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Alt 10.11.2012, 18:13
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Geht's Euch auch so?!

Liebe Sanna,

nein, ich glaube auch nicht, dass nur dein Mann sich so verändert hat. Bestimmt gibt es zahlreiche Menschen, denen es ähnlich geht wie dir und die auch das Gefühl teilen, manchmal am liebsten weglaufen zu wollen... Das zumindest käme mir in den Sinn... Es ist sehr mutig von dir, deine Gefühle hier zu benennen. Ich kann mir vorstellen, dass viele sich nicht trauen, auch negative Gefühle hier zu äußern, weil sie dann ein schlechtes Gewissen haben. Meine Mutter meinte, mein Vater hätte sein Wesen auch sehr durch die Chemo verändert. Er sei ihr gegenüber oft maulig und manchmal auch sehr ungerecht gewesen. Davon habe ich nichts mitbekommen, aber ich war ja auch nicht 24 Stunden am Tag dort. Manchmal konnte meine Ma damit umgehen und manchmal ist ihr der Kragen geplatzt (was ich durchaus nachvollziehen kann). Dann hat sie meinem Vater wohl auch die Meinung gesagt so nach dem Motto "Bis hierhin und nicht weiter! Hier ist eindeutig meine Grenze erreicht!" Später hat mein Vater sich dann wohl auch entschuldigt, wenn er über sein Verhalten nachgedacht hatte. Er hat sich auch geweigert, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wollte lieber alles mit sich selbst ausmachen und Gespräche über die Krankheit, die Konsequenzen etc. gingen immer von meiner Mutter aus... Erst als sich im Januar dieses Jahres die Situation zuspitzte, d.h. als mein Vater wieder ins Krankenhaus musste und dann die Aussage "Sie sind austherapiert" kam, konnte er sich für ein Gespräch mit der Psychoonkologin entscheiden. Und Sanna, du glaubst nicht, wie gut ihm das getan hat. Anschließend hatten wir das Gefühl, als habe man ihm Felsbrocken von der Seele genommen. Er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb und er hatte seinen Frieden geschlossen. Da konnte er sich öffnen und Nähe zulassen.
Sag mal, kannst du deinem Mann sagen, wie du dich fühlst, wenn er so ungerecht reagiert und dich so behandelt? Weiß er, wie verzweifelt und traurig du bist?
Ich kann ja verstehen, dass dein Mann total wütend ist auf die ganze Welt, mit seinem Schicksal hadert und dass ihn das alles verändert hat. Aber ich finde es wichtig, dass er erkennt, dass du immer an seiner Seite kämpfst, zu ihm hältst und dass seine Krankheit auch dein Leben extrem verändert hat. Ich wünsche dir von Herzen, dass ihr wieder einen besseren Zugang zueinander findet. Und pass gut auf dich auf, denn auch du bist wichtig!!!
Liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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