ist als man früher gedacht hat, ist es trotzdem noch sehr lebenswert.

Noch ein Wort zu den Prognosen: kein Arzt kann und sollte prognostizieren, wie lange man noch zu leben hat. aus meinen 1-3 Jahren maximal sind mittlerweile 5 Jahre geworden, ich bin im 6.ten und habe nicht vor, diese Welt bald zu verlassen. mir wäre viel Leid erspart geblieben, wenn ich die Worte des Arztes, die sich im Nachhinein als Unsinnig heruasgestellt haben, nie hätte hören müssen.
Niemand kann wissen, wie eine Chemo anschlägt. Niemand kann wissen, wie schnell oder auch wie langsam ein Krebs progressiv ist. Ich habe einmal die völlig verblüffende Erfahrung gemacht, dass meine Krebszellen mitten in der Progressionsphase einfach gestoppt haben. Der Tumor war da, wuchs aber ein 3/4 Jahr nicht mehr weiter ....

ich habe dadurch gelernt: vergiss alle Prognosen .... (ein sehr gutes Buch dazu, das ich gelesen habe ist von David Servant-schreiber)

ich lebe Momente und kurzfristige Planungen aus. habe darauf mein ganzes Leben ausgerichtet. Wir haen beispielsweise einen Wohnwagen gekauft, weil langfristige Buchungen keinen Sinn mehr machen für mich. ich weiß ja nie, wie es mir geht. Dadurch sind wir unabhängig und können jederzeit einfach losfahren. Wenn es mir gut geht: WEIT, wenn es mir nicht so gut geht, dann halt einfach in der Umgebung. Da lass ich mich doch durch den doofen Krebs nicht unter Druck setzen


ich wünschte, ich könnte dir Mut machen und zeigen, dass auch ein begrenztes Leben mit Krebs gut und lebenswert ist. ich hoffe so sehr, nur einen kleinen Funken Zuversicht in dein Herz gepflanzt haben zu können.

Schreib und frag und berichte von Dir, wann immer du magst und kannst!

Alles Liebe wünscht
das berliner chen