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Alt 25.03.2010, 02:37
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

hallo miteinander,

habe mir grad mal das ganze Thema durchgelesen.

Also... erstens... wenn jemand argumentiert, daß wir aufgrund unserer "deutschen Vergangenheit" dieses oder jenes nicht dürfen, dann krieg ich - ehrlich gesagt - Pickel! Himmel nochmal... diese Vergangenheit ist jetzt ein dreiviertel Jahrhundert her - und wir leben nicht mehr in der Nazi-Zeit. Heute noch damit zu argumentieren - noch dazu bei so einem Thema - ist völlig daneben.

Daß es geldgeile Angehörige gibt, wissen wir wohl alle. Aber auch die sind hier nicht wirklich relevant, denn die haben normalerweise - es sei denn, sie wären als Generalbevollmächtigte eingesetzt - eh nichts zu sagen. Daß ich solche Leute absolut zum kotzen finde, brauch ich wohl nicht extra zu betonen!?

Worum es doch geht, ist, ob man am Ende das Leben noch verlängert oder nur noch das Sterben. Und haben wir als Angehörige, Ärzte oder sonstige Personen das Recht, das Sterben zu verlängern? Haben wir das Recht, Menschen bis zum bitteren Ende, bis zum letzten Zucken zu quälen, bis dann der Körper endgültig nicht mehr weiter kann und aufgibt?

Und bitte... wo endet die passive Sterbehilfe, die ja inzwischen wenigstens weitgehend akzeptiert ist, und wo fängt die aktive an? Ist es denn nicht auch schon fast eine aktive Sterbehilfe, wenn wir Patienten so unter Morphium und Sedativa stellen, daß sie hinüberdämmern - ohne Schmerzen, ohne Angst, ganz friedlich? Wir wissen doch ganz genau, daß es auf diese Weise früher passiert - vielleicht nur ein paar Stunden oder Tage - aber früher als es die Natur tun würde.
Wenn man also die aktive Sterbehilfe ablehnt, dann muß man auch die terminale Sedierung ablehnen - und den sterbenden Menschen bei u.U. vollem Bewußtsein leiden lassen, sich bis zur Erlösung quälen zu lassen.
Und wer mag da daneben stehen und zusehen, wenn es um einen geliebten Menschen geht? Ich jedenfalls ganz sicher nicht - und ich würde es für mich auch nicht wollen.

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß es jedem Menschen freigestellt und erlaubt sein muß, über sein Leben UND auch seinen Tod selber zu entscheiden. Und wenn dieser Mensch sich für den Tod entscheidet aufgrund seiner Situation, aber es körperlich selber nicht mehr kann, man ihm auf seinen Wunsch hin dabei helfen dürfen muß.

Erst vor ein paar Tagen - ich weiß nicht mehr wo - habe ich einen Artikel gelesen über einen "beatmeten Kopf", der um seinen Tod gefleht hat. Am ganzen Körper gelähmt, nicht mehr fähig zu irgendwas, leidend ohne Ende - aber selber nicht mehr fähig, dieses Ende selber herbei zu führen.
Wie grausam und unmenschlich ist es, diesem Menschen zu erklären, daß man seinem Willen nicht folgen darf und auch nicht will, was noch schlimmer ist. Werden da Ärzte, Angehörige, Juristen, Ethikkomissionen nicht zu Folterknechten?

Wer gibt uns Menschen das Recht, einen Menschen zum Leiden zu verdammen? Wie gnadenlos und selbstgerecht ist das denn dann?
Kein Tier würde man so leiden lassen - Menschen aber schon!?

Ja... unter bestimmten Umständen bin ich durchaus auch für aktive Sterbehilfe - dann nämlich, wenn der unermesslich leidende Mensch es so wünscht. Und nur sein Wille sollte dann zählen - und nichts anderes.
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Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009