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Alt 26.08.2014, 16:04
zarah zarah ist offline
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Standard AW: Einfach gefrustet

Hallo FräuleinWunderBar, hallo catw31!

Sorry wenn ich Widerspruch anmelde, ich habe im Moment auch nur wenig Zeit, daher möglichst kurz. Meine Perspektive: ich habe in den letzten Jahren meinen Bruder durch eine schwere Krebserkrankung und schließlich in den Tod begleitet. Klar muss man sich entscheiden, ob man das tatsächlich will und dann auch durchhält. Ich habe mich dafür entschieden. Ich habe es durchgehalten. Und im Nachhinein bin ich, auch wenn das jetzt vielleicht seltsam klingt, meinem Bruder sogar dankbar. Es war eine Ehre, ihn auf seinem Weg begleiten zu dürfen. Eine Erfahrung, die mich viel gekostet hat, die ich aber dennoch nicht missen möchte. Es ist trotzdem, finde ich, völlig ok, intensive Gefühle des Verlusts und auch des Ärgers (eben jenes "Verdammt, ich will das nicht, ich will da raus, ich will mein Leben zurück!") zuzulassen. Diese Gefühle sind ja da, sie sind real. Diese verdammt Krankheit verändert (und zerstört) Leben. Und zwar nicht nur das von Betroffenen, sondern auch das der Angehörigen.

Natürlich spricht man negative Gefühle und Zweifel dem Erkrankten gegenüber nur an, wenn dieser von sich aus auf das Thema zu sprechen kommt. Aber wenn dieser nicht darüber sprechen möchte, sondern eher einen Sonnenschein und Hoffnungsträger als Begleiter braucht (sein gutes Recht, selbstverständlich nimmt man darauf Rücksicht), dann kann es ungeheuer wichtig sein, ein Ventil für die "negativen" Gefühle zu haben. Bei mir waren das zwei gute Freunde, eine Psychoonkologin und später eine Trauerbegleiterin im Hospiz. In den Gesprächen mit ihnen hatte ich den Raum, Trauer, Zorn, Zweifel und hilflose Frustration auszusprechen. Diese Gespräche waren mein Ort, das war der Bereich, wo es um mich (und nur um mich) ging. Das hat mir unglaublich gutgetan und sehr geholfen. Gerade weil ich dort auch negative und egoistische Gefühle benennen (und auch manchmal einfach jammern) durfte, konnte ich danach wieder mit aller Kraft und Eindeutigkeit bei meinem Bruder sein.

FräuleinWunderBar, du schriebst, dein Freund sei in Heidelberg in Behandlung. Angehörigenberatung findest du dort am NCT. Aber egal ob auf dem Weg einer Angehörigenberatung oder auf andere Weise: Ich möchte dich ermutigen, dir Freiräume zu nehmen, wo es vor allem um dich geht. Klar steht ein schwer Erkrankter, egal ob Angehöriger oder Partner, an erster Stelle. Das heißt aber nicht, dass man seine eigenen Emotionen komplett aufgeben sollte. Im Gegenteil: Gut für sich selbst zu sorgen, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, ist Voraussetzung dafür, für andere sorgen und dasein zu können.

Alles Gute, zarah
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