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Alt 29.01.2018, 16:11
nilreb nilreb ist offline
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Standard AW: Eltern haben Krebs - (Wie) kann ich helfen?

Ihr habt Recht, dass meine Eltern mich nicht belasten wollen. Das finde ich auch sehr rücksichtsvoll von ihnen.

Ich glaube diese Familienpflege kann ich knicken, habe weder einen rechtlichen Anspruch noch haben meine Eltern eine Pflegestufe. Glaube auch kaum, dass die eine bekämen. Nach dem neuen Pflegegrad-System ist es wohl gerade für Krebspatienten noch schwerer geworden. Habe ich jedenfalls bei meinen Recherchen gelesen.

Ich will ihnen ja nicht meine Hilfe aufdrücken. Ich möchte irgendwie nur für sie da sein und in ihrer Nähe sein und sie unterstützen. Meine Mutti muss jedes Mal weinen, wenn ich mal zu Besuch bin und wieder abreisen muss. Ich glaube, sie würden sich nichts mehr wünschen als mich in dieser schweren Zeit um sich rum zu haben. Nur würden sie so etwas natürlich nie erzählen aus Selbstlosigkeit. Sie sind wirklich sehr rücksichtsvoll mit mir gerade auch was meine Arbeit angelangt und haben sehr viel Verständnis, dass ich aufgrund der vielen Verpflichtungen so selten kommen kann.

Das Problem ist nur, ich hänge so sehr an ihnen und ich kriege wirklich nen richtigen Kloß im Hals, wenn ich nur daran denke, dass es ihnen schlechter geht und es könnte vermutlich keine Zeit mehr sein, noch ein paar schöne Momente mit ihnen zu erleben.

Ich komme mir so unnütz vor. Wenn man das wenigstens mit der Patientenverfügung mal hinkriegen würde. Habe schon zig fach mit Ihnen darüber gesprochen und mein Papa wollte sich da eigentlich drum kümmern. Das ist jetzt auch wieder 1,5 Jahre her und passiert ist nichts.

Das Problem ist leider, dass die beiden zum einen durch ihr Alter als auch durch die Chemos nervlich sehr gelitten haben. Die kleinste Unregelmäßigkeit bringt sie aus dem Konzept, einfache Dinge überfordern sie zum Teil. Immer wenn ich kann, übernehme ich gerne formelle Sachen für sie aber da sind mir hier so weit weg einfach die Hände gebunden.

Wo andere ihre Eltern mal zum Arzt fahren können oder sie begleiten, hänge ich hier rum und ärgere mich dann hinterher, dass sie so wenig gefragt haben oder das, was die Ärzte versucht haben zu erklären, nicht richtig verstanden haben. Ruft man bei den Ärzten an, wird man abgewiesen weil sie wohl am Telefon keine Aussage machen dürfen.

Vielleicht habe ich auch einfach das Gefühl sie im Stich zu lassen. Ihr Leben lang haben sie sich für mich aufgeopfert und ich kann mich nicht revanchieren.

Allein schon der Gedanke, dass mein Papa die Getränkekiste 3 Stockwerke nach oben tragen muss, weil es nicht anders geht macht mich traurig.

Beschwert hat sich von ihnen darüber so direkt natürlich noch keiner. Das sind wirklich nur meine persönlichen Gedanken. Allerdings klagen sie schon, dass ihnen die vielen Stufen sehr schwer fallen und ich spinne das ganze dann natürlich weiter (Einkäufe etc.). Ein Umzug war auch erst mal nur meine Idee, alleine würden die das nie machen, aber mit meiner Hilfe und Unterstützung könnte das vielleicht klappen. Sie hören eigentlich sehr gut auf mich.

Ich sage mal so, ich bin schon sehr dankbar, dass ich einen Job habe aber meine Eltern sind mir da ehrlich gesagt viel viel wichtiger. Davon würde ich meine Entscheidung nicht abhängig machen. Jedenfalls nicht bei meiner jetzigen Anstellung, die mir eh, außer Geld, keine wirkliche Freude bringt. Hätte ich meinen absoluten Traumjob würde ich das wahrscheinlich anders sehen. Es gibt immer eine Option und wenn ich im Stall den Mist schaufel für 400 €. Wäre zwar nicht so optimal für meinen Lebenslauf aber egal. Familienplanung ist auch noch ein Thema. Irgendwie geht's immer weiter.

Gerne würde ich mich einfach krank schreiben lassen aber ich bin ja nicht krank. Ich kann das irgendwie nicht. Entweder ganz oder gar nicht. Bin da wirklich eher der Typ "Held der Arbeit". Das nervt mich selber auch tierisch aber einfach so krank schreiben lassen, ich weiß nicht. Ich hab da echt Schiss vor meinem Arbeitgeber. Der hat letztens erst eine Ansprache gehalten, wie schädlich doch Krankheit für das Geschäft ist und er hofft, dass sich das in Zukunft bessert. Gibt's da nicht bessere Möglichkeiten? Wenn es natürlich hart auf hart kommt würde ich das machen aber nur, wenn keine andere Möglichkeit mehr bleibt.

Ich glaube ich sollte auf jeden Fall erst mal mit meinen Eltern über meine Gedanken sprechen. Die werden mir das eh ausreden und mich für bescheuert halten. Das schlimme daran ist, dass sie vielleicht sogar Recht haben, aber es mir dadurch kein Bisschen besser geht. Also das erleichtert meine seelisch verzwickte Situation kein Bisschen.

Könnt ihr denn meine Gedanken nachvollziehen? Findet ihr ich reagiere übertrieben? Ich bin mir so unsicher im Moment. Ich stehe einerseits hier mitten in "meinem" Leben und andererseits gibt es zwei Menschen, die ich über alles liebe, denen es schlecht geht und denen ich nicht so helfen kann wie ich das für richtig empfinde.

noch ergänzend: Momentan weiß niemand wie ich denke, nicht mein Freund und auch nicht meine Eltern. Ich weiß, ich muss mit meinem Freund darüber sprechen aber ehrlich gesagt, was soll er schon sagen? Wenn er es mir "verbietet" wäre das denkbar schlecht für unsere Beziehung. Aber irgend einen Kompromiss sollte man schon finden.

Geändert von nilreb (29.01.2018 um 16:16 Uhr)
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