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Alt 05.03.2002, 13:32
Gast
 
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Standard umgang mit angehörigen

hallo

ich (40) habe dieses forum entdeckt und möchte mir gerne etwas von der seele schreiben.

mir geht es etwas anders als euch. mir sagt niemand, ich solle stark sein, das gegenteil ist der fall. ich sei selbst schuld, wenn es mir nicht gut geht, warum musste ich mich an einen totkranken mann binden (O-ton von verwandten und *freunden*) hast doch besseres verdient .. etc.
ich habe meinen freund kennen und lieben gelernt, als er schon sehr krank war (er kämpft gegen ein zungenkarzinom) am anfang wollten wir realistisch bleiben und keine beziehung miteinander eingehen. aber es kommt meist eh anders, als man denkt.
er ist in den letzten wochen richtig aufgeblüht, wenn ich mal von den schlimmen depressiven phasen absehe. wir sehen uns wegen der entfernung leider nur am wochenende. ich versuche ihn, so gut es geht, in allem zu unterstützen, gerade jetzt, wo er wahrscheinlich einen rückfall hat, wir erwarten morgen das ergebnis der probeentnahme. er hat wahnsinnig angst vor erneuter chemo, erneuter bestrahlung, wie alles wohl weiter geht. das habe ich ja alles damals nicht miterlebt, auch ich habe angst davor, weil ich nicht weiss, was mich erwartet. es ist nicht immer leicht mit ihm, wenn er mir zb sagt, dass er es nicht versteht, warum ich mich in ein monster wie ihn verlieben könnte, steigen mir die tränen in die augen. es gibt phasen, da sagt er, er sei nicht gut genug für mich.
es stimmt wohl, ich weine oft, zuhause, weil ich es manchmal nicht ertrage, wie sehr er sich mit schmerzen quält. wie gern hätte ich dann das verständnis meiner eltern, aber da kommt null rüber. sie kennen ihn nicht, und ich überlege, ob sie es überhaupt *wert* sind, ihn jemals kennen zu lernen. nicht einmal haben sie mich nach seinem befinden gefragt, ich sage auch nichts mehr, meide eher noch mehr den kontakt zu meinen eltern.
es liest sich vielleicht kitschig, aber andreas ist einer der ehrlichsten menschen, den ich kenne. mich stört sein äusseres nicht, er kann nichts dafür.
im moment versucht er zuzunehmen. er wiegt 67 kg momentan. nie im leben habe ich es für möglich gehalten, dass ich mich über kleinigkeiten wie *ich habe 2 kg zugenommen* so freuen kann wie ein kleines kind. ein strahlen aus seinen augen bedeutet mir mehr als alle reichtümer dieser welt.
ich hoffe, wir können dieser schrecklichen krankheit die stirn bieten und haben noch eine lange zeit zusammen vor uns.

danke, dass ich das hier habe niederschreiben könnensierraleona@aol.com
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