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Alt 08.10.2013, 15:23
Frikadelle Frikadelle ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?

Hallo, Ihr Lieben!

Ich wollte mich mal wieder melden.

Eine ganze Zeitlang ging's mir wirklich gut. (Ich bin froh, dass es dieses Angehörigenforum gibt; da muss man kein schlechtes Gewissen haben, wenn man als Nicht-Kanker rumjammert.) Bei meinem Mann hat man auf dem CT Lungenrundherde gefunden - da bin ich natürlich in ein riesiges Loch gefallen! Erst so ein "bisschen" Hautkrebs - und dann Metastasen?! Da haben wir das erste Mal wirklich ausführlich über die Situation gesprochen. Es war auch das erste Mal, dass ich mich getraut hab, vor ihm zu weinen und zuzugeben, wie sehr es mich mitnimmt. Es war ein tolles Gespräch - und endlich sah auch er ein, dass es kein Schnupfen ist, was er da hat ...

Wir waren danach noch zwei Wochen im Urlaub. Wider Erwarten war dieser Urlaub schön - obwohl die Diagnose und die bevorstehende Lungen-OP natürlich ständig präsent waren. - Bei mir. Bei ihm nicht. Er war und ist SO zuversichtlich!

Drei Tage nach dem Urlaub die OP - und dann der Hammer: Die Rundherde in der Lunge waren harmlos! Nix Metastasen! Ich war sooo glücklich, schwebte auf Wolke sieben!

Leider hielt das nicht an. Inzwischen hat mein Mann die erste Nachuntersuchung (nur Haut und Lymph-Sono) hinter sich; alles ok. Ich weiß nicht, warum mich das nicht froh macht ... Er hat sich gegen eine Lymphknotendissektion und auch gegen Interferon entschieden, setzt statt dessen auf ganzheitliche Behandlung, Vitamine, Mistel, Nahrungsumstellung - und hat plötzlich den Sport für sich entdeckt! Die Reha hat ihm wahnsinnig gut getan und jetzt hat er sich (uns) im Fitnessstudio angemeldet und sich mit Laufklamotten eingedeckt. Wir gehen jetzt joggen und walken.

Ich stehe voll hinter dem, was er tut. Ich bin sooo froh, dass er sich nicht unterkriegen lässt und die Ernährungsumstellung und den ganzen Rest so für sich annimmt. - Und trotzdem bin ich psychisch wieder dort, wo ich ganz am Anfang war. Ich bin bei einer Therapeutin, mit der ich sehr gut klar komme - ob die Therapie was nutzt, kann ich nicht beurteilen. ER braucht und will gar keine Therapie. Er plant seine Altersrente (er ist 49!!) und wohin er noch reisen möchte. Ich wünschte, ich könnte nur halb so optimistisch sein wie er! Statt dessen lass ich mich total hängen, schaffe im Haushalt nichts mehr, hab keine Lust mehr auf Deko, Musik oder zum Weggehen ... Ich könnte den ganzen Tag bloß auf der Couch liegen und vor mich hinstarren. Gleichzeitig hasse ich mich dafür, denke: Wir müssten doch jeden Tag genießen, den wir haben?! Und vielleicht sind es ja noch viele, viele Tage. Ich kann doch nicht die nächsten Jahre SO leben! So auf dem Zahnfleisch gehen! - Wie komme ich bloß aus diesem Loch raus? Und: Wie soll es werden, wenn es meinem Mann schlechter geht, wenn ich JETZT schon jeden Mut verloren habe?! Im Moment geht es ihm blendend - er ist fitter als je zuvor -, das Untersuchungsergebnis war gut ... Was will ich mehr? Ich komme mir vor wie ein Jammerlappen ...

Kann das jemand nachvollziehen?

LG
Frikadelle
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