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Alt 02.01.2008, 17:35
Benutzerbild von Anke LE
Anke LE Anke LE ist offline
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Registriert seit: 07.05.2007
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Standard AW: Zum Sterben nach Hause

Hallo Manuela,

Du fragst, was Du tun kannst für Deinen Papa und auch wie. Ich hab mir die Frage auch immer gestellt, wenn ich ihn zu Haus und später dann im KH besucht hab. Und ich hab immer ganz fürchterlich viel Angst gehabt, Papa hilflos und einen so grossen Mann auf einmal so "klein" und winzig zu sehen. Aber Dir wird es auch so gehen: du kneifst die A-Backen zusammen, setzt Dir ein Lächeln ins Gesicht, verschiebst Deinen eigenen Kummer und die grosse Angst vor dem "was wird jetzt passieren". Redet im Raum über das, was am Tag so passiert ist, lacht auch - es hat die Spannung gelöst und uns allen gut getan. Papa war durch das Morphium sehr schläfrig, aber er hat alles mitbekommen worüber und vorallem wie wir uns unterhalten haben. Es war eine enorme Kraftanstrengung für uns alle, und immer wenn die Besuchszeit (klingt jetzt blöd mit der "Besuchszeit", aber wir haben das immer sehr lebhaft gestaltet, weil ich mich beispielsweise Tag um Tag immer mit meinem Bruder abgewechselt hab, um mal was Neues zu erzählen. Mama war jeden Tag da. Und zeitlich haben wir das immer so auf eine Stunde ausgedehnt, so dass es auch für Papa nicht allzu anstrengend war. Denn auch zuhören war für ihn sicher Schwerstarbeit.) zu Ende war, die Tür hinter mir zu ging und ich ins Auto bin, war ich unendlich traurig: mein Papa so krank.

Liebe Manuela, es gibt keine Verallgemeinerung wie wir uns verhalten sollten, wenn jemand aus der Familie im Sterben liegt. Wir haben es nicht "gelernt". Aber wir haben unser Bauchgefühl, unsere "Antennen", unsere Liebe und Zuneigung dem Betroffenen gegenüber, wir haben Augen zum sehen und Ohren zum hören - und auf diese Sinne sollten wir vertrauen. Sie haben mir gezeigt und gesagt, wie ich mich verhalten soll, was ich darf und was nicht. Und es war alles richtig. Und Du wirst es auch tun - hab Vertrauen in Deine Kraft und Dein Gespür. Du wirst sehen, irgendwie geht es...

Für die kommenden Tage wünsche ich Dir und vor allem Deinem Papa die Kraft Abschied nehmen zu können, ohne Festzuhalten.

Herzlichst aus Leipzig

Anke
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Betroffener: mein Papa, geb. 21.11.1935
Diagnose erhalten am 5.5.07, Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen in Leber und Bauchraum

eingeschlafen am 09.07.07. friedlich, still und leise
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