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Alt 27.08.2006, 16:11
Ladina Ladina ist offline
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Lächeln AW: Krebs und die ewige Angst

Liebe Kira und alle andern

Als chronisch vom Krebs betroffene 38jährige kenne ich Eure beschriebenen Gefühle nur zu gut aus eigener Erfahrung.
Mich quälte jahrelang die Angst vor jeder Nachuntersuchung, bei jedem kleinen Missempfinden im Körper, das ich nicht einordnen konnte, bei jedem tastbaren Knoten irgendwo. Ich hatte das Vertrauen in meinen Körper vollständig verloren - zu oft , fand ich, hat er mich schon verraten an den Krebs.
Die Angst vor einer neuen Erkrankung, die bei mir wegen dem Gendefekt tatsächlich höher ist als bei jemandem ohne Gendefekt, belastete mein Leben schwer.
Dass ich heute von dieser Angst in der Vergangenheit schreiben kann, das ist für mich persönlich grossartig und war lange undenkbar.
Weshalb es genau so gekommen ist, kann ich nicht einmal recht sagen.
In einer beruflich schwierigen Situation, aus der ich keinen Ausweg sah (Mobbing) kamen nächtliche Träume, Wiederholungsträume mit immer gleichem Inhalt: Ich träumte: Ich hätte wieder Krebs - und im Traum erschütterte mich das nicht mal mehr. Es stellte sich so dar, als sei es eine Fluchtmöglichkeit vor dem unwürdigen Geschehen im Geschäft. Wenn ich aufwachte, wurde mir deutlich, dass es ein Traum war, ich erkannte den Sinn seines Inhaltes, dachte zuerst wie im Traum: Tja, das wärs - UND war hinterher umso mehr entsetzt, dass sich mein Unterbewusstes jetzt schon Krebs wünscht, um dort fortzukommen.
Ich habe diese Träume dann mit meiner Atemtherapeutin besprochen und wir haben gemeinsam diese Träume und die Angst vor den Nachkontrollen näher angeschaut und ich habe einen grossen Schritt plötzlich tun können. Ich bin hingegangen und habe meinen Job gekündigt. Ich wollte nicht mehr länger Opfer sein.
Seitdem ist vieles anders, auch die Angst ist weg. Als wenn ich mit dem Job auch ihr gekündigt hätte.
Statt die Angst wachsen zu lassen, habe ich mir bewusst gemacht, was mir tatsächlich Angst macht. ich habe sie zu Wort kommen lassen um sie besser zu verstehen. Angst vor einem Rückfall, einem neuen Tumor, vor dem AUS, vor dem Sterben, davor, dass man nicht mehr therapieren kann.
Dann habe ich demgegenüber das gestellt, was ich dann tun könnte, was andere für mich noch tun könnten. Plötzlich wusste ich, ich bin damit nicht einfach verloren, selbst wenn es eintrifft, ich habe Menschen um mich die helfen, die stützen und Kraft in mir, das zu tragen.
Plötzlich war das Vertrauen da, die Gewissheit, was auch immer passiert, ich bin nicht allein. So wie jetzt Menschen in der Arbeitslosigkeit zu mir stehen, so werde ich, falls es drauf an kommt, auch bei einem Rückfall Hilfe bekommen.
Das weiss ich ganz tief innen ( dort wo vorher die Angst regierte)
Seit 1 1/2 Jahren gehe ich nun angstfrei in die Nachkontrolle, und zwar ohne irgendetwas zur Beruhigung zu nehmen. Ich atme frei und ruhig und weiss einfach, dass mir im Innersten nichts geschehen kann - egal was kommt.

Ich denke aber auch, dass dieses Gefühl bei mir auch dadurch noch begünstigt wird, dass ich nicht, wie viele hier, Mami und Ehefrau bin. Ich bin alleine, habe einfach liebe Menschen um mich, echte Freunde, die sehr wohl wissen, was geschehen könnte seit Jahren, und die trotzdem keine Angst vor mir haben, die mit mir auch den letzten Weg gehen werden.
Aus dieser Gewissheit also denke ich, ist das Vertrauen in meinen Körper wieder grösser geworden, als die Angst vor dem Krebs.
Am 9. August 06 habe ich das Ergebnis der Nachkontrolle abholen dürfen. Es ist negativ, das heisst positiv für mein Leben.
Ich bin seit 4 Jahren krebsfrei!

Es wäre schön, wenn mein Beitrag Euch Mut machen würde auch einmal Eure Angst genauer anzuschauen, um dann zu erkennen - in allem kann mir geholfen werden. Diese Erkenntnis gibt so viel Gelassenheit, innere Ruhe und Kraft!

Alles Liebe für alle von Euch

Ladina
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