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Alt 08.10.2008, 07:43
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AndreaS AndreaS ist offline
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Registriert seit: 09.02.2005
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Standard AW: Ein Jahr später, Zeit DANKE zu sagen

Einmal im Jahr schreibe ich hier. Immer, wenn sich der dunkelste Tag wieder jährt.

So oft denke ich: Jetzt wird es besser, jetzt habe ich „es“ geschafft. Ich habe mein Lachen wiedergefunden, die Freude am Leben, es macht wieder alles Sinn. Und dann stolpere ich zurück, es gibt kein Halten, das Trauerloch hat schon gewartet. In diesem Jahr habe ich das Gefühl, es ist schlimmer als im letzten Jahr. Herbst Blues, ja er hat begonnen mit unserem Hochzeitstag. In diesem Jahr war es wie in der Anfangszeit, nach der Arbeit fiel die Klappe und ich habe den ganzen Heimweg geweint, um meinen geliebten Mann, um mich, um unser Leben, das so unerwartet früh geendet hat.

„Die Seele lässt nur soviel zu, wie sie gerade verkraftet“ weiß nicht mehr genau, wo ich es gelesen habe, aber ich erinnere mich an diesen Satz. Wie unterschiedlich waren meine Zeitreisen bisher. Immer eine andere Schublade, so auch in diesem Jahr.

Natürlich bin ich in meinem Job sehr nah dran, immer wieder mit derselben Thematik konfrontiert. Natürlich, im Hospiz geht es um Sterben und Trauer. Es fühlt sich richtig an, habe nach wie vor das Gefühl, auf diese Weise noch „etwas“ tun zu können. Eigentlich hat mein Chef mich auf Zeitreise geschickt, mich in eine Richtung gestupst, nicht bewusst, mehr allgemein gehalten, aber meine Seele war bereit und seine Worte erreichten mich. Er formulierte sinngemäß, dass unsere Verstorbenen einzigartig waren und dass sie uns in ihrer Pflegzeit unendlich viel gegeben haben. Alleine die bewundernswerte Art mit ihrem leidvollen Schicksal umzugehen. Voll Respekt denke ich daran zurück. Aber sie gaben uns auch das Gefühl, gebraucht zu werden, gaben uns Gelegenheit, uns zu „revangieren“ für jahrelange Fürsorge, die uns von ihnen entgegengebracht wurde. Sie schenkten uns ein Lächeln, wenn unsere Hoffnung am Nullpunkt war oder einen festen Händedruck, der so viel mehr sagen kann als tausend Worte. Und mein Mann schenkte mir eine letzte Umarmung und ein „ich liebe Dich“, wollte bestimmt sicher gehen, dass ich es weiß, wollte es mir mit auf meinen Weg geben, wenn die Verzweiflung kommt. Woher wusste er, wie tröstend seine letzten Worte sind.

Vier Jahre und ich bin so schrecklich traurig, noch immer. Das Grau hat sich wieder über mich gelegt, die Farben tun sich schwer. Vier Jahre, die mir die Antwort auf meine Fragen nicht geben konnten. Vier Jahre, die mich dennoch Dankbarkeit lehrten. Dankbarkeit für mein altes Leben aber auch Dankbarkeit für das, was mir in der neuen Zeitrechnung widerfahren ist.

Wie schön, dass es noch immer den Stammtisch gibt, meine Zufluchtsstätte, der Ort, der meiner Trauer gehört. Der Ort, an dem durch den Austausch Freundschaften entstanden sind, ehrlich und bedingungslos. Ich hoffe, dass er uns weiterhin erhalten bleibt, unser Stammtisch!

Barbara, nein ich habe nicht vergessen. Irgendwie bekommen wir es nicht mehr so wirklich hin. Aber meine Gedanken sind so oft bei dir, ich hoffe, du weißt das.

Meine liebe Briele, immer kommst Du angeflitzt, hast irgendwie den 7. Sinn. Ahnst, wie es mir geht. So gerne höre ich von deinen Eltern, von deinem Weg. Und weißt Du, ich kann es noch nicht fassen, wie man eine Briefmarke mit einem Frosch finden kann..

Meine Sonnenmacherin Bruni, meine beste Freundin Danke, dass es Dir noch immer nicht zuviel wird, dieselben Storys zu hören. Danke für Deine tollen Ideen, so einfühlsam und immer punktgenau. Danke für Dein „dicke Backen machen“, wenn mir jemand blöd kommt. Ganz wertvoll unser Mädchenlachen, ganz wertvoll unser Tränenwegblinzeln. Du wärst seine „Gurke“ und Du weißt, dass er das nur zu Menschen gesagt hat, die er mochte…Hey altes Mädchen, bist Du dabei?

Mein lieber Steffen, mein Gefährte und Komplize. „Geht es noch mal, geht’s auch von vorn“ (Rosenstolz, wer sonst) Ich denke, wir sind meist auf dem richtigen Weg. Es fühlt sich gut an. Deine Geduld mit mir und den Kindern, nach wie vor faszinierend. Dein Strahlen über Kleinigkeiten, so wunderbar, noch immer. Du lernst es immer besser, mich zum Lachen zu bringen. Und es tut so gut zu lachen. Der Zug fährt. Danke dafür.

Meine Schwästerin und Schwiemu, meine Brücke zum „alten Leben“ Ich bin froh, dass ich euch habe. Manchmal erschrecke ich, wie lange wir uns zwischendurch nicht sehen. Und dann erinnere ich mich: Im alten Leben war es auch nicht anders. Einfach zu wissen, dass wir für einander da sind, immer für einander waren, tut unheimlich gut.

Danke meine Kinder Irgendwie überrollt mich durch euch immer wieder das Leben auf so erfrischende Art. Auch wenn ich mich manchmal schon nach etwas mehr Ruhe sehne. Ihr seid alle so wunderbar. Ich liebe euch!“

Und auch heute ganz bewusst : Danke mein geliebter Mann. Dein Platz ist Dir sicher, unverändert. Hab Dank für deine Zeichen und dafür, dass Du immer den richtigen Zeitpunkt dafür wählst. Strom und Heizung sind repariert, aber ich hatte genügend lang „Schonzeit“

Feier das Leben, feier das Glück, feier uns beide, es kommt alles zurück
Feier die Liebe, feier den Tag, feier uns beide, es ist alles gesagt….(
Rosenstolz)

Ja, ich werde uns beide feiern, unser Glück und unsere Liebe. Wie seit vier Jahren. Wir werden auf dich anstoßen, alle, die Dich noch immer im Herzen tragen und die zwei wunderbaren Menschen, die Dich erst nach dem Tag X ins Herz geschlossen haben. Und ich hoffe darauf, dass alles zurückkommt, dass es ein Wiedersehen im Regenbogenland geben wird. Du fehlst mir so.

Ich liebe Dich Claus, habe Dich immer geliebt und werde Dich immer lieben.

Deine Frau, vier Jahre nun schon auf der anderen Seite des Regenbogens.
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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