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Alt 09.06.2012, 16:57
larap larap ist offline
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Standard AW: wie egoistisch darf ich jetzt sein?

Hallo Ulphin,
einen lieben Dank! Nein, ich finde das garnicht drastisch, sondern legitim und ehrlich! Da diese Diagnose für uns alle noch so neu ist und wir erst Montag erfahren werden, welche Therapie Schritte eingeleitet werden (palliative Chemo oder doch nur Schmerzbehandlung?) haben wir bisher noch nicht über den weg 'bis zum Schluss' geredet. Im Moment ist unsere Devise: damit leben lernen! Aber eine ihrer ersten Reaktionen war tatsächlich, das ich ihr versprechen musste, sie in einem bestimmten Hospiz anzumelden (dort ist vor Jahren eine ihrer Freundinnen gestorben), wenn es nicht mehr anders geht.
Zu uns holen kann ich sie sowieso nicht, weil uns die Räumlichkeiten fehlen und wir in einem absolut nicht altengerechten (viele Treppen!) Haus wohnen.
Mein Zwiespalt liegt wohl letztlich auch tatsächlich mehr darin, das meine Mutter immer zu wenig Zeit für mich hatte. Familiäre Geborgenheit & Wärme kenne ich erst, seit ich meine eigene Familie habe. Ich weiß, das meine Mutter mich über alles liebt und ich sie auch, aber Nähe ist eben nicht so ihr Ding. Zwar ist sie neidisch, das wir und unsere Kinder ein viel intensiveres und engeres Verhältnis zu meinen Schwiegereltern haben, aber wie bereits gesagt, ich habe ihr viele Angebote gemacht sich mehr zu integrieren, was sie aber nie getan hat. Ursprünglich war sie ja auch als gelegentliche Aushilfe für Hund und Kinder eingeplant wenn ich jetzt wieder arbeite...und da hat sie auch nicht sehr begeistert drauf reagiert. Ihre Hilfe zwar angeboten, aber auch klar gemacht, dass sie sich dafür keinesfalls in ihrem Leben einschränken möchte.
Wenn ich den Job also mache, was ich möchte, kommt vielleicht eine sehr anstrengende Zeit auf mich zu, aber das nehme ich in Kauf. Vielleicht gibt es mir sogar Kraft, mal aus allem raus zu sein?
Andererseits aber frage ich mich, ob jetzt die Chance gekommen ist, wirklich ganz viel intensive Zeit mit meiner Mutter zu verbringen. Nachzuholen, was mein gesamtes Leben versäumt wurde? Und ob es jetzt meine Fügung ist, den Job wegen ihr nicht zu machen, weil ich meine komplette Kindheit verflucht habe, dass sie voll berufstätig war? Das sind so Gedanken, die ihr wahrscheinlich nicht nachvollziehen könnt.
Manche Entscheidungen kann man sich auch verdammt schwer machen
aber: ich versuche es. Denn ich möchte auch nicht zu dem Punkt kommen, an dem ich sie vielleicht auch noch dafür verantwortlich mache, das es nicht geklappt hat.

Geändert von larap (09.06.2012 um 17:00 Uhr)
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