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Alt 19.12.2011, 01:04
Micha66 Micha66 ist offline
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Standard AW: Strahlentherapie bei NSCLC (PE-Ca)

Hallo Glatzkopf,

und willkommen in meinem Faden, auch wenn der Anlass des "Kennenlernens" sicher kein guter ist. Ich bin zwar auch ein gewachsener Glatzkopf - die Haare gingen halt größtenteils aus - bin aber kein Arzt. Dennoch denke ich, dass ich Dir auf viele Deiner Fragen zunächst nachvollziehbare Antworten geben kann, da ich ähnlich besch*** dran bin wie Deine Perle. Auch mir können die Ärzte durch eine Operation nicht mehr helfen. Es ist sogar so, dass eine OP prinzipiell mehr Schaden anrichten könnte, als dass ich da Nutzen von habe. Grund ist die Art des Tumors. Der NSCLC ist ein nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom. Dies kann z.B. ein Adenokarzinom, wie bei Deiner Frau oder ein Plattenepithelkarzinom wie bei mir sein. Der Typ hängt von der entarteten Ursprungszelle ab. Was aber beide Typen leider gemeinsam haben ist, dass sie sich mit ihrem Wachstum meist nicht nur auf den Lungenflügel begrenzen, wenn man sie spät entdeckt. Der Tumor wächst über den Rand der Lunge hinaus und infiltriert andere Gewebeteile des menschlichen Körpers. Folglich ist meist bei einer OP nicht nur der Lungenflügel herauszunehmen sondern auch weiteres umliegendes Gewebe einschließlich eines Sicherheitsrandes, in dem sich bereits befallene Zellen befinden können. Allein das macht eine OP oftmals schon unmöglich, weil ein solcher Sichheitsrand gar nicht mehr da ist, oder sich zu nah am Herzen befindet etc. . Da sind wir schon bei dem nächsten Problem - Einwachsen des Tumors evtl. in den Bereich des Herzbeutels. Ein Herausholen des gesamten Tumors ist hier fast unmöglich. Manchmal "knabbert" der Tumor sogar direkt am Herzen - bei mir bis vor kurzem auch an einer Rippe.

Weiteres Problem kann sein, dass der Tumor bereits wichtige Versogungsleitungen (Aorten/Venen) der Herz-Lungen-Region ummantelt. Kaum ein Chirurg traut sich, diese "abzuschälen". Und bedenke: solche Operationen lohnen sich nur, wenn man den Tumor restlos entfernen kann. Die Reste wuchern sonst genauso weiter, können streuen etc.

Und da sind wir schon beim nächsten Stichwort: Deine Perle hat in der Klassifikation des Tumors ein M1 bekommen, d.h. dass bereits eine Metastasierung/Streuung stattgefunden haben muss! Leider muss ich das so schreiben, auch wenn Du auf Deinen Glatzkopf geklopft hast. Wenn die Klassifizierung so stimmt, wie Du sie geschrieben hast (NSCLC cT4 N2 M1) hat er gestreut. Diese Metastasierung kann auch dadurch begründet sein, dass eine sog. Pleurakarzinose vorhanden ist, also dass sich in der punktierten Flüssigkeit bereits Tumorzellen befinden. Sobald er metastasiert hat, liegt es oft daran, wo die Metas sich befinden. Meist operieren die Ärzte dann auch nicht mehr, wenn die Metas sich in entsprechenden Organen angesiedelt haben. BEDENKE DABEI: Es ist und bleibt immer eine hammermäßige OP, wenn man einen Lungenflügel entfernt. Der Körper muss dem zusätzlich zu der Grunderkrankung Krebs gewachsen sein. Er muss die Wunden, die entstehen heilen können. Die grundsätzliche Erfahrung der Ärzte ist hier, dass es keinen wirklichen Überlebensvorteil in fortgeschrittenen Stadien gibt, wenn man operiert. Leider!

Zuallerletzt noch einen Hinweis. Das Wasser, was punktiert wird, befindet sich nur selten wirklich im Lungenflügel. Bei mir ist es im sogenannten Pleuraspalt, dem Zwischenraum zwischen der Lunge und der Brust-/Rücken-wand - meistens hinten. Dazwischen hat jeder Erwachsene eh etwas Wasser, damit wir beim Atmen nicht "quietschen" sozusagen. Dies kann mal mehr, mal weniger sein - reguliert sich beim Gesunden von alleine. Beim Erkrankten transportiert der Körper mehr Wasser dorthin wegen der Reizung, durch Entzündungssymptome etc. . Der Körper überreagiert in seiner Schutzfunktion sozusagen. Dadurch bilden sich diese Wasseransammlungen. Ich hatte ja auch bereits etliche Punktionen - derzeit hält sich der Pleuraspalt allerdings zum Glück stabil.

Zuletzt noch etwas in eigener Sache und an die geneigten Mitleser, Mitkämpfer und die Mädels: Pamifos konnte letzte Woche laufen, Lufu war gleichbleibend, im Blut die Entzündugswerte wieder etwas hoch, aber die letzte Bestrahlung hatte es wirklich in sich - die Lymphbahnen meckern wie verrückt. Röntgenbild war i.O., so dass auf ein CT erstmal verzichtet wurde. Heute vormittag um 10.00 bekomm ich wg. der Digitalisierung ein 24h-EKG zur Kontrolle. Deshalb wird das nu Zeit fürs Bett.

Für weitere Fragen stehe ich Dir Glatzkopf gerne zur Verfügung und hoffe, dass ich etwas Licht ins Dunkel bringen konnte.

Guts Nächtle Euer Micha

Geändert von Micha66 (19.12.2011 um 21:26 Uhr)