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Alt 28.05.2009, 12:01
BirgitL BirgitL ist offline
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Registriert seit: 01.12.2008
Beiträge: 470
Standard AW: Ich Und Meine Gefährtin ``LEA``.

Hallo!

Hab über die Geschichten hier sehr lachen und schmunzeln müssen, mich so manches Mal in der einen oder anderen auch wiedergefunden.
Deshalb hier der Bericht von meiner "Lea":
Ich hatte doch auch so eine Gefährtin.............

Schon zu Beginn meiner Erkrankung wurde ich darauf hingewiesen, dass 90 % der Betroffenen zu denen gehören, die eine „Lea“ benötigen.
Na ja, hab ich gedacht, vielleicht fällst du ja unter die restlichen 10 %?

Und wieder fiel mir der Spruch in meinem Poesiealbum ein, den ich in Schulzeiten wenig verstanden habe – und an den ich in meinem Leben schon des Öfteren zurückdenken musste:

„Ich hatt’ mir vorgenommen,
gerad durch die Welt zu kommen.
Es wollte mir nicht glücken,
ich musst’ mich öfters bücken.“

So habe ich mich, wie auch anders zu erwarten, schon frühzeitig um eine solche „Lea“ gekümmert. Wenn schon kahlköpfig, dann aber nicht „oben ohne“ unter die Menschheit, die hier doch sehr „verschroben“ und „sensationsgeil“ von neuen Ereignissen berichtet.
Na, auf einem Dorf eben – da ist das so!

Allerdings habe ich durch meine offene Art und Weise, mit meiner Erkrankung umzugehen, schon den einen oder anderen Rahmen hier gesprengt und in so manches weit aufgerissene Auge geschaut.

Daher wollte ich sie nicht so in Bedrückung bringen und habe für mich entschieden, nicht ohne meine „Lea“ dem Volk gegenüber zu treten.
Also hat sie mich, zumindest auf meinen Ausflügen, innerhalb der kahlköpfigen Zeit im letzten Jahr begleitet.

Und, ich muss sagen, KEINER hat bemerkt, dass ich sie bei mir hatte.
Jeder hat mich gefragt, ob ich beim Stylisten gewesen wäre.
Das hat mich auf eine Art auch stolz gemacht und war meinem Ego auch dienlich.

Doch, so bald ich auf unserem Grundstück war:
Der erste Handgriff befreite mich von ihr und sie kam auf ihren Ständer, jederzeit griffbereit für mich – wenn ich wollte. Statt dessen trug ich Stretchmützen in immer wieder mal anderen Farben. Auf diese konnte ich wegen der doch noch sehr kalten Jahreszeit (Februar) nicht verzichten.

Im Laufe der Zeit musste „Lea“ immer mehr auf ihrem Platz bleiben, denn, so schön ich sie auch fand, sie gehörte einfach nicht zu mir.

Die anfängliche Begeisterung, die natürlich auch von der praktischen Seite her kam (Waschen, Kämmen usw. in viel weniger Zeit – das Zurechtmachen vor dem Ausgehen beschränkte sich auf „einmal schütteln“ -Aufsetzen - fertig!), wich mehr und mehr.

Hinzu kam, dass im Laufe der Zeit, sich alle Gesichtshaare ebenfalls verabschiedeten.
So sehr bei mir auch große Freude über den verlorenen „Frauenbart“ bestand; über die verlorenen Augenbrauchen und letztlich auch die Wimpern (bis auf 5 Stück in der Mitte des rechten Oberlides) war ich doch sehr traurig. Und auch diese verließen mich kurze Zeit später.
Wie sollte es auch anders sein?

Damals habe ich meinem Spiegel gedroht, ihn schwarz zu streichen!

So lernte ich nach und nach, mein neues Gesicht zu akzeptieren.
Ab und zu versuchte ich, es mit einigen Make-up und Pinselstrichen für mich etwas annehmbarer zu gestalten; was aber leider in den meisten Fällen nicht gelang.
Gott sei Dank hatte ich ja meine Brillen, die dafür dann ein wenig Abwechselung in mein Aussehen brachten.

Als dann der Sommer kam, sprossen ganz spärlich die ersten „Flusen“ auf meinem Körper.
Dies bemerkte ich, als ich meine Sonnencreme auf den Armen verteilte.
Und – ein Blick in den Spiegel verriet mir – auch die Augenbrauen und Wimpern lassen sich so langsam wieder blicken.

Die ganz wild gewachsenen Flusen auf meiner Glatze hatten sich zwischendurch von alleine immer wieder verabschiedet. Und, sollte eine mal etwas länger geworden sein – sie widerstand meinem Zug an ihr nicht und klebte an meinen Fingern. Jedoch nicht, ohne mindestens einmal abzubrechen!
Überhaupt, das waren doch nicht meine Haare???!!!! Sooo dünn und zerbrechlich!
Ich hatte doch immer „Pferdehaare“ dick und hart!
Ich war gespannt, wie sie mal wiederkommen würden.

Das war dann Anfang Juli so. Die ersten Haarspitzen malten mir auf meine Glatze dunkele Punkte. Ich konnte es gar nicht lassen, immer wieder darüber zu streicheln. Ja, das waren „meine“ Haare – fest und hart und dick – und sie ließen sich auch nicht mehr bewegen, ihren Platz zu verlassen!
Ein tolles Glücksgefühl – ich war happy!!!

An diesem Tag verbannte ich meine „Lea“ auf den Schrank in eine Ecke des Badezimmers.
Hier sollte sie eine lange Zeit verbleiben, bevor ich sie dann – nach einem vorerst letzten Bad – in den Wäscheschrank steckte.
Alles in dem Glauben, DICH will ich eigentlich nie mehr aufsetzen – Aber noch sollst DU bleiben dürfen!

Meine Haare wuchsen und wuchsen. Allerdings nicht in die Länge, sondern im Kreis. Nach kurzer Zeit sah ich aus, wie die Teilnehmer des Hair-Musicals Ende der 60er Jahre. Was habe ich nicht alles ausprobiert, diese Haare in die "Gerade" zu bekommen! Farbe mußte her - nützte aber auch ncihts. Mit Dauerwellflüssigkeit die Krause herausziehen - brachte nur für eine kurze Zeit etwas. Hätte man mir gesagt: grün macht deine Haare glatt - ich hätt es mir sofort machen lassen!
Heute habe ich mich mit ihnen so geeinigt, dass ich sie schwarz/rot und ganz kurz trage.

Und meine "Lea" liegt immer noch da, wohin ich sie verbannt hatte!
Weiß sie schon, dass sie in Kürze wieder benötigt wird?
Zumindest wieder bei meinen Ausflügen?
Ich werde wohl auch diesmal nicht auf sie verzichten. Die vielen Stretchmützen oder irgendwelche Tücher sind keine wirkliche Alternative für mich.
Ich habe kein „Mützen- Tuch- oder Hutgesicht“. Habe ich noch nie gehabt.
Und ohne Haare schon gar nicht!

Also, mach dich bereit, liebe „Lea“. Dir stehen bald wieder Ausflüge in Aussicht, aber auch so manche Stunde Verweilen auf deinem Ständer! Denn zu Hause brauche ich dich nicht!

Und, es wird die Zeit kommen – so nahe bei Weihnachten – wo du wieder in den Wäscheschrank musst! Das verspreche ich dir und darauf kannst du dich verlassen!

Alles Liebe
Birgit

Geändert von BirgitL (28.05.2009 um 12:14 Uhr)