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Alt 03.09.2005, 18:16
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: Alltag trotz der Sorgen

Hallo Tato,

wenn Du das Gefühl hast es allein nicht zu schaffen, könntest Du es mit professioneller Hilfe versuchen, z.B. einem/einer Psychotherapeuten. Ich hatte aus anderen Gründen schon eine Psychotherapie als es mit meinem Vater immer schlimmer wurde. Er hatte auch Darnkrebs. Letztes Jahr im Juni ist er gestorben.

Ich bin sehr froh und dankbar dass ich meinen Thera zur Unterstützung zur Seite hatte. Ausserdem habe ich mich im Internet phasenweise sehr intensiv mit der Erkrankung meines Vaters auseinander gesetzt (ich musste immer ganz in den Schrecken hinein gehen und wollte immer den "worst case" wissen, das hat mich komischerweise etwas ruhiger gemacht).

Sich hier im KK mit anderen Angehörigen bzw. Hinterbliebenden auszutauschen hat mir auch ganz oft geholfen, weil im "normalen" Umfeld viele garnichts darüber hören wollten. Allerdings erst nach dem Tod meines Vaters habe ich auch einige Bücher über Tod und Sterben + Verlust eines Elternteils gelesen, von denen ich wünschte ich hätte sie früher schon gelesen. Die Bücher + vor allem hier der KK haben mir das Gefühl gegeben nicht so allein mit diesem Schicksal (dass der Vater so krank ist und vielleicht bald sterben wird) da zu stehen. Und das hilft auch schon, finde ich.

Im Alltag macht das manchmal ganz schön einsam, so habe ich es jedenfalls empfunden. Wer will schon immer und immer wieder DAVON hören... die wenigsten, anscheinend, ist nun mal so.... Krebs und Tod und Trauer sind keine gern gesehenen Gesprächsthemen.

Ich finde es wichtig sich Hilfe zu holen + zu akzeptieren wo man sie bekommen kann. Im Familienkreis war das bei uns z.B. garnicht der Fall (alles kompliziert, meine Eltern auch geschieden, mein Vater neu verheiratet), dafür haben sich in der schwersten Zeit plötzlich langjährige Kolleginnen meines Vaters als sehr hilfreich gezeigt - also ist es bestimmt gut wenn man auch offen ist für Hilfe aus Richtungen wo man sie vielleicht garnicht erwarten würde oder früher nicht gesucht hätte.

Kannst Du mit Deiner Mutter über die Krankheit und den Tod reden? Bei uns wurde garnicht darüber gesprochen. Natürlich machst Du Dir Gedanken darüber wie es weiter geht. Dass Du Krankenhaus vermeiden möchtest, kann ich verstehen. Besonders wichtig wäre jedoch (wenn möglich...) heraus zu finden was deiner Mutter sich wünscht, falls sie sich damit auseinander setzt.

Eine Tante von mir starb 1/2 Jahr vor meinem Vater und sie hatte sich schon jahre vorher (da sie schon länger wusste dass sie Lungenkrebs hatte) ein Hospiz selbst ausgesucht. Das fand ich ungeheuer imponierend. Aber sowas können oder wollen nicht alle Menschen. Mein Vater ist nach OP-Komplikationen noch über 9 Wochen auf der Intensivstation gewesen bevor er starb. Da hatte er gar keine Wahl mehr, aber er hat auch vorher nie über das Thema gesprochen. Mal abgesehen davon dass cih auch zu feide war es anzusprechen, denke ich muss der Betroffene bereit dazu sein, man kann es nicht erzwingen. Naja ich hab es nicht mal versucht...

Es ist eine sehr schwere Zeit, ich weiss das. Wünsche Dir ganz viel Kraft.

Kerstin
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