Thema: unheilbar?
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Alt 10.09.2002, 12:02
Gast
 
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Standard unheilbar?

Liebe Mira,
ja, viel kann ich Dir über den Lungenkrebs von Paps nicht sagen. Ich war im April/Mai im Urlaub in Australien und schon am Abflugtag hatte ich so ein merkwürdiges Gefühl und am Schalter fing ich an zu weinen und wollte nicht weg. Mein Mann meinte, dass da nichts wäre und ich Gespenster sehen würde. Paps hätte uns sicher informiert. Auch als wir ein paar mal anriefen und ich dezent nachgefragt habe, haben meine Eltern nichts gesagt. Meine Mum heult eigentlich sehr schnell, vor allem in dieser Situation, aber da konnte sie die Tränen und die Angst super verbergen. Als wir dann im Mai am Flughafen von meinen Eltern abgeholt wurden, war alles klar. Meine Mum hat nur geheult und Paps sa sehr schlecht aus. Zu Hause haben sie uns in 3 Sätzen gesagt, dass Paps in KH muß und eine Gewebeprobeentnahme darüber entscheidet, ob OP oder nicht. Nach einer Woche kam dann die Info: Keine OP. Oh Gott, ich hatte schon so viel in kürzester Zeit gelesen und habe gedacht, das war es jetzt wohl, wenn die Ärzte sich gegen eine OP entscheiden. Paps sagte mir nur, dass der Krebs schnell wachsend, geschlossen und gutartig sei und sie ihn mit einer Chemo (6 Durchgänge = 8 Tage Chemo, 3 Wochen Pause...)vernichten wollen. Meine Mum hat dann ein paar Tage später mit dem Arzt gesprochen und erfahren, dass mein Paps uns nicht die Wahrheit gesagt hat: Sein Krebs ist schnellwachsen, streuend und bösartig. Sie machen Chemo, damit der Krebs nicht mehr so schnell wächst, eventuell abgetötet wird und alles was schon im Körper ist auch vernichtet wird. Hätte man eine OP gemacht, wäre ihm der linke Lungenflügel entfernt worden und man hätte nicht sehen können, ob die Chemo überhaut anschlägt. Auch hieß es, dass es sein Glück sein könnte, dass man den Tumor so frühzeitig gefunden hätte und behandeln könnte.
Jetzt nach 4 Durchgängen hat man gesehen, dass der Tumor kleiner ist und die Chemo angeschlagen hat. Endlich mal ein kleiner Lichtblick, aber noch nicht der 100%ige Durchbruch und leider auch niemals eine 100%ige Heilung, aber ich werde Paps noch länger haben, als so, wie es am Anfang aussah.
Ja, wenn ich jetzt so meine Geschichte hier schreibe, hört sich das an, als wäre alles recht locker und trocken abgelaufen, aber dem war und ist nicht so. So wie bei Dir kam ein Hammer nach dem anderen - zwar nicht so hart, aber doch mehr als genug (Verdacht auf Hautkrebs bei mir, 2 Wellis gestorben, Opa mußte in KH und es sieht nicht gut aus ..) Mal redet mein Paps mit mir hierüber, mal ist er verstockt und will keinen Kontakt zu mir, mal hört er zu und läßt sich helfen, mal blockt er alles ab und auch mit meiner Mum ist das tagtäglich ein Wechselspiel der Gefühle und alles läuft über mich ab, weil ich die jenige bin, die sich schlau macht, die kämpft, die die Starke spielt und alle Gefühle auffängt und für beide da ist. Es zerrt ganz schön an den Kräften und ich sitze oft hier im Büro und kann nicht mehr und weine nur. Klar, ich habe total liebe Kollgeinnen und Chefs, aber keiner kann so in den Körper schauen und meine Gefühle verstehen, wie alle anderen hier im Forum mit dem gleichen bzw. ähnlichen Schicksal. Oft habe ich mir eine Schwester gewünscht, hier im Foum habe ich sie.
Keiner kann sagen, wie lange ich Paps noch haben werde, ob er viel leiden muß, ob seine Chancen gut stehen oder wie seine/unsere Zukunft aussehen wird. Ich weiß, dass ich meinen Paps irgendwann nicht mehr haben werde - und das tut weh - aber ich habe hier mit Hilfe im Forum gelernt, dass das auch zum Leben dazugehört. Klar, ich bin 33 Jahre alt und eigentlich erwachsen, aber so richtig erwachsen bin ich erst in den letzten Monaten geworden. Ich hätte mir erhofft, es auf eine nicht so schmerzliche Art zu werden, aber leider kann man es nicht beeinfussen. Dir geht es ja in der Hinsicht auch genauso.

Wie Du siehst, ich kann Dir nichts über die Art von Paps Krebs sagen. Er weiß auch nicht viel hierüber und ließt auch nicht die Berichte. Es ist seine Art und Weise, alles zu verdrängen, auf die Ärzte und mich zu hören und zu hoffen, dass es wieder wird. Ich habe ihm gesagt, dass nichts mehr wird, wie es mal war und er niemals mehr gesund sein wird, auch wenn wir diesen einen kleinen Mistkerl an seiner Lunge vernichtet haben. Es kann jederzeit wieder passieren, dass irgendwo ein Tumor aufkreuzt. Hart, ich weiß, aber realistisch. Das was zählt ist, dass jeder mithelfen muß und kämpfen muß - soviel habe ich gelernt, aber dass auch jeder mit dem Schlimmsten rechnen muß - leider.

Liebe Mira, Du hast eine sehr harte Zeit hinter Dir und vor Dir liegt eine ebenso harte Zeit. Genieße jeden Augenblick mit Deinem Bruder, sei ihm nicht böse, wenn er mal schroff oder ungerecht zu Dir ist, nicht mit Dir redet oder sich gemein verhält. Er macht eine harte Zeit durch und hat auch eine Menge Ängst, aber er braucht Dich jetzt. Ich weiß es, weil es mit mir und meinem Paps auch jeden Tag so ist und ich weiß, dass Paps froh ist, dass ich so tapfer bin.

Ich drücke Dich ganz dolle. Bleib hier im Forum, es wird Dir helfen (ließ mal all meine Berichte und Du wirst sehen, wie ich selbst mich von Mai bis jetzt geändert habe vom Schreiben her und welche Höhen und Tiefen ich durchlebt habe - klar, nicht so hart wie Dein Leben, aber ich glaube, auch irgendwann sind wir dran, dass auch wir was Positives dem Leben abgewinnen können).

Alles Liebe
Silke
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