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Alt 28.06.2009, 22:58
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Jogilein Jogilein ist offline
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Standard AW: und wer kümmert sich um die Angehörigen?

Liebe Anju, ich finde es sehr gut, dass es mal jemand "wagt" darüber zu reden, wie es einem Angehörigen des betroffenen Angehörigen geht. Ich habe nämlich den Eindruck, "sowas", wird nicht gerne gehört. Der "gesunde" Angehörige hat immer da zu sein, alles zu machen, alles zu ertragen. Ich kann mich sehr gut in Dich einfühlen, auch wenn ich keine Kinder habe, dafür Schwiegermutter, u. Schwägerin, die einen auch noch "brauchen". Also, ein Patentrezept habe ich auch nicht. Ich verschaffe mir- wenn ich merke, dass meine Grenzen/Belastbarkeit überschritten sind, oder wenn möglich schon vorher- auch einmal lautstark Freiraum. Das heisst, ich sage sehr klar, u. deutlich, "ich kann nicht mehr, Feierabend!" Ich sage dann, dass auch ich mal auftanken muss! "Eine leere Batterie kann nix mehr geben". Aber leicht ist es nicht. Die Krankheit bestimmt das Leben. Mein Mann ist offenbar noch nicht so schlimm dran, wie Deiner. Info: Willi bekam Ende August 2007 die Diagnose tiefsitzendes Rektum-CA T4, G3, N0, M0. War also ziemlich agressiv der Sch....Krebs. Im Dezember2007 OP RO. Lange u. schwere OP. Das Tragen eines Stomas für den Rest des Lebens wurde notwendig. Inzwischen wurde Willi wegen Meta - glücklicherweise kein Tumor-, an der Lunge operiert. Diese Diagnose bekam er 2 Tage bevor er seine neue Arbeitsstelle- er ist seit 2005 arbeitslos- antreten wollte. Wieder wurde uns der Boden unter den Füssen buchstäblich weggerissen. Bei der Erstdiagnose war es ganz arg schlimm. Ich hatte nur noch das Gefühl auf sehr rutschigem sehr dünnem Glatteis runzulaufen, u. jeden Moment einzubrechen. Sogenannte" Freunde"- hatten eh kaum welche-, waren einfach weg. Ich stand ganz plötzlich genau wie Du mit allem allein da. Musste viele Dinge erledigen, auch vieles, was ich vorher nie gemacht habe. Auch wenn es vielleicht blöd klingt, bin ich stolz auf mich, das geschafft zu haben. Es wqar verflixt schwer. Willi brauchte lange, bis es ihm soweit wieder gut ging. Natürlich nicht mehr so gut wie vorher. Aber immerhin. Dann kam die blöde Meta. Tja, kein Job, bald kein Arbeitslosengeld mehr, Krankengeld schon ausgeschöpft. Zu all den Sorgen nun auch noch Existenzängste, die wir Beide haben. Erschwerend kommt hinzu, dass ich sehr kranke Augen habe, habe einen Schwerbehindertenausweis unbegrenzt gültig, GdB 90%, RF-Befreiung, u. auch noch andere gesundheitliche Probleme habe. Am schlimmsten sind die Einengung, die Einsamkeit, die Hilflosigkeit, die Wut. Wut auf die Krankheit, auf Willi, auf mich, auf sogenannte Freunde, die Familie, die es eh für mich nicht gibt. Mir hilft es Infos zu holen, gute Bücher, Filme, Fussball, Musik zu lesen, zu sehen, zu hören. Singen, u. selbst Musik machen hilft auch. Und vor allem mich mit mir selbst zu befassen. Leider gelingt es mir nicht immer, mir die dafür notwendige Zeit zu nehmen. Jetzt wurde es ein Roman. Aber ich finde diesen Austausch enorm wichtig. Man möchte ja dem Kranken helfen/beistehen, aber das kann man nur, wenn man selbst genug Kraft hat! Ob ich Dir weiterhelfen konnte, weiss ich nicht. Aber ich denke Austausch untereinander kann sehr hilfreich sein. Alles Gute, u. Liebe Jogilein. PS: Würde mich freuen, bis bald, von Dir zu lesen.
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