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Alt 10.03.2012, 18:52
Norma Norma ist offline
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Standard AW: Die Funktion des Kurzzeitgedächtnisses mit Aromatasehemmern

Hallo Gesine,

ich kann ja immer nur von mir selbst berichten.

Bei mir haben die Hirnleistungsstörungen genau am Tag nach der ersten Chemo eingesetzt.

Wir kamen aus dem Krankenhaus, froh, dass die erste Portion "drin" war und... ich wusste absolut nicht mehr, wo das Auto abgestellt worden war. Wäre mein Mann nicht dabei gewesen... au weia.

Das ist so ein "Schlüsselerlebnis", welches sich eingebrannt hat.

Ab da setzte das Hirn GEWALTIG aus. Dieses "Was ist das?" "Das kann doch nicht wahr sein!" "Hab ich etwa schon Hirnmetas?" "Das ist unerträglich, ich kann ja nirgends mehr alleine hingehen!"... all das begleitete sämtliche "Ausfälle".

Wie soll man das alles auch verstehen, wenn man vorher so ein geniales Genie in Sachen Management gewesen ist?

Doch, ich war oft verzweifelt. Sehr sogar!

Und es hat lange gedauert, bis ich wenigstens ein ganz kleines bisschen darüber lächeln konnte.

Die Chemo lief dann, unterbrochen durch die Op, fast ein Jahr durch.
Danach begann die Anti-Hormon-Therapie.

Ich habe KEINE Verschlechterung der Hirnleistung feststellen können. Allerdings war die eh eine Katastrophe und wenn es noch schlimmer geworden wäre... daran wage ich gar nicht zu denken.

Dafür hat mir die AHT offensichtlich eine Osteoporose gebracht, aber was ist das schon im Gegensatz zu mangelnder Hirnleistung?

Eine erste Verbesserung bemerkte ich etwa zwei Jahre nach der letzten Chemo. Da gab es auch mal Tage (nicht hintereinander, immer so zwischendurch mal), wo ich nicht nach Worten ringen musste oder irgendein Kauderwelsch von mir gab.

Ab da ging es kontinuierlich wieder aufwärts, aber an manchen Tagen auch wieder rückwärts. Immer ein auf und ab...

Natürlich ging mir das nicht schnell genug und ich habe mit Kreuzworträtseln, kleinen Gedichten (auswenig lernen) und Zeitungsartikeln (schriftliche Nacherzählung) versucht, den Heilungsvorgang zu beschleunigen.

Bei mir war der gleich NULL.

HEUTE kann ich wieder normal telefonieren und weiß hinterher auch noch, wer angerufen hat und wie der Inhalt des Gesprächs lautete... muss dann aber einen Zettel schreiben, weil am nächsten Tag alles wieder weg sein KANN (nicht muss!).

HEUTE kann ich auch (an guten Tagen!) wieder zwei oder drei Dinge hintereinander erledigen, ohne beim dritten bereits nicht mehr zu wissen, was ich als erstes getan hatte.

HEUTE kann ich mich für etwa 30 Minuten (nicht länger!) richtig (!) konzentrieren. Danach, das bemerke ich selber, lässt die Konzentration so weit nach und ich bin so erschöpft, dass ich eine Ruhepause brauche.

HEUTE kann ich auch wieder ein paar Seiten in einem anspruchsvollen Buch lesen und... verstehen. Damals undenkbar!

HEUTE kann ich wieder einer Unterhaltung mit mehreren Personen folgen und auch mitreden. Aber auch nicht länger als eine halbe Stunde; allerhöchstens 45 Minuten. Dann wird mir das Durcheinander zu viel und alles Gesagte vermischt sich zu einem gedanklichen Durcheinander.

Was ich überhaupt nicht mehr schaffe: Ohne Zettelwirtschaft auszukommen.
Bei mir hängen überall Zettelchen...

Offene Kerzen gibt es gar nicht mehr bei mir (nach dem Desaster damals).

Ich schrieb ja schon einmal: In Prozenten ausgedrückt, würde ich sagen, es sind irgendwas zwischen 60 und 70% wieder da; an richtig tollen Tagen vielleicht auch 80.

Nur an die 100% komme ich wohl nie mehr.

Also: Ganz egal, durch welche Therapie die Hirnleistungsstörungen aufgetreten sind: Es wird wirklich besser!

Geduld, Geduld, Geduld!

Und ausreichend trinken! Ich meine gemerkt zu haben, dass bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr das Gehirn auch streikt.

Dann noch ausreichend schlafen (bei mir ein Problem seit 10 Jahren) und natürlich ausgewogen essen.

MEHR, so meine Erfahrung, geht einfach nicht.

Den Rest müssen die Selbstheilungskräfte erledigen und ich finde, die machen ihre Sache letztendlich doch sehr gut.

Nur könnten sie echt mal einen (Schnelligkeits-) Zacken zulegen.

Gute Nerven und viel Glück allen noch schwer Geplagten!

Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Geändert von Norma (10.03.2012 um 18:55 Uhr)
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