Einzelnen Beitrag anzeigen
  #62  
Alt 07.04.2013, 12:01
edith57 edith57 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.10.2010
Ort: Österreich
Beiträge: 655
Standard AW: Papa, bitte trag mich zurück ins Leben

Liebe Nina,

Ich habe ziemlich gleich nach seinem Tod die meisten seiner Sachen seinem Freund mit nach Hause gegeben, habe ihm gesagt er soll alles in Ruhe anprobieren und was ihm passt und er auch haben möchte, soll er behalten. Er hat dann auch einiges genommen und trägt immer wieder mal ein Stück von Sigi, wenn er mich besuchen kommt. Das freut mich sehr und tut mir auch gar nicht weh, wenn ich die Kleidung meines Mannes an seinem Freund sehe. Ich weiß, dass Sigi das gefallen würde. Den Rest hat er mir wieder zurück gebracht und der ist wieder in seinen Schrank gewandert.

Ich selbst habe mir seine Jeans behalten, ich musste sie zwar kürzen, aber sonst passen sie. Und seine Flanell-Arbeitsjacken habe ich auch alle behalten, die trage ich, wenn ich irgend etwas ums Haus herum mache - obwohl sie mir um Meilen zu groß sind. Die habe ich schon immer angezogen, wenn er wieder mal im Krankenhaus war und somit ich für den Außenbereich zuständig.

Ein paar seiner Schuhe, die so gut wie neu waren, habe ich an 2 Nachbarn weiter gegeben, die seine Schuhgröße haben. Jetzt habe ich noch jede Menge T-Shirts, Trainingshosen und seine Sportschuhe - sowie die heißgeliebten Crocs. Und von dem Zeug kann ich mich einfach nicht trennen. Das lass ich so lange im Schrank, bis ich das Gefühl habe, dass es jetzt gut ist. Sein Lieblings-T-Shirt und das Unterhemd, das er zuletzt getragen hat, sind schon lange auf der Seite, das wird NIE weg gegeben werden.

Interessanterweise habe ich auch gleich am Anfang nach seinem Tod ein paar Notizzettel von ihm weg geschmissen, weil irgend etwas oben stand, was schon lange erledigt war, das hat mir überhaupt nichts ausgemacht. Irgendwann hat sich das jedoch geändert und inzwischen hüte ich jedes kleinste Zettelchen mit seiner Handschrift - und das sind sehr viele - wie einen heiligen Schatz. Mein Mann hat sich ständig Notizen gemacht, hat alles aufgeschrieben und so gibt es jede Menge davon. Und die sammle ich inzwischen in einem extra dafür angeschafften schönen Geschenkkarton. Und ich bringe es nicht übers Herz, auch nur einen davon weg zu werfen, ich habe jetzt das Gefühl, dass ich ein Stück von ihm weg werfe. Und mit jedem Stück von ihm, das ich weg gebe, ist ein kleines Stück weniger von ihm bei mir.

Zum Glück brauche ich den Platz nicht unbedingt und so kann ich mein Bauchgefühl ausleben und meine Schätze horten. Ich bin jedoch sicher, dass ich die Sachen nicht bis an mein Lebensende aufbewahren werde. Irgendwann werde ich sicher damit beginnen, das eine oder das andere weg zu geben und es wird nicht mehr so weh tun.

Vertraut einfach eurem Gefühl - ihr merkt ganz genau, was schon geht und was noch nicht. Ihr müsst nichts überstürzen, sonst tut es euch vielleicht später einmal leid darum.

Und geh so oft zum Friedhof, wie es dich hin zieht. Ich bin bei meiner Mama am Anfang auch manchmal 2 x täglich hin gegangen - inzwischen, nach fast 8 Jahren, gehe ich noch 1 x pro Woche - aber ich denke jeden Tag an sie.

Und wenn die Urne meines Mannes nicht bei mir zuhause sondern auf dem Friedhof wäre, würde ich wahrscheinlich dort zelten - es würde mich ständig dorthin ziehen. So habe ich es jetzt natürlich gut. Mein Mann ist bei mir zuhause und so kann ich immer bei ihm sein.

Liebe Grüße
Edith
__________________
mein Mann:
NSCL ED 21.10.2010
nach langem Kampf ins Licht gegangen am 30.11.2012
für immer in meinem Herzen

http://www.youtube.com/watch?v=ibREmAkEgJo
Mit Zitat antworten