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Alt 10.02.2009, 06:08
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Danke für die Glückwünsche!
Im Moment mach ich mir irgendwie voll Leistungsdruck. Zum einen fahr ich nächsten Dienstag endlich zur Reha und muss bis dahin noch richtig viel erledigen, so dass ich schlecht schlafe, weil ich Angst habe, dass ich nicht alles schaffe. Meine Matheklausur bewegt mich auch noch. Ich glaube mein Selbstwertgefühl hängt immer noch zu sehr an meiner Leistung statt mir selbst sicher zu sein. Ein Freund, der eine 1,0 in Mathe geschrieben hat, meinte, dass es doch krass ist, dass er eine bessere Note schreibt, obwohl er weniger gelernt hat als ich. So ein Kommentar kränkt mich total und trifft eine Wunde von mir. Ich bin in Mathe nur gut, weil ich hart arbeite. Es gibt aber einige Intelligente, die ein paar Tage vorher anfangen und einfach eine gute Note schreiben und dann die Lorbeeren einheimsen. Ich glaub, dass hat immer noch mit meiner ehemaligen Situation mit meinem Bruder zu tun, dass das für mich ein Problem ist. Er war als Kind in fast allem schlechter als ich und wurde immer gelobt, um das auszugleichn. Ich habe dafür hart gearbeitet ihn immer auszustechen, um auch gelobt zu werden. Schließlich fing ich an mir das Lob in der Schule zu holen, was natürlich anstrengender ist, weil man da nicht nur einen Bruder, sondern viele Schüler ausstechen muss. Ich habe gestern meine Fehler in der Matheklausur gesehen und ich habe echt doofe Fehler gemacht. Mir fehlt ein halber Punkt zur 1,7. Wenn ich nicht immer unter so hohem Leistungsdruck stehen würde, hätte ich vielleicht nicht so doofe Fehler gemacht, die sich echt vermeiden lassen hätten. Dinge, die ich eigentlich wusste, aber in der Klausur nicht gerafft habe. Das ist doch frustrierend. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich mich insgesamt oft mehr anstrengen muss als andere Menschen. Auch mit dem Essen. Ich koche immer zu Hause, um einer fettarmen, gesunden Ernährung gerecht zu werden und andere Menschen essen das fette Essen in der Mensa, haben es bequemer und sind vielleicht trotzdem schlank. Ich find das unfair. Ich muss irgendwie viel mehr Disziplin an den Tag legen. Und meine Mama lobt mich eigentlich nicht, weil es so selbstverständlich nicht, dass ich funktioniere und im höchsten Maß selbstdiszipliniert bin. Deswegen war meine Krankheit psychisch in mancher Hinsicht sogar entlastend. ich musste weniger leisten und wurde trotzdem bewundert. Wobei ich aber dachte, dass ich doch immer an meinen Grenzen gehandelt habe und nicht erst nach meiner Diagnose.
Gut, dass ich für heute noch einen Termin bei meiner Psychologin habe.
Liebe Grüße
Kerstin
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Morbus Hodgkin, II B mit Riskofaktor, ED 4/06, 8x BEACOPP eskaliert,Bestrahlung, 1. Rezidiv 03/07, 2x Chemo mit DHAP, 20.06.07 SZT; Bestrahlung;Reha, 2. Rezidiv, 18.04.08 allogene SZT, 03.06.08 komplette Remission , 2019: Knoten im Brustkorb, 03/19 ED Peripherer Nerventumor, 6 Zyklen Chemo, Bestrahlung, OP, bestätigte Remission 01/20
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