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Alt 14.10.2014, 22:59
MamaMax1978 MamaMax1978 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs bei Dad

Hallo Leute, es ist jetzt wieder eine lange Zeit seit meinem letzten Eintrag vergangen. Leider ist mein Dad nicht mehr da . Es fing Fronleichnam an. Meine Mom hatte mir nur geschrieben das es meinem Dad nicht gut geht und er im Krankenhaus auf der Palliativstation liegt. Ich bin am nächsten Tag gleich zu ihm gefahren. Bevor ich aber ins Krankenhaus bin, habe ich noch meinen Bruder abgeholt. Er war fix und fertig. Nur am heulen. Da dachte ich schon "jetzt komm ich zu spät". Wir sind dann zusammen ins Krankenhaus gefahren. Dad war sehr überrascht das ich da war. Immerhin liegen 320km zwischen uns. Er kam mir ziemlich fit vor. Zwar mächtig gezeichnet vom Krebs, Sauerstoffschlauch und regelmäßige Schmerzmittel. Aber ich dachte noch "ok er sieht nicht soooo schlimm aus, vielleicht ist es wieder so ein Tief und er berabbelt sich wieder!" Er machte mir "Vorwürfe" ob ich denn komme um mich zu verabschieden? Er wollte es nicht wahr haben. Machte Pläne für die Zeit nach seiner Entlassung und sah sich schon selber, wenn auch mit Sauerstoffgerät, wieder in seinem Büro sitzen. Er war noch nicht bereit los zu lassen. Wir waren dann jeden Tag, den ganzen Nachmittag bei ihm. Er hatte solche Angst vor dem Alleinsein, das meine Mom wieder im Krankenhaus bei ihm schlafen musste. Dann habe ich mit dem Arzt gesprochen und er machte mir klar, dass es nicht mehr lange dauern würde. Es könnte auch jeden Moment soweit sein. Ich bin dann 4-5 mal nach hause und wieder ins Krankenhaus gefahren. Ich hatte sogar meine Kinder noch einmal mitgenommen. Am 28.06. waren wir (meine Kinder und ich) nochmal im Krankenhaus. Er saß an dem Tag auf der Terrasse in der Sonne,hatte eine gesunde Hautfarbe und sah fast schon erholt aus (klingt blöd, war aber wirklich so!) hat Kaffee getrunken, Zeitung gelesen und hat nicht einmal seinen Sauerstoff gebraucht. Er war zu dem Zeitpunkt wieder der "alte Dad". Ich konnte und kann es bis heute nicht verstehen. Hatte mir doch der Arzt ein paar Stunden vorher noch so negative Sachen gesagt. Ich bin dann etwas erleichtert wieder mit meinen Kids nach Hause gefahren. Obwohl ich innerlich wusste das ich bald zurück kommen würde. Am Montag hat mein Körper dann gestreikt. Das war alles zuviel. Die Fahrten, die Ungewissheit, mein Mann. Also bin ich zum Arzt hab mich krankschreiben lassen und mir noch ein Medikament zur Beruhigung verschreiben lassen. Mein Hausarzt hat sich mit den Wörtern:"Machen Sie sich nicht verrückt, er stirbt sowieso!" von mir verabschiedet. Genau DAS was ich zu diesem Zeitpunkt NICHT!! hören wollte. An diesem Montag, habt der Stationsarzt auch mit meinem Dad gesprochen und ihm klar gemacht, dass er keine Zukunft mehr hat, er soll die letzten Tage geniessen. Ich glaube Dad hat es da richtig realisiert und los gelassen. Ich bin dann am Dienstag (01.07.14) wieder ins Krankenhaus gefahren. Dad ging es ganz schlecht. Er hat nur noch geschlafen. Nachmittag kam mein Bruder. Da wurde mein Dad nochmal richtig "wach" fing an zu weinen und meinte "jetzt geht es zu ende". Er hat es gespürt. Die Schwestern auf der Palliativstation haben sich richtig gut um uns alle gekümmert. Sie meinten dann nur, sie würden uns ein paar Schnittchen zubereiten, damit wir zusammen als Familie noch einmal Abendbrot machen könnten. Sie haben es auch gespürt. Dad hat sich richtig gefreut. Er saß mit uns am Tisch und hat auch ein paar Stückchen Brot gegessen. Er ist dabei aber immer wieder eingeschlafen. Dann hat er wieder die Augen aufgemacht, hat uns angesehen und gegrinst. Das war richtig schön. Ich habe diesen Moment extrem genossen, ich glaube wir alle haben ihn richtig genossen. Wir haben ihn dann in sein Bett gelegt, wo er auch gleich wieder ruhig eingeschlafen ist. Ich habe mich dann entschieden zusammen mit meiner Mom im Krankenhaus zu schlafen. Ich wollte eigentlich nur noch bei Dad sein, egal wie lange. Nur seine Nähe spüren. Heute weiß ich das es für mich schon der Anfang vom Abschied war. Die Nacht verlief sehr ruhig, war aber trotzdem der Horror. Er lag in seinem Bett, hatte schon Atemaussetzer und sich nicht mehr bewegt. Mom und ich lagen da und haben bei jedem Atemzug aufgehorcht. Geschlafen haben wir beide kaum, wir wollten aber auch nicht reden. Jeder wollte seine Ruhe. Morgens kam die Schwester und schaute nach uns. Sie sagte nicht viel, aber an ihrem Gesicht und an der gesamten Situation war uns klar, es ist bald soweit. Mittag kam dann der Stationsarzt. Er machte schon keine Visite mehr. Er sah Dad an und meinte nur er wäre schon ganz weit weg und die Zeit ist bald da. Wir sollten aber nach der Schwester klingeln, sollte Dad unruhig werden. Der Arzt verabschiedete sich dann in sein Feierabend und sein Gesichtsausdruck, seine Augen sagten uns schon, dass er Dad nicht mehr lebend sehen würde. Nachmittag kam dann wieder mein Bruder ins Krankenhaus. Wir saßen einfach da, unterhielten uns über alle möglichen Themen, beobachteten Dad und ja wir haben einfach nur auf DEN Zeitpunkt gewartet. Auch die Schwestern ließen uns in "Ruhe". Kurz vor 19.00 Uhr wurde Dad unruhig. Er hatte sich bis dahin nicht einmal bewegt. Er wollte sich sogar aufsetzen. Ich hab dann die Schwester gerufen und bin mit meinem Bruder vor die Tür. Sie hat ihm zur Beruhigung ein Mittel gespritzt (es würde mich heute schon interessieren, was sie Dad gespritzt haben, denn laut der Aussage des Arztes war die Höchstdosis Morphium bereits erreicht!) und uns dann wieder herein geholt. Dad lag im Bett, der Sauerstoffschlauch war weg, die Medikamentenpumpe mit dem Morphium war ausgeschalten. Dad schnappt noch ein paar mal nach Luft und dann war es auch schon vorbei. Ich sehe die Bilder jeden Tag vor mir, ich weiß ich war bei ihm bis zum Schluss. Das war für mich wichtig und richtig, aber es fühlt sich nach 3,5 Monaten immer noch so ..... unwirklich (komisches Wort, aber ich kann es auch nicht beschreiben) nicht real an. Aber ich bin auch froh, das ich die Menschen, die Schwestern, Ärzte und Therapeuten der Palliativstation kennen lernen durfte. Es ist wirklich der "Wahnsinn" mit welcher Herzlichkeit, Hingabe und Menschlichkeit,diese Leute, meinen Dad und auch uns Angehörigen, auf diesen schweren Weg begleitet haben. Es gab nie ein böses Wort, nie ein Augen verdrehen oder stöhnen. Es ist wirklich toll, das es noch solche Menschen gibt.

DAD ICH VERMISS DICH GANZ DOLL. ICH HAB DICH LIEB
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