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Alt 17.06.2011, 18:40
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riedlenseppl riedlenseppl ist offline
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Standard AW: Erst Lunge, dann Knochen, nun Hirn: Ist der Weg zu Ende?

Ein liebes Hallo an alle, die hier lesen,

nun ist es schon über einen Monat her, dass ich hierher umgezogen bin, und wenn ich meinen ersten Eintrag lese, kommt mir in den Sinn, dass ich "damals" die Gedanken hatte: "Lebt sie in 4 Wochen überhaupt noch?"

Ja, sie lebt noch! Und darüber bin ich sehr glücklich!

Wenn auch manches sich verändert hat.

Ihre Verwirrung hat deutlich zugenommen. Oft fehlen ihr Worte, sie verwechselt Namen und Gegenstände, und wenn sie es doch immer noch mit einem Lachen erkennt oder quittiert, so glaube ich doch, auch manchmal ein wenig Verzweiflung in ihren Augen zu erkennen. Das macht mich traurig, weil es für mich keine Rolle spielt, ob sie etwas vergisst, oder nicht. Ich versuche ihr immer zu signalisieren, "Mach dir nichts daraus, uns fällt später ein, was du sagen wolltest..." Und wir wechseln das Thema.

Die Müdigkeit hat noch mehr zugenommen, wahrscheinlich liegt das aber auch mit an den Chemotabletten, die sie auf eigenen Wunsch wieder begonnen hat, zu nehmen.
Auf die Frage des Arztes, ob sie die Tabletten wieder nehmen wolle, antwortete sie "Na klar, ich muss doch etwas tun!" ...

Leider nehmen jetzt auch die Schmerzen zu. Meist im Rücken, manchmal aber auch im Kopf. Da sie große Probleme mit dem Schlucken von Tabletten hat, wollte sie gar kein Ibuprofen (was bis jetzt gegen die Schmerzen noch gut hilft, mit 1 Tablette pro Tag kam sie aus) mehr nehmen...
Wir versuchen es jetzt mit Novaminsulfon, und gestern hat es schon mal funktioniert.

Ihre Inkontinenz hat wieder stark zugenommen. Morgens schafft sie es nicht auf die Toilette und macht sich immer nass. Das ist schlimm für sie und sie entschuldigt sich dann immer tausend Mal bei der Betreuerin, die ihr aber jedes Mal versichert, dass das gar nicht schlimm sei. Sie ist wirklich nett.

Schmecken tut ihr immer noch alles, wenn auch der Hunger sehr gering ist. Schon nach dem fünften Bissen stöhnt sie, sie sei proppenvoll und könne nichts mehr essen. Wir lassen ihr einfach viel Zeit zum Essen (Vorteil der privaten Betreuung ) und am Ende ist der Teller doch meistens leer.

Auch ist sie insgesamt deutlich kraftloser geworden. Beim Spazierengehen ist sie recht langsam und kommt auch schnell aus der Puste, wenn man ein bisschen schneller geht oder leicht bergauf. Das Aufstehen vom Bett oder Stuhl, das Austeigen aus dem Auto, das selbstständige Anziehen, alles wird schwerer.

Aber: Wir versuchen ihr die Tage so schön wie möglich zu machen, wir kochen, was sie gerne isst, wir reden und lachen, wir machen kleine Spaziergänge, sitzen in der Sonne auf der Bank, schauen Fußball (), sie macht ihre Mittagschläfchen und genießt die Ruhe.
Über das Ende wird nicht gesprochen.

Nur gestern, da waren wir im Hospiz. Wir wollten es nur mal anschauen, denn "man muss doch wissen, wie es dort ist, falls man es mal braucht" (O'ton).
Da konnte sie mal kurz die Tränen nicht zurückhalten und man hat gemerkt, wie sehr sie sich doch auch vor uns zusammennimmt...
Bei der weiteren Besichtigung war sie aber voll des Lobes über das schöne Haus.

Ich frage mich nur, was will sie wirklich?
Eigentlich lieber in den eigenen vier Wänden sterben oder doch medizinisch sicher versorgt im Hospiz?
Irgendwann muss ich dieses Thema mal anpacken.
Nur wann ist der richtige Zeitpunkt?
Am liebsten wäre es mir, sie würde es selber äußern...

Seufz.

Euch allen, die ihr bei mir vorbei schaut, wünsche ich ein schönes Wochenende und alles Gute!

Christiane
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Mamsini
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Du warst wunderbar.
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