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Alt 16.02.2006, 18:40
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Mein Papa (49) liegt im Sterben

Hallo hexe6,

die Frage taucht im Forum ja sehr häufig auf: "Soll ich dem Betroffenen die Wahrheit über seinen "Zustand" sagen?"

Erstmal glaube ich nicht, dass es ein Richtig und Falsch gibt!

Ich möchte hier nur meine Erfahrungen mitteilen:

Im August 2004 wurde meiner Frau ein Teil des Dickdarms entfernt wg Verdacht auf Krebs. Nach der OP sagte der Chirurg, dass es gannz schlecht aussehe, weil es schon Metastasen auf dem Bauchfell gebe. Ich solle aber erstmal nichts sagen bis das entgültige Ergebnis da wäre. Es dauerte 1 Woche bis dahin.
Für mich war es die Hölle - von dem Befund abgesehen - meiner Frau nichts zu sagen. Es stand etwas zwischen uns, das uns gehindert hat "unbefangen" miteinander umzugehen. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen.
Nachdem sie von dem Ergebnis erfahren hat durch den Arzt ( erst sollte ich es ihr sagen, ich habe ihm aber gesagt, dass dies wohl seine Aufgabe sei! Das nur nebenbei. ), ging es mir wesentlich besser, weil wieder offen mit meiner Frau reden konnten. Wir hatten eine gemeinsame Basis, und wir konnten gemeinsam den Kampf aufnehmen.

Das war meine erste Erfahrung mit "Geheimnissen"!

Die zweite Erfahrung damit:

Meiner Frau ging es so ab Weihnachten 2005 immer schlechter. Sie wurde noch operiert wegen Darmperforation, was sich aber als nicht mehr möglich während der OP herausstellte, da es massive Verwachsungen im gesamten Bauchraum gab. Die Ärzte erzählten mir von dem Verlauf dieser OP und es war klar, dass meine Frau nur noch kurze Zeit leben würde (Tage, evtl. ein paar Wochen!).
Meine Frau kam 3 Tage nach der OP zu sich und fragte, was denn passiert sei ( Sie hatte den Tag vor der OP schon nicht mitbekommen und wir Angehörigen haben dann die Entscheidung zur OP gegeben ).

Ich habe alle Kraft, die ich hatte, zusammen genommen und ihr gesagt, dass wir nur noch wenige Zeit miteinander haben werden, und dass sie bald sterben würde. Es war einer der schwersten Momente in meinem Leben ( von ihrem Tod abgesehen! ). Ich habe geweint, aber im gleichen Moment haben wir uns unendlich nah gefühlt und haben mit diese Offenheit die letzen Tage "geniessen" können. Es stand nichts zwischen uns und wir konnten offen miteinander reden, weinen , lachen, uns in den Arm nehmen.
Auch über die witern "Verschlechterungen" konnten wir dann offen reden
Ich würde es immer wieder so machen!
Am 17.01.2006 ist meine Frau im Hospiz und nicht im Krankenhaus gestorben, was auch nur durch diese Offenheit möglich war.

Wie es mir heute nach ihrem Tod geht, könnt ihr wohl denken: traurig, einsam, sie fehlt an allen Ecken und Kanten, ich vermisse sie usw. aber das gehört nicht in diesen Tread!

Dieter
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