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Alt 05.12.2017, 13:04
Kontrastpoetin Kontrastpoetin ist offline
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Beitrag Danke für alles!

Ich weiß nicht wohin mit meiner Trauer, mit dem Schmerz, der droht mich aufzufressen.

Dieses gefangen sein in der endlos Spirale aus Trauer, Wut, Funktionieren, Leere, Kälte und Einsamkeit hört nicht auf.

Ich erlaube es mir, hier einfach mal ein wenig meinen Weg niederzuschreiben.

Die ersten Erfahrungen mit dem Tod machte ich 08/2005, da war ich 10 Jahre alt. Mein lieber Opa ist gegangen. Er war die erste Person, die ich tot gesehen habe. Es war ein schrecklicher Anblick, ich bin schreiend raus gerannt. Danke Opa für die schönen Erinnerungen an Dich!
Ein halbes Jahr später, am 19.12.2005 kam mein sehnlichst erwarteter Neffe Elias auf die Welt. Ich war so stolz Tante sein zu dürfen. Allerdings wussten wir bereits, dass mit dem kleinen etwas nicht stimmt. Er hatte einen Herzfehler.
1,5 Monate fuhren wir täglich ins 55km entfernte Krankenhaus um meiner Schwester Kraft zu schenken, ihr bei zu stehen... Unser kleiner Engel nahm am 31.01.2006 seinen letzten Atemzug.
Es war ein tiefer und kalter Winter und durch eine sehr gute Betreuung des Beerdigungsinstituts hatten wir die Möglichkeit unseren kleinen Schatz für 3 Tage nach Hause zu holen.
In unserem Keller haben wir einen Abschiedsraum hergerichtet in dem der Zwerg in seinem kleinen Mini-Sarg lag. Freunde, Verwandte und Angehörige sind in diesen Tagen ein- und ausgegangen. Ich hatte Elias dort zum ersten Mal auf dem Arm, habe ihm vorgelesen, ihm erzählt und mit ihm Kassetten gehört. Meine Schwester hat seinen Sarg angemalt... Ich bin dankbar für die Zeit, die wir hatten.

Im Mai 2007 kam mein Neffe Lenny auf die Welt. Aber auch hier sollte meine Schwester kein 100% Glück haben. Ca. im dritten Monat wurden Unstimmigkeiten festgestellt. Lenny hatte ein Amnionband um beide Beine.
Meine Schwester stand vor der Wahl... OP während der Schwangerschaft durch die Bauchdecke oder nicht. Ohne OP wäre Lenny gestorben. Mit OP standen die Chancen 50/50, auch sie war in Gefahr. Sie entschied sich nach ein paar schlaflosen Nächten für die OP und so gelang es den Ärzten zumindest ein Bein zu retten. Das andere ist noch im Mutterleib abgestorben und wurde direkt nach der Geburt amputiert.
Heute ist Lenny 10 Jahre alt, ist begeisterter und aktiver Sportler, ein unheimlich kluger und einfühlsamer Junge und ziemlich auf zack. Auch wenn er öfter durch die eine Beinprothese nicht so richtig kann wie er gerne würde.
Ich liebe diesen kleinen Kämpfer, meinen besten Freund und bin so dankbar für ihn.

Anfang 2008 beklagte sich meine Mutter über zunehmend starke Rückenschmerzen. Zuerst dachten wir, es läge vielleicht am Beruf. Sie ist Altenpflegerin gewesen und das ständige Heben von den Bewohnern hätte nach den vielen Jahren den Rücken in Mitleidenschaft ziehen können.
Es wurden auf Rheuma getippt... sie bekam Krankengymnastik verschrieben.
Aber es wurde nur noch schlimmer. Im Mai 2008 dann die Diagnose: Krebs. Zunächst wurden nur die Knochenmetastasen diagnostiziert. Die komplette Wirbelsäule war bereits durchlöchert. Schließlich wurde der Tumor in der Brust gefunden - Brustkrebs. Meine Mutter kämpfte wie eine Löwin.
Seit Mai lag sie im Krankenhaus - auch hier fuhren wir täglich hin. Es gab ein paar gute Tage, aber es gab auch diese schrecklichen Tage - diese unbändigen Schmerzen. Dieses Leid, diese Wut - das alles war so unfair.
All die Erinnerungen an diese Zeit sind unglaublich klar in meinem Kopf verankert und doch verschwimmt alles.
Wir schafften es Mama noch aus dem Krankenhaus zu holen und in ein Hospiz zu bringen. Dort war sie 6 Tage.
Sie hat mir, ihrem jüngsten von fünf Kindern noch ein unglaublich großes Geschenk gemacht.
Als wir Samstag zu ihr kamen, berichtete sie Freude strahlend, dass ich heute bei ihr übernachte. Wir waren zwar überrascht...denn keiner wusste etwas davon... aber für mich war es eine Ehre, diese Zeit mit ihr zu verbringen.
Ich konnte noch mit ihr reden, wir frühstückten am Morgen zusammen unser liebstes Brötchen - Kürbiskernbrötchen mit Quark und Marmelade. Mama hat bis dato seit Wochen nichts mehr gegessen und wurde durch eine Magensonde ernährt. Sie stand mit meiner Hilfe auch noch einmal kurz auf - auch das gab es seit Wochen nicht mehr.
Damals war ich dreizehn - und obwohl ich wusste, dass Mama sterbenskrank ist, keimte in mir die Hoffnung auf, dass sie vielleicht doch noch mal nach Hause kommen würde.
Sonntag Nachmittag wurde ich dann abgeholt und fuhr nach Hause. Am nächsten Tag, 11.08.2008, hätte die Schule nach den Sommerferien wieder beginnen sollen.
Dazu kam es für mich nicht - ich stand schon im Türrahmen um zum Bus zu gehen, als mein Bruder anrief, dass er mich jetzt abholt. Wir fuhren zu Mama. Ich glaube, sie konnte uns noch wahrnehmen, hatte die Augen offen, konnte aber schon nichts mehr sagen.
Ich setzte mich sofort an ihre Seite und ließ ihre rechte Hand bis zum letzten Atemzug nicht mehr los.
Nachdem all ihre 5 Kinder da waren, glitt sie in einen sanften Schlaf. Ich beobachtete die ganze Zeit nur ihren Brustkorb, ob der sich noch hebte und senkte.
Und dann kam der Moment, als nichts mehr kam. Sie hörte ganz sanft auf zu atmen, kein Kampf, kein rasseln in der Lunge. Sie hörte einfach auf.
Und in dem Moment bin ich so panisch geworden und lief aus dem Zimmer raus, ich weiß nicht mehr wohin ich lief, einfach weg. Und ich schrie.
Die Stunden, Tage und Wochen danach sind so verschwommen und schwer. Ich spüre nur Leere, wenn ich an diese Zeit denke.
Meine Geschwister und ich haben alle zusammen den Sarg meiner Mutter bemalt. Wir wurden vom Beerdigungsinstitut (das gleiche wie bei Elias) sehr sorgsam betreut. Mama hat die gleiche Urne wie Elias bekommen. Eine dunkel blaue mit Sternen drauf. Sie ruhen direkt nebeneinander.
Danke Mama, du hast mir 13 Jahre soviel Liebe geschenkt. Danke für alles, für jeden einzelnen Moment! Ein Teil von dir lebt in mir und ich trage dich so sicher in meinem Herzen!

2009- im Mai. Kein Jahr später.
Die Diagnose wurde bereits im Sommer 2008 gestellt. Hirntumor.
So sehr in mir und meiner Trauer gefangen, nahm ich wenig von meiner Umwelt wahr.
Eine Klassenkameradin, Freundin war an einem Hirntumor erkrankt.
Wir wussten, dass Mareen krank war, aber was genau sie hat... das wurde uns erst ca. 2/3 Wochen vor ihrem Tod dem 07.05.2009 gesagt. Das wollte sie so.
An diese Zeit habe ich nun wirklich nur noch ganz verschwommene Erinnerungen. Das war alles zu viel.
Sie wünschte sich, dass wir alle normal gekleidet zu ihrer Beerdigung kommen, wir ließen jeder einen Luftballon für sie steigen, mit unserer jeweils liebsten Blume. Auf dem Schulhof pflanzten wir einen Baum für sie.

Bis 2016 - Ruhe.
Ich hatte Mühe mich die Jahre durchs Leben zu schleppen. Ich war depressiv, wollte selbst so oft meine Erlösung. Dieser innerliche zerreißende Schmerz, es tat alles so weh. Ich zog mich zurück... war viel alleine. Verlor Freunde, die mit mir, diesem traurigen, negativen und immer über das selbe nachdenkendem Wesen nichts mehr zu tun haben wollten.
Ich verpasste meine Jugend allein in meinem Zimmer. Ich wollte mir nicht helfen lassen - mir konnte man nicht helfen.
2011 kam ich mit meinem Freund zusammen, er ist tatsächlich bis heute an meiner Seite. Auch wenn er sich viel zurück genommen hat, immer darauf bedacht mir den Halt zu geben, den er geben kann. Danke mein Herz, für alles!
Irgendwie überstand ich die Schulzeit. Dann begann ich 2014 eine Ausbildung. Hier lernte ich neue Leute kennen. Leute, die nichts von mir und meinem Leben kannten. Ich nutze diese Chance und habe wieder lachen können, habe Spaß gehabt, hab mich auf Dinge eingelassen und eine beste Freundin gewonnen.

Dezember 2016 - mein Opa starb.
Er war in dem Sinne nicht mein richtiger Opa, als dass es nicht der Vater meines Vaters war. Den kenne ich allerdings nicht, ich kenne nur den Mann, den meine Oma die letzten 35 Jahre geliebt hat und der uns wie seine Enkel behandelt hat.
Er hat schon vor ein paar Jahren angefangen abzubauen. Hatte Parkinson und wurde sehr gebrechlich. Ende November fiel er und hatte einen Oberschenkelhalsbruch. Die OP verlief eigentlich recht gut, er war recht schnell wieder "auf den Beinen". Kam an Heiligabend nach Hause.
Meine Oma hat die letzten Jahre alles für ihn gemacht, ihn sehr aufopferungsvoll versorgt, ihn bekocht, alle Besorgungen bei Apotheken etc. gemacht.
Am 27.12.2016 ist er morgens früh neben meiner Oma liegend gestorben.

Leider trübt sich meine Trauer in Wut in diesem Fall. Nicht weil ich wütend auf ihn bin, um Gottes Willen.
Ich bin so unfassbar wütend auf die Kinder von ihm.
Sie haben meiner Oma die Zeit nach dem Tod zur Hölle gemacht.
Sind in die Wohnung von den beiden, haben das was es zu holen gab an sich gerissen... und damit meine ich das, was sie geldtechnisch bereichert.
Die wollten meine Oma aus der Wohnung haben, um diese zu verkaufen und noch mehr Kohle zu scheffeln.
Das konnten wir zum Glück abwenden.
Und dennoch, mein Herz ist in 1000 Stücke gerissen, als ich meine Oma in der Zeit danach sah, besonders an der Beerdigung am 13.01.2017. Ihr ging es so verdammt schlecht... sie hat sich eingeigelt, hatte keine Freude mehr an gar nichts. Ich hab versucht mein Bestes für sie zu geben und für sie da zu sein. Und das Gefühl einfach nur versagt zu haben.

Die Tage vergingen, Wochen vergingen... Meine Oma ist immer dünner geworden. Und wir alle dachten, dass es an dem ganzen Stress liegt, dass sie durch die Trauer keinen Appetit hat. Das ihr alles zu viel ist.
Meine Oma war meine engste Bezugsperson nach dem Tod meiner Mama. Sie hat sich wie eine Löwin für mich und meinen damals auch noch minderjährigen Bruder eingesetzt. Sie hat alles für uns gemacht. Hat uns und meinen Vater die letzten Jahre in allem unterstützt. (Der war auch ziemlich überfordert, auf einmal mit zwei Kindern alleine zu sein - meine Eltern waren getrennt). Hat uns geholfen den Haushalt auf die Reihe zu bekommen, hat für uns gekocht. Sie war einfach da, sie war alles für mich in den letzten Jahren.

Im August fing Oma an über Rückenschmerzen in der Nacht zu klagen. Sie ging zu verschiedenen Ärzten... es wurde nichts "gravierendes" festgestellt. Sie solle Krankengymnastik machen, die Matratze wechseln. Mehr Bewegung. Eine Frechheit!!! Oma war bis zum Schluss noch so aktiv. Sie ist kilometerweit noch mit dem Fahrrad gefahren, ist 2x die Woche mit einer Freundin walken gegangen, hat Wassergymnastik gemacht etc.
Aber sie gab sich damit nicht zufrieden, ist zu einem anderen Arzt gegangen, der endlich weitere Schritte eingeleitet hat. Magenspiegelung, CT, MRT.
Und dann am 11.10.2017 rief sie mich auf Arbeit an... Mein Schatz es wurde was in der Bauchspeicheldrüse gefunden.
Meine Alarmglocken schrillten. Der Boden riss sich unter meinen Füßen weg. Ich ließ alles stehen und liegen und fuhr zu ihr.
Sie war gerade dabei ihre Sachen zu packen und wollte mit der Bahn ins Krankenhaus fahren. So war sie... bescheiden. Immer darauf Bedacht anderen keine Umstände zu machen.
Ich fuhr sie natürlich ins Krankenhaus und blieb während der endlos langen Aufnahmeprozedur die ganze Zeit an ihrer Seite.
Die Tage im Krankenhaus vergingen, Untersuchungen wurden gemacht... und am 17.10.2017 - ihrem Ehrentag an dem sie 77 Jahre alt wurde - saß ich mit ihr im Arztzimmer und die niederschmetternde Nachricht prasselte auf uns ein. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Inoperabel. Metastasen in Lunge, Leber und Lymphe.
Alles brach in mir zusammen. Aber ich blieb stark und versuchte meine Oma zu stützen.
Am nächsten Tag wurde sie entlassen... In 1,5 Wochen sollte dann die Chemo beginnen.
Ich holte sie ab und brachte sie nach Hause. Blieb noch bis zum späten Abend und wir redeten. Über unsere Fassungslosigkeit, unsere Wut und diese ganz Unfairness.
Am nächsten Tag teilte sie mir mit, dass sie die Nacht wach lag und sich Gedanken gemacht hat... sie wolle keine Chemo machen. Ihre Freundin hat erst vor ein paar Wochen die selbe Diagnose bekommen, macht Chemo... und ihr ginge es elendig schlecht. Das wolle sie nicht.
Dafür hatte ich volles Verständnis! Ich bewundere ihren Mut. Meine Oma hat immer gerne gelebt, sie hätte gerne noch Zeit gehabt.
Und sie sagte immer wieder zu mir, wenn ich mit Tränen in den Augen vor ihr stand: "Kind, es ist so wie es ist. Man kann nichts ändern. Jeder muss einmal gehen."
Nun folgten ein paar gute Tage zu Hause, sie ging noch mit ihrer Freundin walken. Machte mit mir einen 1.5 Stunden Spaziergang, kochte, machte und tat. Bis es ihr ab dem 31.10.2017 immer schlechter ging. Am 04.11.2017 kam sie wieder ins Krankenhaus... mit unbändigen Schmerzen. Ich hab von 12 Uhr nachmittags bis 21:30Uhr bei ihr in der Notaufnahme gesessen. Sie stand kurz vor einem Darmdurchbruch, hatte zudem eine schwere Lungenentzündung.
Es tut so weh, diese Erinnerung an diese Augenblicke. Ich hätte ihr gerne alles Leid abgenommen, ihre Schmerzen. Diese Hilflosigkeit zermatert mich.
Nach mehreren Einläufen und Antibiotikum erholte sich Oma ein kleines bisschen. Und auch jetzt kümmerte sie sich wieder um andere, um ihre Bettnachbarin, anstatt um sich selbst. So war sie einfach.
Am 13.11.2017 kam sie dann wieder nach Hause. Es hieß erst, dass sie vom Krankenhaus direkt in ein Hospiz kommen solle. Sie berappelte sich soweit, dass sie sich ihren Wunsch erfüllte und doch noch mal nach Hause konnte.
Ich fuhr so gut wie jeden Tag zu ihr. Am 19.11.2017 wollte meine Oma unbedingt noch mal mit mir backen (sie ist in der ganzen Familie für ihre himmlischen Plätzchen bekannt).
Wir hatten einen schönen Tag... ihr ging es "gut". An dem Tag sagte sie, dass ich die Spritzgebäck-Maschine bekommen solle, wenn sie nicht mehr da ist.
Die folgende Woche ging es mehr schlecht als recht. Sie wurde zusehends schwächer... sie war so dünn geworden.
Ab dem 25.11.2017 lag sie dann nur noch auf der Couch und hat geschlafen.
Wir beschlossen zusammen, dass Oma ins Hospiz kommen solle... da wir die Versorgung, vor allem die Schmerzversorgung daheim nicht mehr gewährleisten konnten. So kam Oma am 28.11.2017 ins Hospiz.
Dieses war nur 5km von meiner Arbeit entfernt. Ich düste für zwei Stunden in der Mittagspause zu Oma und kam direkt nach der Arbeit immer wieder.
Ich hatte noch einige Momente mit ihr allein, in denen sie mir viel über sich, ihr Leben, ihre Eltern und ihre Kindheit anvertraute. Mein Freund kümmerte sich rührend um mich und besonders um meine Omi. Von ihm bekam sie noch eine ganz ausgedehnte Fußmassage, die ihr gut tat.
Ich versuchte so gut es ging da zu sein... ich hätte mehr machen sollen.

Am 01.12.2017 wurde ich um 10:00 Uhr früh von meinem Vater angerufen. Das Hospiz hat angerufen, wir sollen kommen.
Ich weiß nicht wie ich es geschafft habe von der Arbeit zum Hospiz zu fahren. Habe währenddessen meine Schwester angerufen, sie solle meinen Bruder bringen - ich kann nicht noch vorher nach Hause fahren und ihn holen. Habe während der Fahrt SMS an meinen Freund geschrieben, er solle kommen.
Ich stürzte ins Hospiz, war die erste die da war.
Oma erkannte mich noch, sagte noch meinen Namen, sagte mir, dass sie dankbar ist, dass ich da bin. Sie hatte schon extrem stark diese "Rasselatmung". Meine Tante und mein Onkel kamen und ich musste erstmal für einen Moment raus und bin in Tränen zusammen gesackt.
Nahm dann aber meine Kraft und ging wieder zu ihr. Mittlerweile war mein Vater und mein Freund eingetroffen, mein Bruder kam auch kurze Zeit später.
Dann bekam sie unbändige Schmerzen, ich hatte das Gefühl Oma erstickt, es hörte sich so schrecklich an. Sie bekam dann Schmerzmittel, zwei Spritzen innerhalb kurzer Zeit und wurde dann ruhiger.
Der Moment, indem sie noch bei Bewusstsein war, war vorbei.

Ich wich Oma nicht mehr von der Seite. Setzte mich zu ihr. Hielt ihre Hand, streichelte ihren Kopf, ihre Wange. Fühlte, ob ihre Beine kalt wurden, ihre Hände, Arme... kaltes weißes Dreieck im Gesicht. Ich wusste es wird bald soweit sein.
Es war sehr unruhig in dem Zimmer... ständig gingen meine Cousinen, Tante, Onkel, Vater, Bruder rein und raus.
Die Stunden vergingen... ein Pfleger fragte, ob bzw. wer über Nacht bleibt. Ich riss diesen Part an mich. Ich hätte niemals gehen können... Die anderen waren einverstanden damit.
Um 23.30Uhr fuhren meine letzten beiden Cousinen nach Hause. Nun war ich mit Oma allein. Ich saß bei ihr, konnte mich nicht auf das Klappbett setzen, was ich ins Zimmer gebracht bekommen habe.
Ich fand, dass Omas Atmung ruhiger wurde, flacher und rief die Pflegerin. Diese meinte, dass die Atmung noch recht regelmäßig sei. Ihre Beine sind auch noch gut durchblutet. Es dauert noch. Sie wolle jetzt noch eine Spritze holen... die letzte sei schon länger her.
Oma bekam die Spritze, die Pflegerin sagte zu mir, ich solle mich auch mal hinlegen... ich würde die Atmung von Oma ja hören und wenn irgendwas nicht stimmt, dann soll ich klingeln.
Die Pflegerin war keine Minute aus dem Zimmer... als ich nicht auf dem Bett sitzen bleiben konnte, sondern gucken musste was mit Oma ist. Sie wirkte so unruhig. Ich ging zu ihr, beugte mich zu ihr hin, ihre Augen waren geöffnet... Sie griff nach mir und sagte "Angst"... Ich bekam Panik, bekam kein Wort raus... Ich war wie versteinert... die Worte "Oma du musst keine Angst haben" kamen einfach nicht über meine Lippen.
Ich drückte die Klingel, diese blinkte rot und hing über Omas Kopf. Sie guckte die blinkende Klingel mit großen Augen an. Ihr Blick war so leer, so weit weg...
Die Pflegerin kam... ich sagte Oma hat die Augen auf.. und sie sagte "ja sie geht jetzt".
Ich verkrampfte. Hielt Omas Hand, strich über ihren Kopf. Ich war so hilflos. Ich merkte, wie das Leben Oma verlässt. Es sah aus, als würde sie wie eine Blume, die wunderschön blüht, verwelken.
Es kamen bestimmt noch 6/7 dieser Schnappatmenzüge. Das alles sah so verkrampft aus. Immer noch so kämpferisch, nicht los lassen wollend.
Und dann war Oma tot. Am 02.12.2017 um 00.30 Uhr ist sie gegangen.
Ich danke dir meine liebe Omi, dass ich in diesem letztem intimen Moment mit dir allein sein durfte. Ich danke dir für alles was du getan hast. Ich vermisse dich so unendlich.

Ich fühle nichts mehr seit dem. Alles fühlt sich schwer wie Blei an. Ich kann nur noch schlafen, bin immer müde. Esse nichts mehr.
Es fühlt sich an, als sei ich auch gerade am verwelken.
Das Leben ist so unfair. Wie soll das funktionieren, dass ich mich ein zweites Mal berappel, ein zweites Mal wieder versuchen muss aufzustehen. Es sind soviele neue Wunden dazu gekommen, zu den alten die jetzt wieder aufgerissen sind. Es tut alles weh.
Ich fühle mich schuldig, nicht genug getan zu haben. Ich hätte noch mehr für Oma da sein müssen, sie noch mehr unterstützen müssen.


Das wars.
Danke an diejenigen, die das ihr vielleicht bis zum Ende gelesen haben...

Geändert von Kontrastpoetin (05.12.2017 um 16:54 Uhr)
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