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Alt 10.05.2007, 18:29
Shakira Shakira ist offline
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Registriert seit: 02.02.2007
Beiträge: 78
Standard AW: Profil: Angehörige stellen sich vor...

Hallo liebe Leute,

ich möchte mich hier auch vorstellen, ich bleibe mal bei meinem Synonym Shakira, hoffe, dass es euch nichts ausmacht. Schön, dass es dieses Forum gibt, man sich einfach mal was von der Seele schreiben, was viele andere vielleicht nicht verstehen würden!
Ich bin 33 Jahre alt, kinderlos, 1 Hund, 1 Pferd und einen kranken Mann....
mein Mann ist 36 Jahre alt und vor 4 Jahren an einem epitheloiden Sarkom (Weichteiltumor) im Oberschenkel erkrankt. Da dieser Krebs (weil selten) sehr spät erkannt wurde, hatte er auch schon Lungenmetastasen. Sein Leben hing an einem seidenen Faden. Nach OP und 6 Monate Chemo ging es ihm wieder recht gut - zwar konnte er nie wieder fehlerfrei laufen (durch den Tumor waren die Beinmuskeln zerstört), aber mit viel konsequentem Training hat er es geschafft, wieder einigermaßen und nur mit einem leichten Hinken zu laufen. Damit ging es uns 3 Jahre recht gut, wenn auch das Leben mit allerlei Einschränkungen gelebt wird.
Jetzt ist wieder alles da, vor 6 Wochen wurden wieder Lungenmetastasen entdeckt - nachdem man versucht hatte, die Angst die letzten Jahre zu verdrängen und optimistisch in die Zukunft zu blicken, haut es einen jetzt so richtig um. Nach 4 Jahren habe ich nicht mehr die Kraft wie damals, ich merke langsam, dass ich einfach nicht mehr kann.
Immer nur stark sein, immer durchhalten, immer sich selbst zurück nehmen und Rücksicht üben, alles mit einem Lächeln ertragen und ihm die Angst und Sorgen und Frustation nicht so spüren lassen - es zehrt mich auf.
Ich spüre, dass ich MEIN Leben wieder leben möchte, ICH bin jung und ICH bin gesund!!! Andererseits zerreißt es mir das Herz, wenn ich ihn so leiden sehe.
Vor allem - ich weiß nicht, ob ich das hier so schreiben kann, ich hoffe sehr, dass ich niemandem von euch "auf den Schlips" trete!!! - aber wir sind doch noch so jung, wir wollten eigentlich auch eine Familie gründen, ich hatte ihn gefunden und war mir sicher, nach x Fröschen endlich meinen Prinzen gefunden zu haben und jetzt..... was soll das? Er ist der beste Mensch, den es gibt, er hat es wirklich wirklich nicht verdient!!
Wenn ich andere Beiträge lese, wo die Eltern erkrankt sind, bekomme ich auch jedesmal eine Gänsehaut - mein Vater erkrankte vor 3 Jahren an Prostatakrebs, hält sich bis jetzt aber sehr gut. Er wurde operiert damals und bestrahlt, und nach einem halben Jahr ist er wieder voll in den Beruf eingestiegen und hat das Thema verdrängt - vor allem, da er wohl auch das Gefühl hatte, dass sein armer Schwiegersohn schlimmer dran ist.
Ich finde es so ungerecht - mein Mann hatte gar nicht die Chance, irgendwas im Leben aufzubauen; er fing gerade erst an, an seiner Karriere zu basteln und wurde brutal ausgebremst. So wie es momentan aussieht, wird er wohl auch nicht die Chance haben, Kinder auf dieser Welt zu hinterlassen - und damit etwas von sich.
Mein Vater wird Ende des Jahres 70 - er hat alles gelebt, was es zu leben gibt, er hat die ganze Welt gesehen, er hat zwei tolle Kinder in die Welt gesetzt, er hat eine Firma aufgebaut und hinterlässt so einiges von sich auf dieser Welt - mit seinem Tod könnte ich mich wohl besser anfreunden.
Vor allem - ich habe manchmal den Gedanken, naja, es ist zwar unglaublich hart und schmerzvoll, die Eltern zu verlieren und man kommt sich sicherlich plötzlich sehr allein und hilflos vor - aber es ist immer noch etwas, was die Natur im Leben vorgesehen hat, dass nämlich die Kinder irgendwann ohne Eltern weiter leben müssen. Solange es keine kleinen Kinder mehr sind, sondern erwachsene Menschen, ist das im Plan der Natur so vorgesehen. Schmerzhaft, sicher, aber man ist ja erwachsen und man ist in der Lage, sein Leben selbständig zu führen, man ist sozusagen "flügge" -
so sehr ich auch meine Eltern eines Tages vermissen werde, so sehr würde ich mir dennoch (groteskerweise??) wünschen, wenn ich einen Pakt mit dem Teufel schließen könnte, das Leben meines Vaters mit dem meines Mannes eintauschen zu können..... hört sich jetzt wirklich schrecklich an, ich weiß, aber ich denke, dieses Forum ist ja auch dazu da, mal Gedanken aufzuschreiben, die man sonst wohl noch nicht mal denken würde...

Manchmal, nach diesen 4 Jahren und mit einer Perspektive, dass es noch einige Jahre so weiter gehen wird, weiß ich nicht mehr, was ich mir mehr wünschen soll: Dass es ihm bald wieder viel besser geht und wir weiter machen können (das er mal ganz gesund sein wird, ist wohl eher unwahrscheinlich), sprich, ein paar Jahre ein halbes normales Leben führen und dann wieder Chemo etc, oder ob ich ihm manchmal nicht lieber einen schnellen Tod wünsche, ohne viel weitere Quälerei....
Immer wieder stelle ich mir vor, eine junge Witwe zu sein und frage mich, ob ich es schaffen werde, nochmal von vorn anzufangen... ?
Dann sage ich mir, dass ich zuschnell aufgebe - evtl. hat er ja Glück und könnte sogar noch 10 Jahre weiter leben...

jetzt habe ich schon viel zu viel geschrieben -
erstmal liebe Grüße an alle und viel Kraft!

Shakira
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