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Alt 17.04.2003, 10:22
Gast
 
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Standard schlimme gedanken

Mörgelchen Ihr Lieben,

"Das hat mich jetzt verletzt, was Du sagst!" klingt eigentlich nach "Vorwurf" aber es ist nur eine Feststellung des eigenen Gefühls.

Der Satz ist was ganz Ernstes.
Angenommen, da sagt jetzt jemand zu mir (das kam auch schon mal vor): "He, das verletzt mich jetzt!"
Dann bin ich ganz verblüfft, DASS ich den anderen verletzt haben soll!
Ich kann da jetzt natürlich auf alle möglichen Arten darauf reagieren.
Ich kann z.B. "einsehen", dass ich den anderen verletzt haben könnte, und kann mich dann bei ihm entschuldigen.
Ich kann aber auch nichts "einsehen", aber dann liegt es an mir selber! Dann bin ich stur, dann finde ich, der andere ist "überempfindlich" oder was auch immer, und dann bringe ich irgend einen dummen Spruch. Den Spruch bringe ich aber, weil ich mir nicht "vorstellen" kann, dass ICH jemanden verletzen könnte. Oder aber ich bringe den Spruch, weil ich unbedingt WILL, dass der andere verletzt wird!
(Wenn ich das unbedingt WILL, dann ... habe ich aber ein zünftiges Problem!)

Aber der Satz des anderen, welcher mir gesagt hat, dass ich ihn verletzt haben soll, ... wird auf JEDEN FALL in mir weiter nachklingen! Denn ER hat etwas ausgesprochen, was ich eigentlich gar nicht hören will.
Und ich kann mich jetzt drehen und wenden wie ich will, wenn der andere behauptet, dass ihn das verletzt hat, so sind das SEINE Empfindungen, und die kann ich ihm unmöglich wegleugnen! Wenn ich's versuche, mache ich auf jeden Fall Zweite! Denn ER sitzt da, und IST verletzt! Das ist eine Tatsache! Jetzt muss ich halt schauen, wie ich als "Verursacherin" das mit meinem eigenen Gewissen vereinbaren kann. Und es GEHT auf's Gewissen!
Also wirkt es auf jeden Fall irgendwie.

Da spielt halt schon oft der eigene Stolz mit, weil man keine Schwäche oder einen Fehler zugeben will. Das ist menschlich, aber wenn man sich verletzt fühlt und dies auch sagt, dann ist das genau so menschlich.
Wenn ich jetzt zu meiner Schwester sage: "Hey, das verletzt mich jetzt, was Du da sagst!", dann konfrontiere ich sie mit ihren eigenen Worten. Das IST eine Konfrontation, denn ich habe den Ball wieder zu ihr zurück geworfen.
Jetzt kann sie zu mir abschätzend sagen: "Quatsch! Das IST so, wie ich sage! Wenn Du Dich verletzt fühlst, bist Du selber Schuld!"
Daraufhin kann ich wiederum sagen: "Quatsch! Verletzende Worte kommen von DIR, also hast DU ein Problem! - ICH sage Dir nur, dass mir das weh tut, was Du sagst!"
Kleines Ball-Spiel (grins!)!

Ja, Jutta, so wie Du schreibst; Du hast bei Deinem Bruder alles mögliche versucht, bist direkt auf Konfrontation gegangen, das ist super! Es hat zwar nichts genützt bei IHM, aber es hat was genützt bei DIR. (Doch, bei IHM auch ein bisschen, aber da ist er wohl noch nicht so weit, um das zugestehen zu können!) Und so kann man sehen, dass es nicht an einem selber liegen muss, sondern am anderen. Indem man "versteht", dass der andere da seine Probleme hat, und dass es eigentlich gar nichts nützt, wenn man da noch lange kämpft (man kann den anderen ja nicht ändern), so kommt man zu dem Punkt, wo einem der andere "Leid" tut, und wo man dann auch plötzlich vergeben kann.

Hmja, wir Frauen suchen eh oft die "Schuld" immer zuerst bei uns selbst. Das ist zwar toll, aber es kommt dann auch mal vor, dass wir darin stecken bleiben in diesem Schuldgefühl. Wir können uns dann gar nicht mehr vorstellen, dass da auch andere eine Schuld tragen könnten.

Conny, wenn Du es mit dem "Aufschreiben" probierst, solltest Du dabei vielleicht nicht an "Gefühle" denken, sondern es einfach mal planend "sachlich" hinschreiben. Die Gefühle kommen dann nämlich von selbst. - Ich denk mir das jetzt gerade so, wenn Du schon Mühe mit Gefühlen hast.
Wut und Groll zu "fühlen" ist aber sicher schon mal gut, das stimmt. - Hast Du schon mal versucht, die Wut und den Groll ... irgendwo "sportlich" raus zu lassen? Das hilft manchmal auch. (Deswegen habe ich mir letztes Jahr einen Boxsack angeschafft! Grins! Ah, ich sage Dir, das tut guuuuut!)
Aber wie gesagt, versuche das "Aufschreiben" mal ohne Gefühle. Das könnte dann so aussehen:
Eine Überschrift mit:
"Vater hat dies getan!"
Eine Überschrift mit:
"Ich habe so reagiert!"
Eine Überschrift mit:
"SO nicht mehr!"
Und darunter kannst Du dann alles raus lassen, was Dir gerade einfällt. Sachlich. Die Gefühle mischen eh immer mit. Aber denk einfach nicht daran. Du wirst Deine Gefühle dann trotzdem kennenlernen. Davor brauchst Du keine Angst zu haben, denn das was Du JETZT spürst, ... ist viel hässlicher als die anderen Gefühle.
Wut und Groll braucht es zwar, aber sie sind hässlicher als Enttäuschungs-Schmerz und Liebe. Mit Enttäuschungs-Schmerz kann man umgehen, denn da erkennt man, dass ja der andere "schuldig" ist, und dass der andere Probleme hat. So wie Jutta oben es von ihrem Bruder beschrieben hat.
Man braucht es nicht unbedingt zu "verstehen", WARUM der andere Probleme hat, aber man kann dann ... naja, Mitleid empfinden. Und da ist der Schritt zum Verzeihen nicht mehr weit entfernt.

Hui ja! Ich profitiere ebenfalls von diesem Gespräch hier. - Nur schon die Worte hier hinzuschreiben, hilft, die Gedanken klarer zu sehen. - "Die Wüste der Gefühle"! Grins! Jutta, bei mir ist's ein URWALD!
Bis späterchen, Ihr Lieben.
Es grüsst Euch die
"krasse" Brigitte
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