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Alt 12.11.2008, 10:36
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
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Registriert seit: 20.09.2008
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Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo ihr lieben,

vielen lieben Dank für eure Beiträge. Wenn ich hier reinkomme und neue Beiträge lese, die mir Mut machen, geht es mir gleich ein Stück besser.

Die Situation spitzt sich leider immer weiter zu. Mein weiss zwar, dass es immer schlimmer wird, aber wenn es dann so ist, tut es trotzdem sehr weh. Man kann sich nicht darauf vorbereiten. LEIDER.

Ich weiss nicht, ob ich das schon geschrieben habe, aber letzte Woche war ich mit Mama bei CT-Untersuchungen. Die haben ergeben, dass die Chemo nicht angeschlagen hat und die Lebermetastasen sogar noch schlimmer geworden sind. Am Tag nach den Untersuchungen hat die Onkologin meiner Mama gesagt, dass sie nun auch noch Magenmetastasen hat. Man müsse jetzt eine stärkere Chemo machen. Bei der bisherigen sind ihr ja nicht mal die Haare ausgegangen, aber dies würde nun der Fall sein. Das tut mir so leid für Mama. Sie hat soviel geweint. Wenn ich mir vorstelle, man würde mir die Haare abrasieren! Das wäre die Hölle für mich. Ich versuche sie ein wenig aufzumuntern, in dem ich ihr versprochen habe, dass wir schöne bunte Kopftücher kaufen. Mama regt sich auch immer tierisch auf, dass sie jeden Tag ihre Haare waschen und föhnen muss. Das hat sie immer gehasst. Ich habe ihr dann jetzt gesagt: "Schau Mama, dann musst du dich jetzt wenigstens nicht mehr ärgern, dir jeden Tag die Haare waschen zu müssen." Da konnte sie ein bisschen lachen.

Vorgestern Abend hat mein Papa mich verzweifelt angerufen. Die Mama schreit soviel und er weiss nicht, was er tun soll. Ich habe sie im Hintergrund gehört und bin sofort losgefahren. Sie hatte 5 Min. vorher Morphium genommen und wollte erst warten, bis es wirkt. Ich habe ihr gut zugeredet, sie ein bisschen gestreichelt, umarmt und getröstet und dann ging es wieder. Mein Papa stand in der Küche! Wo ist denn die Schwierigkeit, einen leidenden Menschen einfach mal zu trösten und zu beruhigen?? Wieso kann er das nicht? Meine Mama so zu sehen, hat mir schon sehr weh getan. Ich habe dann später nochmal angerufen, um zu sehen, ob alles ok ist. Da hat sie dann geschlafen und ich konnte einigermaßen beruhigt sein und auch ins Bett gehen. Zum Einschlafen habe ich sehr lange gebraucht, weil ich mir so viele Gedanken gemacht habe, da die Beschwerden immer schlimmer werden.

Gestern hätte sie zur Chemo sollen. Papa hat mir dann erzählt, dass sie in der Früh durch die Wohnung gefallen ist. Er ist dann zu Hause geblieben. Mama ist dann mit dem Taxi zur Chemo gefahren (da hätte er eigentlich mitfahren müssen, wenn es ihr so schlecht geht und er eh Urlaub genommen hat, der Blödmann). Mama muss dann dort auch durch die Klinik gewackelt sein. Die Onkologin hat dann gesagt, dass sie die Chemo so nicht macht, dass wäre ihr zu riskant (mir wäre das allein schon wegen ihrem Gewicht von nur noch 40 kg zu riskant, aber gut). Mama rief mich dann an. Sie sagte mir, dass die Chemo abgebrochen wird und sie in der Klinik bleiben muss - auf der Palliativstation!!!

Ich war wie gelähmt. Ich war gerade in der Arbeit. Ich bin nach draussen gegangen und habe geweint. Meine Kollegin kam nach und hat meinen Chef geholt. Das war mir total unangenehm. Sie haben mich dann sofort nach Hause geschickt. Ich habe im Auto so geweint. Ich wollte nur noch zu meiner Mama. Dann habe ich ihren Koffer geholt, habe ihr noch Blumen gekauft und Mandarinen (die mag sie so gern), damit sie sich ein bisschen freut und bin gleich zu Mama gefahren. Da war es dann ca. 11 Uhr. Die Ärzte haben gesagt, dass sie sie nur wegen der Schmerzbehandlung behalten wollen. Aber warum schicken sie ihr dann am Freitag einen Seelsorger?? Ich wollte mit der Ärztin sprechen, aber sie hatte keine Zeit. Heute Nachmittag habe ich einen Termin. Ich will endlich die Wahrheit hören.

Wenn sie meine Mama "nur" Schmerzmittel geben wollen, warum muss sie dazu auf die Palliativstation? Und wenn sie sagen, alles ist ok, wir brauchen uns keine Sorgen machen, warum hängt dann in der Station eine Broschüre, in der Sätze stehen wie "Aufnahmekriterium für Patienten in die Palliativstation ist eine fortgeschrittene, nicht heilbare Erkrankung, bei der alle therapeutischen Bemühungen auf Heilung oder langfristige Besserung ausgeschöpft sind....", "Palliativmedizin bedeutet das zugewandte und achtungsvolle Begleiten von Menschen in der letzten Lebensphase..." etc... Sie sollen bitte endlich ehrlich sein. Ausserdem habe ich die Berichte an 4 Ärzte, 2 davon Prof., geschickt. Alle unabhängig von einander haben mir gesagt, dass Mama nicht mehr geholfen werden kann. Das war aber schon vor 6 Monaten!

Auch war ich wiedermal total enttäuscht von meiner Familie! Mein Papa, der Urlaub hatte, kam so gegen 14 Uhr! Vorher war er in der Kneipe! Meine Schwester habe ich um 15 Uhr erst erreicht. Ihr Kommentar "Wenn mein Freund früher nach Hause kommt, kann ich sie vielleicht noch besuchen". Was hat ihr Freund damit zutun? Sie war dann gnädigerweise 30 Min. bei ihr. Heute zu dem Termin kann sie nicht mitkommen, weil sie Überstunden machen muss. Sorry, aber ich habe nur 1 Mama! Nen Job finde ich immer wieder! Ich habe schon in der Arbeit angekündigt, dass ich die Woche nicht mehr komme. Meine Mama ist mir wichtiger. Dann fragt meine Schwester mich noch wegen dem Termin "Schaffst du das alleine?". Ich mach doch eh alles alleine! Ich war den ganzen Tag bei ihr, bin kurz nach Hause und war abends nochmal da.

Auch heute und den Rest der Woche werde ich selbstverständlich so oft ich kann bei meiner Mama sein und sie nicht alleine lassen.

Ich verstehe das alles nicht. Wieso sind die Menschen so egoistisch, wenn sie wissen, dass sie von einem geliebten Menschen langsam Abschied nehmen müssen?

Oh je, jetzt ist der Text ganz schön lang und durcheinander geworden. Ich hoffe, ihr kennt euch noch aus.

Vielen Dank für eure Zeit, meine Beiträge zu lesen! Ich bin euch wirklich sehr dankbar dafür!


Viele liebe Grüße

Susanne