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Alt 14.06.2010, 18:20
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Wasser13 Wasser13 ist offline
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Standard AW: Ich denke es ist das Ende

Liebe Inge,

ich schließe mich den Worten von Lady60 an ...

Auch ich kenne diese Situation ... den aufgedunsenen Bauch (Lebermetastasen), leichte Atemnot, die spitze Nase. Wir hatten damals einen Arzt an unserer Seite, der als Schmerztherapeut einen guten Ruf genießt und der es meinem Mann leicht gemacht hat. So konnten wir, das Ende vor Augen, die uns verbliebene Zeit tatsächlich in Ruhe verbringen (ja, harmonisch).

Ich erinnere mich noch besonders gut an unseren letzten Samstag. Wir wollten (und haben!) die Grillsaison eröffnen/t. Nur aus einem Draußen-Grillen ist nichts geworden - unser Arzt hatte uns nachmittags in's Krankenhaus geschickt (waren dort bis abends): sie sollten versuchen, noch Wasser aus dem Körper zu bekommen. Also gut. Hin. Mit dem Rollstuhl durch die Klinik (laufen war anstrengend geworden, der dicken Füße wegen). Ja, und dann sieht die Ärztin dort meinen Mann an und fragt: "... Und Sie sind noch Zuhause"? Ich traute meinen Ohren nicht. "Ja, selbstverständlich ist mein Mann Zuhause"! Ich konnte mir gar nicht vorstellen, warum das auch nicht so sein sollte. Na, so selbstverständlich sei das nicht ...

Ein Punktieren kam nicht mehr in Frage, ... das hat die Blutgerinnung nicht (mehr) zugelassen. Auf dem Ultraschall haben sie uns gezeigt, wie viel Raum die Leber inzwischen eingenommen hatte ... sie drängte die anderen Organe weg.

Sie schlugen uns Morphium(spritzen) vor. Okay, dann sollten sie ihm (meinem Mann) eben zeigen, wie die gesetzt werden. Nun, dafür müsse er über's Wochenende im Krankenhaus bleiben. "Was?! Hier bleiben? Nein!" - Nun, dann bliebe noch eine Morphingabe in Tablettenform - und damit drückten sie uns (war wohl für's Wochenende gedacht) eine Tablette in die Hand.

Mit diesem Medikament in der Hand ging's heimwärts. Ich sagte: "Bevor du das Teil nimmst, sprich' doch nochmal unseren Arzt an" ... (= auch unser direkter Nachbar, das macht's leichter ... - so ein Gespräch über'n Zaun ...). Na, der hat uns dann aufgeklärt: mit dem Teil im Bauch, schläft mein Mann bis Montag durch ... So hatten wir uns das nicht gedacht ...

Wir verließen uns auf unseren Arzt und starten damit beginnend in eine sanfte Schmerztherapie - und haben gegrillt.

Es folgten ruhige Tage: Sonntag, Montag - jeweils mit Kurz-Besuchern (Abschied-nehmen). Dienstagmittag hat sich eine Dame vom Pflegedienst vorgestellt - sie würde mich unterstützen, wenn es schlechter würde (Pflege? Kein Thema bisher für uns - Körperpflege hat selber gemacht, nur Duschen war alleine am Dienstagmorgen nicht mehr möglich - mit meiner Hilfe schon).

Unser Arzt war Dienstagmittag auch noch kurz da (hat in seiner Mittagspause bei uns reingeschaut) - und um 16:57 hat mein Mann zum letzten Mal geatmet; ich war an seiner Seite. Ich war fassungslos - es war dann so schnell, so unerwartet "passiert" ... Nie hätte ich mit Dienstag gerechnet ... - allerdings: in der Nacht von Montag auf Dienstag hat mein Mann mir im (Halb-?)Schlaf wohl sein Leben erzählt. (Ich war sooo müde, wurde von ihm dann doch immer aus dem Schlaf gerissen. Wortfetzen. "Was hast Du gesagt"? - "Nichts! Vergiss es! Ich habe nur geträumt".)

Liebe Inge, natürlich hat es weh getan, hinter mir lagen Verzweiflung und viele Tränen. Trotzdem bin ich dankbar, dass wir uns Zuhause verabschieden konnten - wir waren nicht durch eine Kliniktür von einander getrennt, ich hatte ihn immer vor Augen - und vor allem aber bin ich dankbar, dass er (dank Schmerztherapie) nicht leiden musste. So blieb ein kleiner Trost ...

In unserem Fall sind nun 5 Jahre verstrichen - und wie auch immer mein Leben weiter verläuft: ich wünsche mir, dass ich (egal, was kommt) auch einmal diese Stärke an den Tag legen kann, die mein Mann gezeigt hat. Ich denke heute, irgendwie sind wir beide an dieser Krankheit, diesem Abschied gewachsen.

Liebe Inge, auch ich ende mit lieben Grüßen und den Worten: ich hoffe, ich habe Dich nicht erschreckt - ich wünsche Dir für die nächste Zeit alle Kraft der Welt und dass Du das Unabänderliche annehmen kannst ...
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