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Alt 18.09.2006, 22:25
Bellinda
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Standard AW: ein unbezwingbarer Berg?

Zitat:
Zitat von Lucie
Hallo Willy..
vielen Dank für deine lieben Worte.. ich weiß das ich für meine Familie da sein muß,und natürlich auch werde..mehr als ich es sonst schon war und bin,denn sie bedeutet mir alles....( wir haben einen Sohn von 14 der seit Geburt an an einer Plexusparese leidet,und von Geburt an grad in den ersten Jahren ganz intensive Betreuung/ Krankengymnastik usw brauchte) und trotzdem oder grade deswegen werde ich versuchen mir einen gewisssen Freiraum auch zu erhalten...Möglichkeiten auch für mich,mich mal zurück zu ziehn,um so wieder Kraft zu tanken,mich auch weiterhin mit meinen Freunden treffen usw,meinem Hobby nachgehn wie es zeitlich drin und dran sitzt,denn nur so kann ich die nötige Kraft schöpfen..mag sein,das es sich im ersten Moment etwas egoistisch anhört,aber so ist es sicherlich nicht gemeint..natürlich werde ich alles erdenkliche für meine Familie tun...

Liebe Lucie,

deine Einstellung und Herangehensweise finde ich ganz toll und sehr GESUND (nicht egoistisch!) - ich bin sicher, so werdet ihr es gut schaffen - so eine schwere Erkrankung ist auch eine große Chance für eine Familie und Beziehung, noch mehr Tiefe und Nähe zu gewinnen.
Aus der Erfahrung einer ehemaligen Patientin kann ich dir auch sagen, dass es dem/der Kranken guttut, wenn er sieht, dass seinE PartnerIn sich auch Zeit für sich selber nimmt!!! Denn wenn du krank und elend, nur zum Annehmen "verdammt" bist und zuschauen musst, wie sich dein Partner völlig kaputt macht, er muss ja seinen normalen Alltag bewältigen, deine Pflichten noch teilweise übernehmen und dann auch noch seine eigenen Ängste bewältigen, die plötzliche Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit.... , dann ist das Allerschlimmste das schlechte Gewissen, ihm das alles aufzulasten, nicht mehr gleichwertigeR PartnerIn zu sein, nicht mehr selbest unterstützen zu können. (Du kennst ja meine Geschichte aus dem anderen Thread mit Struwwelpeter - mein Partner ist irgendwann unter der Last zusammengebrochen und hat einen für mich sehr schmerzhaften Fluchtweg gesucht....) In der Situation eineN ParnterIn zu haben, der/die mit gutem Gewissen zwischendurch auch für sich selber sorgt, kann ich mir sehr heilbringend vorstellen.

Und noch etwas: der Krebs nimmt zwar durch Therapien, Sorgen, Ängste viel Raum ein, aber das Leben ist nicht nur Krebs. Manches geht vorübergehend nicht, aber auch als Krebspatient bist du immer noch der Mensch, der lieben, lachen und Freude haben kann und für den es ein Stück Lebensqualität und Selbstbestätigung bedeutet, wenn er möglichst viel von seinen bisherigen Aufgaben und Lebensgewohnheiten weiterführen kann (also bloß nicht alles abnehmen nach dem Motto "du musst dich schonen", sondern nur die Hilfe geben, um die du gebeten wirst, bzw. keine Scheu, immer wieder ganz konkret zu fragen "was brauchst du - was kann ich für dich tun"). Das war meine wichtigst Erkenntnis des Krankseins: Wir Kranken müssen unseren Angehörigen sagen, was wir von ihnen brauchen oder uns wünschen. Denn seltsame Reaktionen der Umwelt oder auch Rückzug beruhen meist auf Hilflosigkeit. Die Willigkeit ist da und die Leute sind dankbar, wenn man ihnen sagt, was sie tun können.
Du sorgst für deine Lieben, indem du für dich sorgst,

ganz viel Kraft für dich und die besten Genesungswünsche für deinen Mann
möge das Ganze für euch in der Rückschau zu einer der wertvollsten Erfahrungen eures Lebens werden!


Bellinda
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