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Alt 15.07.2004, 15:41
Gast
 
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Standard Warum nur so schnell???

Der Tag zuvor war so wunderschön gewesen. Meine Cousine feierte ihre Hochzeit und alles war einfach perfekt. Ich merkte zwar da schon irgendwie, dass es Papa(49) nicht so gut ging, aber ich dachte, er hätte sich vielleicht mit Mama gezankt.
Am 23. Mai 2004 fing sein Leidensweg an. Anfangs nahm niemand die Schmerzen besonders ernst, er hatte ja öfter mal kleine Beschwerden. Also trat er mit Mama seine lang ersehnte Reise nach Berlin an. Aber die Schmerzen wurden nicht besser und als er es nichtmehr aushalten konnte, machte er endlich auf mein Drängen hin einen Termin beim Internisten. 2 Wochen sollte er warten, bis sich endlich einer um ihn kümmern wollte. Aber so lange ging es nicht.
Der Weg führte ihn zum Hausarzt, der ihn am 17.6.04 mit Verdacht auf Gallensteine ins Krankenhaus Gunzenhausen einwies. Es folgten Magenspiegelung, Darmspiegelung, Computertomographie. Und immer war da seine Angst, dass sich aus seiner HEPATITIS ein Krebs entwickelt haben könnte, was keiner glauben wollte. Immer war da die Hoffnung, es könnten doch nur Gallensteine sein. Beim CT wurden auf der Leber sowie auf der Bauchspeicheldrüse Schatten sichtbar. Der Verdacht lautete: Pankreaskopfkarzinom mit Metastasen der Leber. "Wir können hier nichts für Sie tun. Sie müssen schnellstens in ein größeres Krankenhaus." Ich werde nie vergessen, wie ich mich an diesem Abend ins Auto setzte, auf das Lenkrad einschlug und schrie. Er sollte schnellstens verlegt werden, aber aus diesem "Schnellstens" wurden fünf lange Tage, in denen keiner helfen konnte und wir uns die schrecklichsten Sachen ausdachten. Zu allem Übel waren auch noch die Gallengänge verschlossen, sodass er eine Gelbsucht entwickelte.
Dann, am 28.06.04 wurde er endlich nach Erlangen verlegt. Wir steckten all unsere Hoffnung in die Ärzte und ihr Wissen. Ultraschall, ERCP, Leberpunktion zogen sich viel zu lange hin. Beim Ultraschall wurde noch ein Pankreaskopfkarzinom vermutet, welches die Leber, die zirrhotisch war, stark belasten sollte. Die Schatten auf der Leber wurden uns als Zirrhose und Blutschwämme erklärt. Dazu kam dann noch eine Aszites, die sie nicht behandeln konnten. Bei der ERCP wurde versucht, den 1. Gallengang frei zu legen, was nicht gelang. Also ein Neuversuch: Ein Stent wurde gelegt, der sich nach wenigen Tagen verstopfte. Sie versuchten es also noch einmal, legten diesmal einen größeren Stent ein, der aber auch kaum eine Wirkung zeigte.
Am 9.7.2004 um 18.30 Uhr bekam meine Mama nach der Leberpunktion dann die entgültige, schreckliche Diagnose, die unsere Welt zusammenbrechen lies: Was uns als Blutschwämme verkauft worden war, sind Lebertumoren, der größte (am 24.6.2004 noch in Gunzenhausen gemessen) fünf Zentimeter groß. Außerdem Tumorherde in den Gallengängen und am Pankreaskopf. Keiner weiß, welcher der Tumoren der Primärtumor ist. Am 12.7.2004 musste er durch die 4. ERCP, die auch keinen Nutzen hatte. Am 15.7.2004 dann ein weiterer Schock: Er hat innerhalb von 2 Wochen Krampfadern in der Speiseröhre bekommen, welche geblutet haben. Sie wurden während einer Magenspiegelung verödet.
Gestern hat mir der Arzt alles noch einmal erklärt, weil ich es nicht verstehen, nicht glauben konnte, dass mein geliebter Papa wirklich sterben soll. Auskunft von Dr. Zopf: "Es gibt keine Möglichkeit, ihren Vater noch zu retten. Die Tumoren sind zu groß, wir müssten ihm fast alle Organe entfernen. Chemo kommt nicht in Frage, da die Leber sie nichtmehr abbauen kann. Bestrahlung hilft bei dieser Krebsart nicht." Meine Frage nach alternativen Heilungsmethoden beantwortete er mir offen und ehrlich, aber es stellte sich auch hierbei heraus, dass es keine Möglichkeit mehr gibt. Es ist einfach zu spät. Dann fragte ich ihn noch, wie viel Zeit er ihm noch gibt. Er sagte: "Wir müssen in Wochen bis Tagen rechnen." Das Gesicht meiner Mama sehe ich noch immer vor mir, den Schock und die Angst in ihren Augen. Am Tag der Diagnose hatte es noch "Monate" geheißen. Gestern Abend musste ich meine Geschwister informieren, dass es jetzt sehr schnell gehen kann. In dieser Nacht habe ich kaum ein Auge zugetan. Der Gedanke, dass er es nicht einmal mehr über dieses Wochenende schaffen könnte, macht mich verrückt.
Heute morgen hat er nun einen Cava-Port gelegt bekommen, sodass er zumindest nicht verhungern muss. Montag soll er nach hause kommen. Wir haben alles in die Wege geleitet, ein Bett für ihn besorgt, in dem er hier bei uns allen friedlich einschlafen kann.
Wenn Gott es nur dazu noch kommen ließe, dass er es noch bis hierher schafft, dass er dann einfach ohne Schmerzen und in unseren Armen gehen kann. Alles was wir jetzt noch tun können, ist DARUM zu beten oder auf ein Wunder zu hoffen.

Die Frage die mich quält, ist, wie es nur so verdammt schnell gehen kann???
Vor nichtmal 6 Wochen war alles noch in Ordnung,die 1.Woche in Erlangen war in Ordnung. Er konnte essen, spazieren gehen, hat ganz normal geredet und mit uns gelacht. Und jetzt stehen wir kurz vor seinem Tod, er liegt fast teilnahmslos in seinem Bett, fantasiert, die Beine und der Bauch sind fast zum Bersten geschwollen vor lauter Wasser, er ist schrecklich gelb und bis auf die Knochen abgemagert.
Und Papa redet nicht darüber.
Wenn ich ihm doch nur noch "Auf Wiedersehen" sagen darf...

Ich kann euch allen nur sagen: "Verliert keine Zeit. Wenn ihr merkt, dass irgend etwas nicht stimmt, dann geht so schnell wie nur möglich zu den besten Ärzten. Verbringt so viel Zeit wie nur möglich mit dem geliebten Menschen und versucht, euch rechtzeitig von ihm zu verabschieden."

Wer weiß, ob meine Mama(48), meine Geschwister(27 25) und ich(18) dieses Glück noch haben werden.

Alexandra
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