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Alt 06.01.2013, 09:45
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Andidepressiva / Beruhigungspillen für Angehörige

Liebe Carmen,

letztlich kann ich gar nicht mitreden, da es bei mir mein Vater war, der erkrankte und nicht mein Partner... Aber ich finde mich auch in deiner Beschreibung wieder...

Da kommen so viele Gefühle hoch und so unterschiedliche... Verzweiflung, tiefe Traurigkeit, Ohnmacht und auch Wut. Ich habe in meiner Wohnung getobt und geschrien, weil ich so wütend auf die Welt war. Ich hatte zu der Zeit das Zimmer meiner Tochter renoviert und wenn jemand gesehen hätte, wie ich mit dem Teppichmesser den Teppich "erstochen" habe, hätte man mich garantiert für eine Psychopathin gehalten. Dann bin ich heulend und schluchzend in mich zusammen gesackt. Ich konnte kaum mehr schlafen, höchstens 2 -3 Stunden am Stück und war nach einiger Zeit am Tag ziemlich aggressiv wegen des akuten Schlafmangels. Unkonzentriert bei der Arbeit, antriebslos daheim. Ich habe dann für mich entschieden, dass es so nicht weiter gehen kann und habe mir von meiner Hausärztin eine Überweisung geholt für Psychotherapeutische Hilfe. Nach einigen frustrierenden Telefonaten (Wartezeit von mehreren Monaten auf einen Termin) bin ich dann tatsächlich bei einer Psychoonkologin gelandet (ohne es zu wissen). Als sie hörte, dass ich akut Hilfe benötigte wegen der Krebserkrankung meines Vaters bekam ich innerhalb von drei Wochen meinen ersten Termin.

Ich weiß gar nicht, wie diese Frau es geschafft hat, doch mit nur drei Gesprächen hat sie mir geholfen. Ich wurde ruhiger und gefasster und ich lernte, mit meiner Realität umzugehen. Das bedeutet natürlich nicht, dass es mir seelisch gut ging, aber ich funktionierte wieder, so dass ich meinen Alltag leben konnte. Vielleicht würde es dir auch helfen, wenn du dir deinen Kummer, deine Ängste und Sorgen von der Seele reden kannst? Wenn jemand "Professionelles" sich deine Geschichte anhört und dir auf den Weg hilft? Langfristig wäre das sicherlich besser für dich als Tabletten. Ich weiß, dass ich einen riesiges Glück hatte, denn die Wartezeiten sind oft extrem. Aber vielleicht kannst du mal im Krankenhaus fragen? Dort gibt es auch Anlaufstellen für Angehörige. Meine Mutter war zu mehreren Gesprächen bei einer Psychoonkologin, die ihr ebenfalls sehr geholfen haben. Ohne diese Gespräche hätte sie nicht ihre innere Stärke wieder gefunden und meinen Vater daheim begleiten können. Eventuell wäre das auch für dich der richtige Weg?

Liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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