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Alt 24.07.2007, 09:34
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,

zunächst: viel Glück allen, die jetzt untersucht werden (Peter, Irmgard, Mark...)!!!!

Morgen ist die Chemo meines Vaters beendet. Um 8.30 haben wir ein abschließendes Gespräch beim Onkologen. Der dritte Zyklus hat meinen Vater zwar nicht umgehauen, aber doch leicht ins taumeln gebracht. Er versucht vor "uns Kindern" ganz der Alte zu sein, aber seine Haut ist gelb und transparent und er ißt nicht ein ganzes Steak, sondern nur ein halbes. Er klagt über Rücken-, bzw Beinschmerzen. Genau konnte oder wollte er mir den Verlauf des Schmerzes nicht erklären. Als Angehöriger ist man nie entspannt, jede Bemerkung gibt Anlass zur Sorge und wenn der Betroffene einen schonen will und sich nicht mitteilt, dann wird jedes Zucken zum Beben. Ich hoffe, dass die Schmerzen, die er hat tatsächlich nicht mit dem Krebs in Verbindung stehen - sein Arzt, mit dem ich telefonierte, meinte, dass er letztes Jahr ähnliche Beinschmerzen gehabt hätte (was ich natürich auch nicht wußte) und es eine Nervenentzündung sei...

Kaum zurück aus dem Mini-Urlaub, hat der Alltag mit der Angst um meinen Vater inklusive, uns wieder. Dabei waren es wichtige sechs Tage, denn Adrian und ich haben seitdem die Diagnose kam, kaum Zeit füreinander gehabt. Das Lesen von Artikel im Netz, die Gespräche mit Bekannten und Freunden über das Thema Krebs, die Recherche zum SPK, der Besuch meiner Mutter, meine Kündigung, mein neuer Job, dazwischen unser Sohn, die Besuche im Virchow, die Besuche beim Onkologen - all das hat meine Zeit völlig beansprucht und ich habe Adrian sehr vernachlässigt. Dabei ist er ein wunderbarer "Begleiter" der Situation: er leidet mit, er freut sich, er unterstützt mich, er macht alles, damit es uns gut geht. Er ist dabei so herzlich, so freundlich und lustig. Und dass, obwohl er selber sehr viel arbeiten mußte.

Es war gut ein paar Tage abschalten zu können.Die Krankheit spielte keine Rolle, wir waren baden (der Fleesensee liegt in Mechlenburg Vorpommern, in einer wunderschönen Landschaft), spazieren, haben sehr gut gegessen, das Hotel war perfekt - ich konnte sogar einen Roman lesen. Pablo wollte gar nicht mehr aus dem Wasser raus und war überglücklich mit uns beiden rumtollen zu können.

Am Donnerstag fliegen Pablo, mein Vater, mein Onkel und ich nach Spanien. ich fahre für elf Tag in die Heimatstadt meines Vaters. Ort, wo ich 8 Jahre nicht war, denn ich bin meistens in Madrid, bei meiner Mutter. Ich freue mich sehr auf meine Familie. Eigentlich bin ich den Nordspaniern ähnlichiger als der Familie meiner Mutter, sowohl äußerlich, als auch charakterlich. Man sieht die genetische Nähe zu meine Cousinen im Norden. Mein Vater freut sich unendlich auf die Reise, denn kaum bin ich mit Pablo weg, kommt mein Bruder mit meien Nichten. Wäre nicht das Gefühl, dass es das letzte Mal ist, dass wir alle gemeinsam im Norden sind, dann wäre auch meine Freude größer.
Zeitgleich ärgert mich mein Pessimismus! Warum sollte es die letzte Reise sein?!! "Genieße den Besuch und hör rumzuspinnen...", sag ich mir.
Wir werden soragr die Fiestas mitmachen - eine Woche versinkt die Stadt in ekstatische Feierlaune, dagegen ist der Köllner Karneval eine lahme Veranstalltung...ehrlich! Eien ganze Stadt imrausch von Musik, Rummel, Stierkampf (ja, ja..auch das), Stierläufe, Umzüge...keine Ecke, an der nicht gefeiert, getrunken, gegessen, getanzt wird.
Pablo wird aus dem Staunen nicht raus kommen...

Mein Onkel hat mir übrigens sein orangenes T-Shirt geschenkt.Gewaschen und gebügelt: ich war sehr gerührt. Er kommt im September wieder.

Ist lang geworden, merke ich gerade...
Liebe Grüße,
e
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