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Alt 08.02.2008, 02:28
Shivanarama Shivanarama ist offline
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Standard AW: Nun hat`s meinen lieben Papa auch erwischt.............Guten Tag erstmal.

Hallo Estella und alle anderen hier.............................leider gar keine guten Nachrichten von uns....................leider hab ich kaum Kraft um den Pc zu aktivieren, - bzw......kaum den Kopf zum texten,- bin z.Zt. sooooo kraftlos und erschöpft und brauche alle Kraft um die Besuche im Krankenhaus durchzustehen die mich einfach nur nur nur traurig stimmen.

Also: Am 28.01. hatte mein Vater ja die Aufnahme auf der Chirurgischen Station,- wir alle hatten ja fest im Kopf ,- daß erstmal schnellstens ein CT gemacht werden sollte und eine Magenspiegelung,- denn alle letzten Diagnosen stammten ja noch aus der ersten Klinik mit der wir nicht so wirklich glücklich waren,- also aus Sept.Okt. ...........dann lief ja die Chemo an,- bis zum 22.12.07 und danach die Erholungspause bis eben zum 28.01.08......und:????

Am Aufnahmetag kam erstmal die Visite und sagte zu meinem Vater: Tja,- am Mittwoch ist dann ihre OP,- CT und Magenspiegelung machen wir gar nicht erst,- am besten sehen wir was los ist und wie es steht,- wenn wir alles "offen" vor uns liegen haben.................schluck,- damit hatten wir nun überhaupt nicht gerechnet,- aber mein Vater blieb ruhig,- ganz ruhig,- er hat sich so bemüht seine Angst zu überspielen,- man dachte er hat ne Mini-OP vor sich,- aber nicht Speiseröhrenentfernung mit anschließendem Magenhochzug,- also 1/3 Drittel Magenhochzug............

Tja,- am Dienstag hieß es dann plötzlich,- nein OP-Terminverschiebungen im Plan,- er könne erstmal wieder nach Hause gehen,- huch???..........ich dachte ich flippe aus....................eine Stunde später: Halt,- hiergeblieben-------definitiv am Donnerstag ,- also dem 31.01. operieren wir Sie - ganz sicher.

War dann ja auch so,- aber irgentwie herrschte bei mir plötzlich die totale Verunsicherung,- weiß/wußte ich doch von Euch allen,- daß CT und Magenspiegelung eigentlich immer nach der Chemo nochmals durchgeführt werden.

O.K...........meinem Vater war es irgentwie in erster Linie lieb,- das OP-Schlamassel so schnell wie möglich hinter sich zu bringen,- wir haben gelacht,- rumgealbert mit ihm,- die Besuche taten ihm und uns so gut.

Am OP-Tag waren meine Schwester und ich noch bis Ultimo bei ihm,- er sollte ca. 4-5 Stunden operiert werden (maximal) und um 11.00 war es soweit,- sie holten ihn runter zum OP,- wir beide bis an die große grüne Schiebetür zum OP mitgelaufen,- ihn liebevoll verabschiedet,- ein gemeines Gefühl,- wußte ich doch nicht wirklich genau,- ob ich meinen Papa in 6 Stunden noch habe,- oder dann nur noch meine Mutter.............................aber wir waren auch irgentwie total zuversichtlich,- weil er es sooooo toll hingekriegt hat,- uns nichts von seinen Ängsten spüren zu lassen.

Wir sollten also gegen 16.00 Uhr anrufen,- was wir auch taten,- aber nein,- auf der Intensiv war er noch nicht angekommen,- keiner wußte was,- das ging bis 20.00 Uhr so,- also 4,5 Stunden überfällig,- sicher könnt ihr Euch vorstellen,- was da bei uns ablief,- also Jacken an und schräg rüber ins Krankenhaus gerannt,- dort auf der Intensiv nachfragen wollen,- die haben nach ner halben Stunde nicht auf unser Klingeln reagiert,- uns vor den OP gesetzt,- in der Hoffnung ein Lebenszeichen von ihm zu erhalten,- Nichts.............dann auf die Station wo er vor der OP lag geganen,- und: AUf eine der mitoperierenden Ärztinnnen gestoßen,- die noch in OP-Kleidung grad ein Brot kaute und uns Gottseidank beruhigen konnte,- es gab eine OP-Verschiebung um über drei Stunden,- weil der Anestäsist in einer anderen OP festhing.

Sie hat sich Zeit genommen, uns erklärt,- daß alles super verlaufen ist,- mein Vater jetzt auf der OP ist seit einigen Minuten,- daß man ihm ein Stück des Magens erhalten konnte,- aber leider doch einen Thorax - also Brustraumeröffnung machen mußte um in der oberen Speiseröhre einen Schnellschnitt machen zu können,- damit sie den Tumor nicht zu knapp kappen,- bzw. nach versprengten Tumorzellen zu schauen.
Das hätten sie ihm gerne erspart,- ging aber wohl nicht.

Gut,- wir sollten nach Hause,- da er noch tief in Narkose war ,- und am nächsten Tag nach ihm schauen,- was wir dann auch so gemacht haben.

Wie erstaunt wir waren,- als wir am nächsten Tag in sein Zimmer kamen,- er war munter,- schmerzfrei (najaaa......bei der Galerie Schmerzmittel die er bekam kaum verwunderlich),- aber er war auch so gut gelaunt und unglaublich albern - dafür das er eine so komplizierte OP hinter sich hatte....es war ein Moment des tiefsten Glücks ihn so guter Dinge vorzufinden.
Nach zwei Stunden gingen meine Mum und ich dann nach Hause,- glücklich und erstmal erleichtert,- obwohl uns klar war,- die nächsten 10 Tage bergen ein immenses Infektionsrisiko.............aber das hat man doch irgentwie weggedrängt.

Am nächsten Morgen rief mich meine Mutter total verstört an,- nachdem sie sich telefonisch auf der Intensivstation nach dem Befinden meines Vaters erkundigen wollte..............und mußte erfahren,- daß man meinen Vater in der Nacht nochmals operieren mußte und er jetzt noch in "Narkose" läge..............Schock,- ich bin sofort aus dem Bett gehechtet und ans Telefon um Genaueres zu erfahren..................am Telefon hieß es,- genauere Auskünfte können Sie uns jetzt nicht geben,- aber man habe ihn in ein "künstliches KOMA" gelegt......................Peng...............pen g..peng...peng.......was ist da gelaufen??

Am Nachmittag dann zu den angegeben Besuchszeiten der zweite Besuch nach den OP's und ein Gespräch mit dem Chefarzt der ihn beide Male operiert hatte................:

Es ging meinem Vater am selben Abend plötzlich schlechter,- er wurde unruhig und hatte dubiose Schmerzgefühle,- die er aber nicht genau lokaliesieren bzw. beschreiben konnte,- auch wirkte er leicht desorientiert und verwirrt.

Man habe dann in dem dicken Ablaufschlauch aus dem Bauch eine bräunliche Flüssigkeit austreten sehen, -die so nicht hätte aussehen dürfen,- man prüfte zuerst ob es Stuhlgang sein könne,- der in den Restmagen zurücklief o.ä...das war es aber nicht,- also vermuteten sie wohl eine Nahtundichtigkeit zwischen Speiseröhre und Magen und zudem hätte er einen schlechten Sauerstoffgehalt im Blut gezeigt und keine konstante Atmung.

Beim Aufmachen konnten sie aber keine wirkliche Undichtigkeit feststellen,- hätten die Naht aber nochmal zur Sicherheit übernäht um kleinste mit dem bloßen Augen nicht erkennbare Nahtundichtigkeiten auszuschließen.

Tja,- dann das Übliche zum künstlichen Koma,- nämlich die künstliche Beatmung,- bzw. eigentlich umgekehrt,- da ein Mensch die künstliche Beatmung als so schlimm empfindet und auch um dem gestreßten Körper die nötige Ruhe zur Heilung zu verschaffen,- setzt man den Menschen in einen Tiefschlaf, mit allem drum und dran.

Er entwickelte wohl noch an diesem Abend hohes Fieber und ein ungutes Entzündungsparameter und dieser Zustand hat sich nur minimal verbessert bis heute.

Mein Dad ist meistens sehr unruhig wenn wir ihn besuchen,- klar er kriegt unterbewußt mit,- da ist wer der meint ihn zu kennen,- nur kennt er uns nicht wirklich,- da er in diesem Zustand nicht wirklich einordnen kann,- wer da eigentlich mit ihm spricht.

Er deutet manchmal Weinkrämpfe an,- natürlich kann er durch den Schlauch im Hals nicht schluchzen oder sich sonstirgentwie äußern,- er muß den ganzen Sch..... einfach ertragen.....................wir alle sind verzweifelt......auch weil das Fieber ständig zwischen 38,7 und 39,7 schwankt..............seine Hände gefesselt,- bzw. fixiert,- ständig versucht er seine Hände zu heben,- aber durch den Widerstand der "Handschellen" geht das ja nicht,- es ist einfach nur traurig,- schlimm und macht mich fertig.

Täglich bin ich 3 Stunden bei ihm,- meine Mutter ebenso,- meine Schwester auch wenn sie nicht arbeiten muß,- und wir alle kümmern uns so rührend wie möglich um ihn,- aber wissen nicht,- wann er genug eigenständig atmen wird,- so daß man ihn von der Beatmungsmaschine wird trennen können.

Sie fahren die Sedierung,- also Betäubung tagsüber immer ein wenig runter,- heute haben sie das erste Mal versucht ihn von der Maschine zu trennen,- also die künstliche Atmung maschinell runterzufahren,- aber er packt es nicht,- atmet zu hektisch,- schafft so nicht ausreichend Sauerstoff in seine Lungen zu pumpen...........also wieder retour und zur Nacht die Schlafmittel wieder erhöhen um einen halbwegs "normalen" Tages-und Nachtrythmus für den Patienten zu bewahren.

Der Professor der Anestäsie sagte uns heute,- man wolle evtl. in 2 Tagen erneut versuchen ihn von der Beatmung zu trennen,- aber mein inneres Gefühl sagt mir,- das klappt nicht ,- ich hab ein Gefühl das wird noch einige Tage dauern,- warum weiß ich nicht.

Jedenfalls recherchiere ich jetzt mehr über Komapatienten ,- deren Wahrnehmung ihrer Umwelt und das schlimme Erwachen danach ,- als über den Krebs als solchen.................er wird desorientiert sein,- halluzinieren,- uns wahrscheinlich nicht mehr erkennen, und uns Geschichten auftischen,- die er "erlebt" hat in seinen Träumen ,- sehr oft auch schlimmsten Albträumen während er im Koma lag,- das wird auch nochmal schockierend sein für uns,- aber alles nicht so schlimm,- wenn er nur endlich wieder richtig atmen würde.

Nun sitz ich hier und denk an den Tag heut vor einer Woche,- da waren wir alle sooo erleichtert,- daß er die große OP überlebt hat..............heute,- eine Woche später müßen wir nun erneut um ihn bangen.................ich fühle mich so ausgelaugt,- die drei Stunden täglich auf der Intensiv,- vor meinem Vater stehend,- der so hilflos und unruhig in seinem Bett liegt ziehen mir mehr Kraft aus der Seele,- als ein 20 Stunden Arbeitstag.

Wollte mich auch längst gemeldet haben,- aber irgentwie bin ich wie versteinert wenn ich aus der KLinik komme und kann nur noch mit meiner Mieze kuscheln und die vielen Bekannten, Verwandten die stets und ständig nach dem Befinden meines Vater s fragen,- mit Informationen versorgen und dann möchte ich nur noch umfallen und schlafen..............was ich jetzt auch dringend tun muß,- denn es ist inzwischen 2.25.Uhr.

Ich hoffe bei Euch anderen sieht's ein wenig rosafarbener aus,- ich denke an Euch und melde mich sobald ich wieder mehr Kraft habe mit neuen Details.

Müde und supertraurige,- aber nicht hoffnungslose Grüße aus Berlin zu Euch Allen ,

von Marion,- Ihrer Schwester Marina-die sich hier auch eingelesen hat und von meiner Mutter, -die sich mit Papa zusammen sehr über Eure aufmunternde Post vor der OP gefreut hat.

Tschüßi.
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