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Alt 18.04.2003, 00:29
Gast
 
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Standard schlimme gedanken

Ihr lieben Grüblerinnen...:-)
vielen Dank für eure Zeilen und die guten Ideen. Ich muss schon ehrlich sagen, mit diesen Themen habe ich mich lange nicht mehr so intensiv befasst. Hab ja im Moment auch keinen "aktuellen" Druck - oder vielleicht doch...?

Ja, ihr habt recht, das Thema Gefühle zeigen oder auch darüber zu schreiben, fällt mir schwer. Wenn ich hier darüber schreibe, bin ich schon ganz schön am Zittern. Deshalb finde ich Deine Idee, Brigitte, eher sachlich zu schreiben ziemlich gut. Werde das in einer ruhigen Stunde mal probieren.
Als ich die 3 vorgeschlagenen Überschriften von Dir gelesen hab, lief es mir kalt den Rücken herunter und ich merke schon, dass ich da wohl noch einiges für mich tun muss und einiges zu bearbeiten habe.
Ich denke auch, dass ich ganz gerne noch in meiner Abgrenzung durch Zorn und Wut bleibe, denn da spüre ich den darunterliegenden Schmerz, vor dem ich wahnsinnige Angst habe, nicht so sehr. Wie haltet ihr den Schmerz aus?

Jutta, Deine beiden Definitionen von Vergeben und Verzeihen finde ich gut. Aber ich stelle fest, dass die Menschen, denen ich zu verzeihen hätte, ihre Schwächen nicht eingestehen oder gar daran arbeiten. Allerdings habe ich auch die Konfrontation bisher nicht gewagt.

Ich hatte mit meinem Bruder auch mal ein sehr offenes Gespräch, in dem ich mich sehr geoutet habe. Ich hatte danach ein richtiges Hochgefühl und dachte, oh, jetzt haben wir eine neue Basis, aber wie bei Dir, Jutta, kam auch bei mir nicht mehr viel dabei raus. Wahrscheinlich sind da unsere Erwartungen zu groß. Wenn ich darüber nachdenke, muss ich ja auch sehen, dass mein Bruder auch so erzogen wurde, Gefühle wegzuschieben und vielleicht sogar abzuspalten. Ich versuche zu akzeptieren, dass er nicht soweit ist wie ich und sich nicht mit den alten Geschichten befassen möchte.

Dein Beispiel mit der Anklage hat mich zum Schmunzeln gebracht. Mir hat es sehr geholfen, als ich für mich klar hatte, dass mein Vater ein Verbrechen begangen hat und ich ihn dafür hätte anzeigen können. Das war für mich damals ein kleiner Durchbruch. Ich hab mir da viele Gedanken gemacht, aber im Endeffekt hätte es mir nicht wirklich weitergeholfen, ihn vor den Richter zu bringen. Vielleicht wäre es eine Rache gewesen, ich konnte es aber nicht.

Brigitte, Boxsack ist spitze! Ich versuch es auch mit sportlichen Aktivitäten, gehe einigermaßen regelmäßig ins Fitness-Studio oder auf meinen Heimtrainer. Da hast Du recht, man bekommt wirklich den Kopf wieder frei...:-)

Hallo Kerstin,
ich mache seit ca. 3 1/2 Jahren Therapie, ohne die wäre ich wahrscheinlich damals völlig "abgedreht". Bei mir kamen zu dem Zeitpunkt einige Katastrophen zusammen, da konnte ich nicht mehr. Die erste Zeit gings da nur ums Überleben, mittlerweile komme ich ganz gut mit meiner Vergangenheit zurecht, natürlich immer wieder mit Rückschlägen.

In meiner Familie war auch der Liebesentzug ein beliebtes Mittel meines Vaters, uns zum Funktionieren zu bringen. Wie ich oben schon beschrieben habe, habe ich meine Gefühle weitgehend abgespalten und hatte lange keinen Zugang zu ihnen. Da hat man halt viele Jahre Arbeit, bis man diese "Gehirnwäschen" wieder aus dem Kopf rauskriegt.
Ich habe auch in der Therapie die Erkenntnis gewonnen, dass man Menschen nicht verändern kann, sondern sie so akzeptieren muss wie sie sind.
Ich ziehe es bei einigen üblen Exemplaren (die, die mir wehtun) vor, den Kontakt möglichst auf ein Minimum zu reduzieren. Und versuche mir immer wieder klarzumachen, dass ich nicht mehr die gute Tochter sein muss. Hatte schließlich auch keine guten Eltern. Ich arbeite eher daran, mal etwas böser zu werden... ist aber sehr schwer und gelingt mir nur schlecht. Und das, was für mich "böse" ist, ist für andere normal...:-)

Zu den Erwartungen. Klar, dass Du Erwartungen an Deinen Vater hast, die er natürlich nicht kennt. Das ist einfach so. Wahrscheinlich bei jeder Beziehung. Und die erfüllen sich ja in den seltensten Fällen. Aber für mich stellt sich die Frage, wie lange will ich mich noch verletzen lassen? Was ist für mich gut? Was sollte ich tun, damit es mir gut geht? Dann befreist Du Dich auch ein Stück von den Erwartungen.

Und ich habe festgestellt, dass es mir eben überhaupt nicht gut tut, mich mit meinen ignoranten und egoistischen Eltern zu umgeben. Auch wenn es hart klingt, mir geht es besser so. Auch wenn mein Vater inzwischen gestorben ist. Das sind halt meine Erfahrungen.
Ich versuche auch einfach nur, zu akzeptieren was ich nicht ändern kann. Aber ich arbeite daran, mich noch ein bißchen zu ändern.
Sorry, sollte eigentlich nicht so lang werden.

Ihr Lieben, ich wünsche Euch eine gute Nacht mit reichlich Schlaf...
Brigitte, wenn es bei Dir ein Urwald ist, was ist es dann bei mir??:-)
Einen dicken Drücker an Euch alle,
Conny
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